Meyer lebt heute in Nürnberg und gehört dem Präsidium von Borussia Mönchengladbach an. Mit den Borussen war er in dieser Woche in Bern zur Champions-League-Qualifikation zu Besuch (3:1), den Weg nach Thüringen hingegen wird er am Freitag nicht auf sich nehmen. Er guckt das große Spiel in Jena im Fernsehen.
Es ist nicht so, dass ihm das Schicksal seines früheren Vereins egal wäre, aber mehr als "ein solider Platz in meiner Erinnerung" ist nicht geblieben. Meyer beobachtet, wie der Klub auch in dieser Saison wieder Anlauf nimmt, aus jener Falle zu entkommen, in die es ihn nach dem Abstieg aus der dritten Liga 2012 verschlagen hat: "Vierte Klasse, das ist unter unserer Würde", sagt er, doch er weiß, dass Carl Zeiss nur einer von vielen ehedem bedeutenden Klubs ist, die in dieser in fünf deutsche Staffeln unterteilten Regionalliga festsitzen. Meyer nennt Vereine wie Kickers Offenbach, Rot-Weiß Essen und sogar den FK Pirmasens: "Das ist ja kein Phänomen des Ostens." Nur drei von rund 90 Regionalligisten dürfen am Saisonende hoch in die dritte Liga - selbst die Staffelmeister müssen noch in eine Aufstiegsrunde.
Tatsächlich plagt sich Jena also mit den handelsüblichen Problemen gefallener Traditionsklubs. Hohe Ansprüche konkurrieren mit beschränkten Mitteln. Ein belgischer Investor - der Geschäftsmann Roland Duchatelet, Besitzer diverser Fußballklubs in mehreren Ländern - hat zwar mit Millionengaben die Finanzen aufgefrischt, aber für emotionale Entzweiung in Klubführung und Anhängerschaft gesorgt.
Zur Debatte um externe Geldgeber hat Meyer eine klare Meinung
Über die Motive des Investors weiß Hans Meyer zu wenig, um ein Urteil zu treffen, aber zur Debatte um die externen Geldgeber hat er sehr wohl eine Meinung: Er hält sie, zumal im Fall des Bundesligaaufsteigers RB Leipzig, für "Heuchelei: Wir leben in der Marktwirtschaft." Doch auch die fabelhaft ausgestatteten Leipziger lernten auf ihrem Marsch in die erste Liga das Nadelöhr Regionalliga als Stolperfalle kennen. Umso mehr gilt das nun für den FCC: Der Weg zurück ins Refugium des alten Ostfußballs - die dritte Liga mit Chemnitz, Zwickau, Magdeburg und anderen - ist weit und tückisch.
Immerhin ist den Jenensern diesmal ein starker Saisonstart gelungen: Vier Siege ohne Gegentor, die passende Bilanz vor dem Treffen mit den großmächtigen Bayern, für das die Gastgeber eine Extratribüne aufgestellt haben. Knapp 19 000 Zuschauer werden erwartet - "Nachwenderekord!", wie der Klub meldet.
Nach dem Sieg gegen Ancelotti erreichte Meyer mit dem FC Carl Zeiss 1981 das Finale des Europapokals der Pokalsieger, das in Düsseldorf stattfand. 5000 Zuschauer bildeten beim Spiel gegen Dynamo Tiflis die trostlose Kulisse, die Georgier gewannen 2:1. Doch wenn er an den Europacup denkt, erinnert sich Meyer außer an die Roma an das 2:3 bei Real Madrid ein Jahr zuvor. Denn im Bernabeu ging nicht nur das Spiel verloren, sondern es zerriss beim Jubel über Jenas Führungstor auch die teure Jacke aus dem Westen, die er in der "Exquisit"-Ladenkette besorgt hatte: "Das war fast so schlimm wie unsere Niederlage".