DFB-Innenverteidiger Badstuber und Hummels:Zwei Typen, ein Block

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Holger Badstuber und Mats Hummels bilden im Halbfinale gegen Italien die deutsche Innenverteidigung. Bislang spielen sie zusammen eine großartige EM. Dabei könnten sie kaum unterschiedlicher sein.

Thomas Hummel

Holger Badstuber spricht nicht gerne über sich selbst. Zumindest nicht in der Öffentlichkeit. Doch nun musste er Auskunft geben. Wie er denn seine Entwicklung bewerte seit der Weltmeisterschaft 2010?

Verteidigen gemeinsam: Mats Hummels und Holger Badstuber(r) gegen den Niederländer Klaas-Jan Huntelaar. (Foto: dapd)

Badstuber wand seinen Oberkörper, die zusammengezogenen Gesichtszüge zogen sich noch weiter zusammen. "Ja", sagte er, "ich habe zwölf von 13 Pflichtspielen in der Nationalmannschaft gemacht, das ist schon ein Vertrauensbeweis durch den Trainer. Und ich habe immer gutes Feedback bekommen." Auch im Verein habe er im vergangenen Jahr einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht.

Der 23-jährige Innenverteidiger des FC Bayern München hätte sich bei dieser Antwort auch breitbeinig in den Stuhl lümmeln und dabei selbstbewusst grinsen können. Denn er lieferte eine fachlich korrekte Analyse seiner jüngsten Karriere und ließ noch einen Ausblick in die Zukunft folgen, der viel über seine Persönlichkeit aussagt: "Immer den Ball flach halten, würd ich mal sagen."

Der flache Ball. Das ist das Stilmittel des Holger Badstuber, auf dem Platz wie im Leben. Trainer Louis van Gaal, der ihn beim FC Bayern aus der zweiten Mannschaft zum Stammspieler erhob, liebte den strengen, genauen Flachpass Badstubers von der Abwehr ins Mittelfeld. Joachim Löw und sein Bundestrainerteam haben dafür das Wort "Spielauslösung" erfunden, Holger Badstuber ist ihr Spielauslöser Nummer eins. Dabei wirkt er im Stillen, will nicht auf die große Bühne. Seine persönliche Erfolgsgeschichte hat bislang nur dazu geführt, dass er noch mehr Erfolg haben will. Letzteres verbindet ihn mit seinem EM-Partner in der Innenverteidigung, Mats Hummels. Mehr aber auch nicht.

Hummels ist in der Außendarstellung so ziemlich das genaue Gegenteil. Er ist der eloquente Cover-Boy der deutschen Elf, sein lässiges Grinsen, während hinter ihm die Holländer streiten, ist eines der Bilder dieser Europameisterschaft. Er ist nicht der Typ, der gerne im Stillen wirkt. Hummels erklärt der Welt gerne seine Sicht. Während Badstubers Laufstil eckig und kantig daherkommt und sich die Gegenspieler vor seinen spitzen Knochen fürchten, wird Hummels mit der Eleganz des Franz Beckenbauer verglichen.

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Dass die beiden nun eine große Rolle beim Kampf um den EM-Titel für Deutschland spielen sollen, war bis drei Stunden vor dem ersten Gruppenspiel unwahrscheinlich. Dann kam die überraschende Kunde, dass Löw auf Per Mertesacker verzichtet und Hummels in die Mannschaft rückt. "Vor dem Trainingslager in Frankreich war das noch nicht abzusehen. Am Ende hatte ich aber ein ganz gutes Gefühl, dass es möglich ist, dass ich entgegen den meisten Prognosen in der Presse zum Einsatz komme", berichtete Hummels in einem Interview mit der SZ (27. Juni). Die Partie gegen Portugal war sein Durchbruch in der Nationalmannschaft: Er machte eine herausragende Partie und stieg von der zweiten Reihe auf zur festen Stammkraft auf. Endlich, denn die zweite Reihe liegt Mats Hummels überhaupt nicht. Zur Situation von Mertesacker sagte er: "Ich weiß nicht, wie ich wäre, wenn ich nicht spielen würde. Ich würde vermutlich mit einem längeren Gesicht rumlaufen als er."

