DFB-Pokal: Bayern - Schalke:Der nächste Titel ist weg

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Der FC Bayern hat innerhalb von wenigen Tagen zwei wichtige Spiele und Titel verloren: Schalke 04 zieht durch ein 1:0 in München ins Pokalfinale ein und verschärft die Lage bei den Münchnern.

Zweite Minute der Nachspielzeit, dieser eine Freistoß, die letzte Chance: Toni Kroos brachte den Ball in den Strafraum, und dort geschah - nichts von Bedeutung. Wenig später war die Begegnung vorbei, und schon wieder hatte der FC Bayern ein Heimspiel verloren: Das 0:1 (0:1) im Halbfinale des DFB-Pokals gegen den FC Schalke 04 bedeutet, dass die Münchner nach der Meisterschaft den nächsten Titel verspielt haben.

Verpasste dem Ball mit der Stirn die entscheidende Richtungsänderung: Raúl schoss das einzige Tor des Abends. (Foto: REUTERS)

Da sie in der Bundesliga nur auf dem vierten Platz stehen und also die Champions-League-Qualifikation gefährdet ist, droht eine Saison der Trostlosigkeit. "Es ist eine große Enttäuschung. Die Emotionen sind sehr hoch", sagte Bayern-Trainer Louis van Gaal, "die Spieler können es noch nicht verstehen. Ich kann es ein bisschen besser verstehen." Manche Spieler verstanden es allerdings sehr wohl. "Wenn der FC Bayern nicht deutscher Meister oder Pokalsieger wird, ist das keine gute Saison für uns", sagte Kapitän Philipp Lahm düster.

Verständlicherweise war Schalkes Trainer Felix Magath wesentlich besser gelaunt. "Wir wussten, dass wir Chancen kriegen würden", sagte er verschmitzt grinsend, "wir waren bei den Standards sehr gefährlich. Deshalb haben wir uns das auch verdient." Ganz offensichtlich hatte sich Magath das 1:3 der Bayern gegen Dortmund vom vergangenen Samstag genau angeschaut. Alles andere wäre ja auch dumm gewesen, und Magath ist nicht dumm.

Dortmund hatte beispielhaft vorgeführt, wie man gegen den FC Bayern spielt. Die Münchner waren ja in der Partie gar nicht mal schlecht, sie kamen nur eben nicht richtig zur Entfaltung, und genau das war das große Verdienst der Dortmunder, die sich geschickt als Kollektiv über den Platz bewegten, in der Defensive wirkten alle Bewegungen wie eine oft geübte Choreographie. Dass er eine solche nicht in kurzer Zeit würde einstudieren können, wusste Magath. Er beschränkte sich also auf das Wesentliche: Flügel zustellen, möglichst mit höchstem Tempo kontern.

Im Vergleich zu den eleganten Dortmundern wirkten die Schalker allerdings durchaus nicht unbesiegbar. Das vielbeschworene schnelle Umschalten geriet ihnen meist zum Ach-jetzt-wär's-allmählich-Zeit-zum-Dings-äh-Umschalten. Im zentralen defensiven Mittelfeld wirkte zudem Annan nicht immer sicher. Doch der Kern der Taktik ging auf: Über die Flügel kam der FC Bayern nicht zum Zug. Einer von Felix Magaths Kniffen war es, den 34 Jahre alten Hans Sarpei gegen Arjen Robben aufzubieten. Dass dieser Plan aufging, kann man durchaus als Husarenstück bezeichnen.

Es war erstaunlich anzusehen, wie hilflos die Bayern dem simplen Schalker Trick lange gegenüberstanden. Sie ließen den Ball zirkulieren, sie reihten Pass an Pass an Pass an Pass, als gewänne das Spiel, wer am Ende mehr Ballbesitz aufweist. Fast wirkte es, als wären die Spieler Erfüllungsgehilfen ihres sturen Trainers Louis van Gaal, der sich in den Kopf gesetzt hat, Fußball müsse so funktionieren: Pass an Pass an Pass und immer so weiter bis zum jüngsten Gericht. Eine Lücke im Schalker Verbund fanden die Bayern nicht, das Passspiel wurde zum Selbstzweck. Sieh an, mag sich Felix Magath gedacht haben, das klappt ja wirklich, die passen einfach immer weiter.

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Zur Ehrenrettung des Fußballs bayerischer und van Gaalscher Prägung ist natürlich zu sagen, dass er in seinen besten Momenten ganz wunderbar aussehen kann. Wenn die Mannschaft in Führung geht und der Gegner dem Ball hinterherhechelt, das ist durchaus eine Schau. Der FC Barcelona ist die prototypische Mannschaft dieser Spielweise, doch sie verfügt zum Beispiel über Lionel Messi: Wenn das ewige Gepasse zu nichts führt, dribbelt er halt mal eben ein paar Mann aus und drischt die Kugel ins Netz.

Erneute Niederlage für den FC Bayern München: Mario Gomez ist alles andere als begeistert. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Die bayerischen Starspieler Franck Ribéry und Arjen Robben rannten sich meist auf den Flügeln fest. Statt mal eben ein paar Mann auszudribbeln, blieben sie meist stecken im Schalker Verkehr. Bemerkenswert war, wie ruhig das Ensemble des FC Bayern dennoch blieb. Das führte dazu, dass die Mannschaft allmählich besser in Schwung kam. In der zweiten Halbzeit ergaben sich Chancen unter anderem für Schweinsteiger (54.Minute), Robben (58.) und Gomez (62.), und spätestens nach rund 70 Minuten war die Schalker Führung eher schmeichelhaft. Aber sie hatte Bestand.

Zustandegekommen war sie nach einer Ecke. Eben noch hatte Gomez gegen Raúl auf der Linie geklärt (14.), nun kamen alle Bayern zu spät gegen den Spanier. Der Ball segelte in den Münchner Strafraum, Benedikt Höwedes köpfte grob in Richtung Tor, und Raúl verpasste dem Ball mit der Stirn die entscheidende Richtungsänderung (15.). 0:1 stand also plötzlich auf der Anzeigetafel der Arena, und dass die gleichen Ziffern am Ende noch immer in die kalte Münchner Nacht leuchteten, bedeutete nicht, dass zwischendurch nichts mehr passiert wäre.

Louis van Gaal mochte freilich keine besondere Leistung der Schalker erkennen. "Das ist auch Fußball, dass eine Mannschaft nur verteidigt und dann kontert und das Tor macht", sagte er, "wir haben zu viele Ecken und Freistöße zugelassen, das war im Grunde die einzige Chance für Schalke." Diese kleine Boshaftigkeit ärgerte auf Schalker Seite natürlich niemanden. Die Spieler feierten in eigens gedruckten blauen T-Shirts, die vom Finaleinzug kündeten.

Der FC Bayern hat nun binnen fünf Tagen zwei wichtige Heimspiele verloren, verdient das erste am Samstag, nicht unverdient dieses zweite am Mittwoch. Bereits am Samstag steht das nächste sehr wichtige Spiel an, in Hannover geht es um die Qualifikation zur Champions League. Die Hannoveraner werden am Mittwoch sehr aufmerksam vor dem Fernseher gesessen und darauf geachtet haben, was passiert, wenn man den Bayern die Flügel zustellt.

© SZ vom 03.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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