DFB-Pokal:Bayern ist mittendrin im Mittelding

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Doppeltorschütze in Berlin: Bayerns Serge Gnabry (l.). (Foto: AFP)
  • Nach dem mühsamen Weiterkommen im DFB-Pokal bleibt der Eindruck, dass der FC Bayern gerade mittendrin steckt in seinem viel zitierten Umbruch.
  • Trainer Niko Kovac glaubt, dass sein Team gewappnet ist für das Duell in der Champions League gegen den FC Liverpool. Doch das erscheint fraglich.

Von Claudio Catuogno, Berlin

Die letzte Frage, die Niko Kovac am Mittwochabend im Berliner Olympiastadion gestellt wurde, hätte alleine eine abendfüllende Erörterung nach sich ziehen können. Es war nämlich jene Frage, auf die sich in den kommenden Wochen die Saison zuspitzen wird beim FC Bayern. Es war auch exakt jene Frage, die in den Fußballrunden des Sportfernsehens längst hoch und runter diskutiert wird und zu der jeder einschlägige Experte seine Meinung entweder schon auf den Markt geworfen hat oder noch werfen wird. Aber der Bayern-Trainer Niko Kovac beantwortete die Frage mit einem einzigen Wort: "Ja!", sagte er. Und grinste.

Die Frage hatte gelautet, ob der FC Bayern denn nun gewappnet sei für die zwei anstehenden Treffen mit dem FC Liverpool. Ob so ein mühsames 3:2 (2:2, 1:1) nach Verlängerung im Pokal-Achtelfinale bei Hertha BSC ausreiche für Zuversicht vor den deutsch-englischen Festwochen in der Champions League. Oder legt so ein Wandeln am Pokalabgrund nicht eher die gegenteilige Prognose nahe?

Nun, möglicherweise hatte Kovac - es ging ja schon straff auf Mitternacht zu - auch einfach einen Buchstaben unterschlagen in seiner Antwort. Ist der FC Bayern gewappnet für Liverpool? Die aufrichtige Antwort hätte wohl gelautet: Tja.

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Kein Abend der eindeutigen Antworten für die Bayern

Der FC Bayern steht im Viertelfinale des DFB-Pokals, das durfte zweifelsfrei protokolliert werden. Es ist aus Münchner Sicht in diesem Jahr wohl eine wichtigere Erkenntnis als in den sechs Jahren zuvor, in denen der Gewinn der Meisterschaft im Februar längst als Formsache erschien. 2019 ist der Pokal die derzeit realistischste Option auf Trophäen-Nachschub. Aber ansonsten war es kein Abend der eindeutigen Antworten für die Bayern. Denn gegen die Hertha hatte es 120 Minuten bedurft, ehe der Einzug in die nächste Runde gesichert war.

Was klappte gut? Was ist misslungen? Auffällig war, dass nicht nur Kovac lieber über das sprach, was planmäßig umgesetzt worden war. Man habe "den Gegner sehr gut dominiert", referierte er, man habe "nicht allzu viel zugelassen", man habe vieles mithilfe des eigenen Ballbesitzes "sehr gut gelöst". Das stimmte. Der Hertha-Trainer Pal Dardai wirkte selbst erschöpft, als er feststellte, dass man Ballbesitz im Fußball "nicht nur zum Angreifen, sondern auch zur Erholung" brauche.

Ein Satz, der auch erklären sollte, warum den abgekämpften Berlinern die Übersicht verloren ging beim Siegtreffer in der 98. Minute, während einige durch den Strafraum kreuzende Münchner geschickt den Weg frei machten für den entscheidenden Kopfball von Kingsley Coman.

Dazu, was gut war, ist auch Mats Hummels hinterher einiges eingefallen, der ja ohnehin kein Mann der Ein-Satz-Antworten ist. "Wir haben ganz wenig zugelassen", sagte auch Hummels, dessen Abwehr sich nach dem 1:3 zuletzt in der Liga gegen Leverkusen von Kovac noch hatte anhören müssen, zu viel zu "traben" und zu wenig zu rennen. Das war diesmal anders: "Gab's für Hertha einen Torschuss außer den beiden Toren?", fragte Hummels in die Runde - "ich würde ganz frech sagen: in 120 Minuten nicht einen einzigen."

So ganz stimmte das zwar nicht mit den Statistiken überein, aber gefühlte Wahrheiten sind bekanntlich auch irgendwie Wahrheiten. Und im Kern hatte Hummels schon recht: "Wir haben es heute vor allem mit dem Ball gut gemacht, konzentriert gespielt, wenig Ballverluste gehabt, das ist genau das, was wir machen müssen, dann ist man auch im Gegenpressing stark, dann kommt der Gegner zu wenigen Chancen."

Aber gerade Hummels musste dann auch darüber Auskunft geben, was nicht gut war. "Klarer Fehler von mir", räumte er ein, "wenn mir das Ding nicht passiert, dann gehen wir hier nach 90 Minuten als Sieger vom Platz." Weil ihm "das Ding" aber passiert war - ein Blackout im eigenen Strafraum, der Davie Selke zum zwischenzeitlichen 2:2 einlud (67.) -, stand Hummels am Mittwochabend auch exemplarisch dafür, dass man eine Menge gut machen und sich trotzdem das Leben sehr, sehr schwer machen kann.

Wie so etwas passieren kann? "Ich wollte zum Torwart zurückköpfen", führte Hummels aus, "dann kam das Kommando, dass hinter mir ein Mann ist, dann kamen drei Gedanken zusammen, und ich hab' irgendwie ein Mittelding gewählt, das ist meistens im Fußball komplett falsch." Manchmal ist es auch spielentscheidend, "deshalb war ich dann sehr froh, dass wir trotzdem noch gewonnen haben".

Dass es kein leichter Start wurde in den Pokalabend, konnten die Münchner noch dem Schiedsrichter zuschieben: Markus Schmidt hatte in der 2. Minute Leon Goretzka Gelb wegen einer vermeintlichen Schwalbe zugesprochen, wo ein Elfmeter angemessener gewesen wäre. Und während die Münchner sich noch ärgerten, hatte Maximilian Mittelstädt die Hertha schon in Führung geschossen (3.). Der Plan, erstmals in diesem Jahr ein Spiel ohne Gegentor zu überstehen, war hinfällig. Serge Gnabry war dann erst der schnelle Ausgleich (7.) und dann die Führung (49.) gelungen mit sehenswerten Aktionen - ehe Hummels das Mittelding wählte.

Und so blieb am Ende der Eindruck, dass der FC Bayern gerade mittendrin steckt in seinem viel zitierten Umbruch: Vorne führen die jungen Flügelstürmer Gnabry und Coman vor, wie die Bayern der Zukunft aussehen könnten, und hinten wehrt sich die Abwehr tapfer, aber nicht immer erfolgreich gegen die Mühsal der Gegenwart.

Niko Kovac scheint das aber nicht allzu sehr zu beunruhigen. Man müsse ja bloß diese lästigen "Fehler abstellen", findet er, dann sei das Problem gelöst. Klingt einfacher, als es ist.

© SZ vom 08.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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