DFB-Pokal: FC Bayern - Werder Bremen:Von Kutzop bis Ribéry

Verschossene Elfmeter, überlupfte Torleute - und ein 2:5 ausgerechnet zur Wiesn-Zeit: Diese zehn Duelle zwischen dem FC Bayern und Werder Bremen werden die Anhänger beider Klubs niemals vergessen.

C. Eberts und J. Schmieder

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Verschossene Elfmeter, überlupfte Torleute - und ein 2:5 ausgerechnet zur Wiesn-Zeit: Diese zehn Duelle zwischen dem FC Bayern und Werder Bremen werden die Anhänger beider Klubs niemals vergessen. SV Werder Bremen - FC Bayern München 4:1 (18. November 1967) Bayern gegen Bremen - wer hatte da eigentlich meistens die Nase vorn? In den ersten Bundesligajahren war die Bilanz recht ausgeglichen. Dass sich im Winter 1967 im Weserstadion dennoch ein denkwürdiges Spiel ereignete, daran hatte vor allem ein Mann großen Anteil: Horst-Dieter Höttges (links im Bild). Der war von Beruf Abwehrspieler, Nationalspieler, und brachte es an diesem Nachmittag fertig, dreimal ins Tor zu treffen: Zum 1:0 und 4:1 - und weil es so schön war, gleich auch noch zum 1:1 (was entsprechend ein Eigentor war). Die Bayern erzielten an diesem Tag folglich überhaupt keinen Treffer und wurden mit den Herren Sepp Meier, Franz Beckenbauer und Gerd Müller am Saisonende Fünfter. Die Bremer, ein Jahr zuvor fast abgestiegen, verpassten knapp die Meisterschaft und wurden Zweiter. Neun Saisontore erzielte: Abwehrspieler Höttges. Der hatte folglich nicht nur bei Gegenspieler Gerd Müller (rechts im Bild) einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. "Er war einer der unangenehmsten Gegenspieler, gegen die ich antreten musste", sagte Müller einmal. Ein Zitat, das an diesem Tag auch beide Torhüter - Maier für München und der Bremer Günter Bernand - nicht treffender hätten fomulieren können.

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FC Bayern München - SV Werder Bremen 7:0 (12. April 1980) Wohl selten befanden sich der FC Bayern München und Werder Bremen so wenig auf Augenhöhe wie am 28. Spieltag der Saison 1979/80. Die Bayern marschierten in der Tabelle vorneweg, Bremen stand auf einem Abstiegsplatz - und geriet in München kräftigst unter die Räder. Karl-Heinz Rummenigge (links im Bild, heute Vorstandsboss) und Paul Breitner (heute Chefscout) schossen jeweils zwei der sieben Tore. Das Bild nimmt es vorweg: Am Ende wurde Bayern Meister - Bremen stieg ab. Doch warum eigentlich? An der Mannschaft, die in München so kläglich versagte, kann es rein von den Namen her eigentlich nicht gelegen haben. Lauter Haudegen spielten dort: Dieter Burdenski im Tor, Benno Möhlmann, Jonny Otten und Karl-Heinz Kamp in der Abwehr, davor noch Uwe Reinders, Jürgen Röber und Hartmut Konschal. Für den Klassenerhalt reichte es dennoch nicht - das lag nicht nur an der 0:7-Klatsche in München.

