DFB-Pokal: Schalke 04:Schalker Ängste

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Die Pokalpartie beim FC Bayern wird schon zu einer Art Endspiel für die Stimmungslage bei Schalke 04. Schließlich geht es um die Teilnahme am internationalen Wettbewerb - und damit um die Zukunft des Vereins.

Ulrich Hartmann

Ein Mitarbeiter vom Empfangstresen könnte in diesen Tagen Berühmtheit erlangen, weil er offenbar eine Rolle spielt beim möglichen Wechsel des Torwarts Manuel Neuer zum FC Bayern München. Achim Rettler sondiert auf der Geschäftsstelle des FC Schalke 04 die postalischen Eingänge, und wenn man dem exklusiven Machthaber Felix Magath glauben darf, dann erfährt Rettler beim FC Schalke 04 als Erster, wenn der FC Bayern ein Angebot für Neuer abgibt - vorausgesetzt natürlich, die Münchener schicken dieses Angebot als Standardbrief an die Geschäftsstelle des FCSchalke 04 am Ernst-Kuzorra-Weg 1 in 45891 Gelsenkirchen.

Laut Felix Magath unverkäuflich: Torwart Manuel Neuer. (Foto: dpa)

"Was weiß denn ich, ob beim Rettler ein Angebot für Manuel Neuer eingegangen ist", spottete Magath vor dem Pokal-Halbfinale der Schalker an diesem Mittwoch beim FC Bayern, und ein bisschen muss man den Zynismus des Trainers und Managers verstehen, denn er ist mittlerweile sicher 10.000 Mal gefragt worden, ob Neuer zum FC Bayern wechselt, ob es schon ein Angebot aus München gibt, ob Neuer überhaupt verkäuflich wäre und warum er, Magath, denn am Montag bitteschön nur gesagt hat, dass er sich mit Transfers momentan nicht beschäftigt statt noch einmal ausdrücklich zu beteuern, dass Neuer unverkäuflich ist.

"Es hat sich nichts geändert, Neuer ist unverkäuflich", hat Magath daraufhin entnervt gesagt, und kurz darauf haben die Nachrichtenagenturen zum wiederholten Mal gemeldet: "Magath erklärt Neuer für unverkäuflich."

In Gelsenkirchen-Buer gedeiht dieser Tage eine umfangreiche Verlustangst. Sie hat einerseits mit dem Torwart Neuer, 24, zu tun, der eine Ikone für die Fans ist und am Dienstag seine 20-jährige Mitgliedschaft im Verein gefeiert hat, und andererseits mit der Saison, die binnen einer Woche zu einem Totalflop zu werden droht, wenn Schalke in München aus dem DFB-Pokal ausscheiden sollte und am nächsten Mittwoch gegen den FC Valencia auch aus der Champions League.

Sollte beides so passieren, dann blieben dem Klub für den Rest der Saison nur noch eine weitgehend verdorbene Bundesligarunde und die Gewissheit, dass Schalke in der nächsten Spielzeit in keinem Europapokal-Wettbewerb vertreten wäre. Das wäre ein Schlag ins Kontor für den Trainer Felix Magath, und für Neuer als einen der weltbesten Torhüter wäre das ein Grund, den perspektivlosen FC Schalke zu verlassen. Vermutlich Richtung München.

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An diesem Mittwoch bis spätestens Mitternacht werden Schalke, Magath und Neuer klüger sein, was die sportliche Zukunft des Klubs angeht. Man muss die Partie in der Vorschlussrunde des DFB-Pokals als wichtigste der Schalker Restsaison betrachten. Mit einem Sieg in München stünden sie im Finale, träfen dort am 21. Mai auf einen besiegbaren Zweitligisten und könnten sich so wenigstens für die Europa League qualifizieren.

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Bei einer Niederlage hingegen droht renommierten Fußballern wie Neuer, Raúl, Huntelaar, Jurado, Höwedes oder Metzelder eine nächste Saison ohne Europapokal, weil Schalkes Chancen auf das Erreichen des fünften Platzes in der Bundesliga und auf den Gewinn der Champions League gegen null tendieren. "Ich weiß nicht, ob wir die Champions League gewinnen können, ich würde aber mal eher nicht damit kalkulieren", sagt Magath, "und in der Bundesliga brauchen wir nach den letzten Ergebnissen an den fünften Platz momentan nicht zu denken."

Bis jetzt, behauptet Magath, "ist unsere Saison außerhalb der Bundesliga recht erfolgreich". Damit hat er Recht - für den Moment. Mehr als ein Einzug ins Pokal-Halbfinale und ins Champions-League-Achtelfinale mit einem 1:1-Hinspielremis in Valencia waren bis jetzt sportlich nicht möglich. Und doch drohen die Schalker binnen acht Tagen das alles zu verlieren.

Dann stünde Magath ohne seine wichtigsten Argumente da, dann wüchse neben der Wut der Fans auch die Gefahr, dass Neuer fortgeht, was die Fans wiederum noch wütender machen würde. Das wären keine schönen Aussichten für Magath, weshalb diese Pokalpartie bei seinem vormaligen Klub in München für ihn schon so eine Art Endspiel wird.

Magath, der sich mit launiger Transferpolitik und exzentrischer Haltung in Gelsenkirchen-Buer ebenso angreifbar wie teilweise unbeliebt gemacht hat, könnte seine Entscheidungen dann nicht mehr mit Erfolg oder Perspektive begründen und käme auch gegenüber dem Aufsichtsrat in Erklärungsnot.

Er würde dann vielleicht wieder vom Gewinn des Meistertitels 2013 reden. Das hat er in kritischen Situationen schon häufiger gemacht. Aber wer wollte im Moment des Scheiterns ausgerechnet daran glauben?

© SZ vom 02.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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