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Der stille Badstuber und der eloquente Hummels - das ungleiche deutsche Innenverteidiger-Paar steht im Halbfinale gegen Italien (Liveticker bei SZ.de, von 20 Uhr an) vor ihrer bislang schwierigsten Aufgabe. Im Gegensatz zu den anderen Gegnern bei dieser EM kommen die Italiener mit zwei Stürmern daher: mit dem unberechenbaren Mario Balotelli und dem unberechenbaren Antonio Cassano. Beide sind für ihre Verrücktheiten neben und auf dem Platz berühmt, man weiß nie so genau, was sie zu bieten haben. Genau das macht sie gefährlich. Joachim Löw aber erklärte seelenruhig: "Wir haben ein paar Situationen gesehen von Balotelli und Cassano, wie sie von den Italienern eingesetzt werden. Ich denke, unsere Innenverteidiger sind vorbereitet." Er fügte an: "Ich bin sehr zufrieden bisher mit der Innenverteidigung. Sie haben die Aufgaben außerordentlich gut gelöst."

Dabei sollte die Abwehr doch angeblich die Schwachstelle des deutschen Teams sein. Nun wirken Hummels und Badstuber gemeinsam, als hätten sie nie etwas anderes getan. Bei den U15-Junioren spielten die beiden einmal miteinander beim FC Bayern, allerdings Hummels im Angriff, Badstuber im Mittelfeld. Bis auf ein paar gemeinsame Einsätze in der U23 hatte es bis zu dieser EM keine gemeinsame Erfahrung mehr gegeben, Hummels ist ein halbes Jahr älter und spielte deshalb immer eine Jugendstufe höher. Wäre es nach Hermann Gerland gegangen, hätte die Geschichte einen anderen Verlauf genommen: Für den früheren Ausbilder und heutigen Ko-Trainer hieß das Innenverteidiger-Paar der Zukunft schon lange Hummels und Badstuber, auch beim FC Bayern.

Doch Gerland hatte nichts zu sagen, als Anfang 2009 die Anfrage von Borussia Dortmund kam, diesen Mats Hummels für etwa fünf Millionen Euro auszulösen. Jürgen Klinsmann führte damals die sportlichen Geschäfte. Hummels fühlt sich inzwischen sehr zu Hause in Dortmund und hat zwei Jahre lang seinem Heimatklub in der Tabelle die lange Nase gezeigt. Dennoch heißt es: In Mats Hummels nagt es, dass er es damals nicht bei seinem Jugendklub geschafft, dass ihn der FC Bayern weggeschickt hat. Er hat einmal ein Rückkehr-Angebot abgelehnt, und inzwischen hat der Klub seinem Vater nach 17 Jahren Tätigkeit im Jugendbereich gekündigt. Hermann Hummels stritt sich mit dem FC Bayern anschließend vor Gericht um eine Abfindung.

Der Abschied von Sohn Mats vom FC Bayern hemmte jedenfalls dessen DFB-Karriere. Bundestrainer Joachim Löw gefällt die dominante Spielweise der Münchner, er baut auf die internationale Erfahrung der Spieler. Die sammelt Hummels erst jetzt: schmerzliche mit Borussia Dortmund in der Champions-League, gute mit der Nationalmannschaft in Polen und der Ukraine. Für Löws Team muss er allerdings sein Spiel umstellen, was ihm erst jetzt tadellos gelingt: "Im Zweikampf bin ich etwas abwartender geworden, normalerweise gehe ich direkter drauf. Und klar: Die langen Bälle musste ich einstellen."

Die langen Bälle, das ist eigentlich das Stilmittel des Mats Hummels. Auf und neben dem Platz. Er musste sich in diesem Sinne Holger Badstuber annähern. Doch selbst Bundestrainer Löw könnte nun vom Langball-Charakter Hummels profitieren. Italien hat den langen Ball nämlich keineswegs aus dem Spiel verbannt, aus dem Mittelfeld fliegen die Pässe häufiger hoch nach vorne. Experte Mats Hummels sagt dazu: "Es wird wohl so sein, dass ich am Donnerstag sozusagen meine eigenen Ideen sehe - und gegen sie verteidigen muss."

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