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SV Werder Bremen - FC Bayern München 0:0 (22. April 1986) "Dieser Schuss entscheidet die deutsche Fußball-Meisterschaft", sagte der Fernsehreporter unvorsichtig - denn das stimmte natürlich nur zur Hälfte: "Wenn Michael Kutzop trifft", hätte er dazu sagen müssen, denn was folgte, ruft bei Bayern- und Bremen-Anhängern noch immer höchst unterschiedliche Gefühlsregungen hervor. Es lief die 89. Spielminute am vorletzten Spieltag der Saison 1985/86, als Kutzop im Weserstadion zum Elfmeter für seine Bremer anlief. Hätte er getroffen, wäre Bremen schon vor dem letzten Spieltag Meister gewesen, uneinholbar vor den Bayern in der Tabelle. Doch Kutzop traf den Pfosten - das Spiel endete 0:0, Bremen verlor am letzten Spieltag in 1:2 Stuttgart, Bayern gewann 6:0 gegen Mönchengladbach. Der berühmteste Fehlschuss der Liga-Historie entschied gewissermaßen die Meisterschaft. Ein großer Sieg war dieses Spiel für die Bayern gewiss nicht - dennoch ein großer Moment. Kutzop hingegen bekam Droh-Anrufe: von Bremen-Fans, die ihn beschimpften; von Bayern-Anhängern, die ihm Glückwünsche übermitteln wollten. Heute sieht Kutzop das gelassener. Dem Hamburger Abendblatt erzählte er: "Es ärgert mich nicht, denn der Fehlschuss war trotzdem ein Highlight meiner Karriere. Ich werde noch jedes Jahr darauf angesprochen oder erinnert. Zuletzt in Düsseldorf, da saß ich bei einem Leverkusener Spiel auf der Tribüne. Plötzlich stieß mein Freund Rudi Völler den Berti Vogts an, zeigte auf mich und sagte: 'Berti, weißt du warum ich nie Meister wurde? Wegen dem da.'"

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SV Werder Bremen - FC Bayern München 4:1 (26. April 1993) In diesem Spiel, da waren sich die Experten sicher, würde die Deutsche Meisterschaft der Saison 1992/93 entschieden. Werder Bremen lag zwei Punkte hinter dem FC Bayern. Am Abend vor der Partie spielten die beiden Trainer Otto Rehhagel und Erich Ribbeck schon mal beim Tischfußball gegeneinander: Ribbeck gewann 4:1. Christian Ziege brachte den FC Bayern in der 29. Minute mit einem Linksschuss in Führung, Wynton Rufer glich durch einen - berechtigten - Elfmeter aus. Für Trubel sorgte die Szene in der 51. Minute: Andreas Herzog lief alleine auf Uwe Gospodarek zu, der stürzte aus seinem Tor und berührte Herzog leicht. Herzog fiel, wälzte sich und jammerte, der Schiedsrichter entschied auf Elfmeter. Rufer traf erneut - und weil danach auch noch Herzog und Bernd Hobsch Treffer erzielten, gewann Werder Bremen mit 4:1 und wurde später Deutscher Meister. Nach dem Spiel duellierten sich Ribbeck und Rehhagel erneut, es ging um den Elfmeter. Ein Auszug: Ribbeck: "Da musst du mir mal sagen, mit welchem Fuß er ihn berührt hat. Mit dem rechten?" Rehhagel: "Mit dem rechten!" Ribbeck: "Der steht doch auf dem Boden!" Rehhagel: "Er hat aber auch nicht den Ball getroffen, aber er ist hingegangen." Ribbeck: "Er ist weggeblieben!" Rehhagel: "Nö, der ist nicht weggeblieben, der ist hingegangen!" Ribbeck: "Erst ist weggeblieben, das muss man doch mal sagen - oder bin ich blind?" Rehhagel: "Wenn er weggeblieben wäre, wäre er im Tor geblieben!" Ribbeck: "Das wäre noch besser gewesen."

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SV Werder Bremen - FC Bayern München 3:2 (7. Mai 1996) Es war so ziemlich alles bereitet an diesem 31. Spieltag der Saison 1995/96, der zeitversetzt unter der Woche ausgetragen wurde. Tabellenführer Borussia Dortmund hatte zuvor verloren, der FC Bayern Trainer Otto Rehhagel entlassen und ordnungsgemäß jenen Mann installiert, der gar nicht verlieren kann: Franz Beckenbauer. Die Partie verlief dann auch relativ ordnungsgemäß, der FC Bayern führte in Bremen durch zwei Treffer von Emil Kostadinov mit 2:0. Was danach passierte, kommentierte Hans Eiberle in der Süddeutschen Zeitung so: "Flanke Scholz, Kopfball Hobsch; Eckstoß Basler, Volltreffer Bode; Freistoß Basler, Kopfball Bode: 2:3 verloren. Erschlafft ist die Mannschaft wie ein Heißluftballon, wenn die Flamme erlischt." Der FC Bayern wurde nicht Deutscher Meister. Ob Otto Rehhagel sich nach diesem Spiel ein Gläschen Wein gegönnt hat oder gar in Bremen angerufen hat, um sich bei seinen ehemaligen Spielern zu bedanken, das ist nicht überliefert.

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(Foto: Imago)

SV Werder Bremen - FC Bayern München 6:5 n.E. (12. Juni 1999) Zum ersten Mal hätte 1999 ein englischer Begriff zum "Wort des Jahres" gewählt werden können, weil drei Monate lang jeder Fan des FC Bayern mindestens drei Mal am Tag an ihn dachte. Die Münchner hatten die Chance, das "Triple" zu gewinnen, also sowohl die Deutsche Meisterschaft, den DFB-Pokal und die Champions League. Die Meisterschaft führten die Münchner souverän an, im DFB-Pokal-Endspiel wartete Werder Bremen, das seit dem Abgang von Otto Rehhagel vier Jahre zuvor immer noch auf der Suche nach Identität und Kontinuität war. Also war das Champions-League-Endspiel gegen Manchester die einzig wahre Hürde. Nun verlor der FC Bayern das Finale in der Königsklasse auf tragische Weise mit 1:2, weshalb sich nur noch die Möglichkeit zum "Double" bot - immerhin. Nach 120 Minuten stand es 1:1 (Torschützen: Juri Maximov und Carsten Jancker), die Partie wurde im Elfmeterschießen entschieden. Stefan Effenberg schoss über das Tor, Lothar Matthäus in die Arme von Torhüter Frank Rost. Es war der einzige Sieg im DFB-Pokal für Bremen gegen die Münchner, die anderen fünf Duelle gingen verloren. Der FC Bayern gewann nur das "Single", weshalb die Gesellschaft für deutsche Sprache das Wort "Millennium" kürte. Dann halt doch kein Triumph für die englische Sprache.

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(Foto: REUTERS)

FC Bayern München - SV Werder Bremen 1:3 (8. Mai 2004) Die Konstellation vor diesem 32. Spieltag der Saison 2003/04 war eindeutig - zumindest aus Sicht des FC Bayern: Werder Bremen lag zwar sechs Punkte vor den Münchnern und war nach dem 6:0 gegen den Hamburger SV auch mit dem besseren Torverhältnis ausgestattet. Aber an diesem 32. Spieltag musste Werder nach München, ins Olympiastadion, ins damalige Wohnzimmer des FC Bayern. Der Plan: Nach dem Spiel würden es nur noch drei Punkte sein und auch das Torverhältnis wäre ausgeglichen. Der Plan ging nicht auf: In der 17. Minute ließ sich Oliver Kahn von Ivan Klasnic (links im Bild) übertölpeln: 0:1. Sieben Minuten später lupfte Johan Micoud den Ball elegant über Kahn: 0:2. Und weitere elf Minuten später schlenzte Ailton den Ball ins Kreuzeck: 0:3. Das 1:3 durch Roy Makaay war der wohl unwichtigste Treffer in dessen Karriere. Nach dem Spiel tanzten die Bremer Spieler vor den Fans in der Nordkurve, Thomas Schaaf schlich in Franz-Beckenbauer-Manier über das Spielfeld - und Klassenclown Ailton heulte erst, hüpfte dann nackend im Whirlpool herum. Werder Bremen war vorzeitig Meister geworden, im Olympiastadion, im Wohnzimmer des FC Bayern.

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(Foto: dpa)

SV Werder Bremen - FC Bayern München 0:4 (18. August 2007) Doch auch die Bayern konnten noch gewinnen - und wie: Das Spiel in Bremen im August 2007 begann mit einem kräftigen Pfeifkonzert. Für Miroslav Klose, dem die Bremer Anhänger seinen Wechsel nach München nicht verziehen hatten. Vielleicht lag es an dieser gigantischen Schmähung, dass die Bayern an diesem Nachmittag bis ins Ärgste motiviert waren. 0:4 hieß es nach 90 Minuten - und die Bayern deuteten schon mal an, in welche Richtung es in dieser Spielzeit gegen würde: Angeführt von Franck Ribéry, Luca Toni und auch Klose wurden sie mit zehn Punkten Vorsprung Deutscher Meister. Als Zweiter im Ziel: Werder Bremen. Den Gipfel der Gegenschmähung lieferte jedoch Franck Ribéry. Erst überlupfte er Bremens Keeper Tim Wiese (links im Bild) beim Elfmeter. Beim Stand von 0:3 setzte er dann zu seinem weiteren Kunststück an - und ließ den armen Christian Schulz wie einen kleinen, behäbigen und vor allem hölzernen Schuljungen aussehen. Ribéry nahm den Ball hoch mit der Brust an, ließ ihn zwei-, dreimal in der Luft auf seinem Fuß wippen, machte eine schnelle Drehung und leitete den nächsten Konter ein. Schulz schaute zu, sah das Unheil kommen, grätschte dennoch, natürlich ins Leere - und blickte Ribéry hinterher. Fußball kann so grausam sein.

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(Foto: dpa)

FC Bayern München - SV Werder Bremen 2:5 (20. September 2008) Es gibt ein ungeschriebenes Gesetz im deutschen Fußball, dass der FC Bayern niemals (Wiederholung: niemals!) ein Heimspiel verlieren darf, während auf der Theresienwiese das Oktoberfest abgehalten wird. Im Jahr 2008 allerdings war Jürgen Klinsmann Trainer beim FC Bayern - und nachdem er zuvor schon einige ungeschriebene Gesetze bei der Nationalelf (etwa: Oliver Kahn spielt) geändert hatte, war nun der Rekordmeister dran. Und so kam es dann auch, dass die Münchner mit 2:5 gegen Werder Bremen verloren. Wer nun glaubt, dass dieses Spiel irgendwann einmal spannend gewesen sei, dem sei verraten, dass es zwischenzeitlich 0:5 stand - und die Bremer Fans in der Arena die beiden Treffer des FC Bayern begeistert aufnahmen, weil sie Tim Borowski - in der Vorsaison noch bei Werder Bremen - erzielt hatte. Holger Gertz schrieb ein paar Wochen später in seiner Reportage über das Oktoberfest im SZ-Magazin: "Ich sitze im Hacker-Festzelt, in dem ich den größten Teil der nächsten zwei Wochen verbringen werde, jedenfalls ist das der Plan. Ein guter Freund hatte mir versprochen, mir regelmäßig den Zwischenstand aus der Allianz-Arena aufs Handy zu schicken, die von einigen meiner Bekannten Arroganz-Arena genannt wird. Ich bin in der Nähe von Bremen geboren, Werder Bremen ist mein Verein, seit ich ein Kind bin, und als es zum ersten Mal in der Hose vibriert, also das Handy, steht es 1:0 für uns, es vibriert weiterhin, 2:0, beim 3:0 versuche ich, diesen Freund anzurufen, aber ich verstehe ihn nicht, es ist zu laut auf der Wiesn, beim 5:0 denke ich an eine schwere Verarsche. Das Ergebnis sieht geradezu absurd schön aus auf dem Display."

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

SV Werder Bremen - FC Bayern München 0:4 (15. Mai 2010) Pokalfinale - immer eine knappe Angelegenheit? Mitnichten. Frappierend souverän holten die Münchner am Ende der Saison 2009/10 gegen Werder Bremen den Pokal. Auf dem Höhepunkt ihrer spielerischen Schaffenskraft der vergangenen Saison ließen die Bayern dem alten Rivalen im bislang letzten denkwürdigen Duell keine Chance - durch zwei Tore von Franck Ribéry (im Bild), Ivica Olic und Bastian Schweinsteiger. Bremen war so chancenlos, dass Oliver Kahn genüsslich kommentierte: "Ich kann mich nicht erinnern, dass die Kluft zwischen den Bayern und den Konkurrenten so gigantisch war." Überhaupt Ribéry: Der Franzose lieferte nach dem Spiel die Geschichte des Tages. Die Siegerehrung war eigentlich noch im Gange, da schnappte sich Ribéry den Pokal und rannte davon - quer über den Platz, zu den Fans, bis hinters Tor, freudestrahlend. Seine Mitspieler versuchten ihn einzufangen - vergeblich. Christian Lell begnügte sich schließlich damit, Ribéry aus der Ferne mit Schampus zu bespritzen. Doch Ribéry rannte weiter. Die Bremer duschten bereits.

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