DFB-Frauen in der EM-Qualifikation:Auf Christian Wück wartet Arbeit

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Erleichterung: Klara Bühl (links) freut sich über ihr Ausgleichstor zum 2:2. (Foto: Andreas Stroh/dpa)

Nach dem mühevollen 3:2 in Linz gegen Österreich zum Start in die EM-Qualifikation rätselt Bundestrainer Horst Hrubesch über den Wankelmut der DFB-Fußballerinnen. Vor dem Heimspiel gegen Island schickt er schon einmal Grüße an seinen Nachfolger.

Von Frank Hellmann, Linz

Vielleicht ist es ganz gut, dass deutsche Fußballerinnen sich in den idyllischen Ausläufern und nicht in der schönen Stadt Linz ihr Quartier gesucht haben. Am Sonntag gab es wegen des Linz-Donau-Marathons rund um den Hauptplatz kaum mehr ein Durchkommen, weil das Rennen mehr als 15 000 Menschen am Ufer der Donau auf die Beine brachte. Dass die Nationalelf der Frauen noch bis Montag in Hagenberg im Mühlkreis in der oberösterreichischen Wohlfühlregion bleibt, ehe sie im nächsten EM-Qualifikationsspiel am Dienstag (18.10/ZDF) gegen Island in Aachen antritt, traf bei den Spielerinnen allenthalben auf Zustimmung. "Ich mag es total, weil es hier so ruhig ist", sagte Klara Bühl, die als Doppeltorschützin gegen Österreich (3:2) dafür verantwortlich war, dass die Linzer Woche in halbwegs guter Erinnerung bleibt.

Der achtmalige Europameister hat die erste Aufgabe auf dem Weg zur Endrunde 2025 in der Schweiz ungefähr so mühsam erledigt, wie sich die beliebte Pöstlingbergbahn auf den schönsten Aussichtspunkt schlängelt. Dieser Touristenzug fährt auf einer schmalen Spur, die DFB-Spielerinnen wandeln weiter auf einem nicht minder schmalen Grat. Weniger die erfolgreiche Aufholjagd, eher die unterirdische Anfangsphase sollte Thema der immerhin erfreulich selbstkritischen Aufarbeitung sein. Warum waren die Protagonistinnen in ihren schicken neuen Nationaltrikots im Vergleich zum Entscheidungsspiel in der Olympia-Qualifikation gegen die Niederlande (2:0) nicht wiederzuerkennen? "Wir haben nicht dagegengehalten", bemängelte Bundestrainer Horst Hrubesch, der am Spielfeldrand beim 0:2 nach 16 Minuten beinahe von seiner Stuhllehne zu kippen drohte. Man habe sich zeitweise "abkochen lassen".

Immerhin, Charakter, Moral und Wille stimmen unter seiner Regie. Die Schwankungen führte Hrubesch auch auf den ständigen Erfolgsdruck zurück, der keine Experimente erlaube: "In allen Spielen ging's ums Gewinnen. Ich konnte nicht ein Mal testen." Weil auch Island - zuletzt in der Nations League zweimal geschlagen (4:0, 2:0) - laut Hrubesch "kein Selbstgänger" werde, kann wohl erst gegen den schwächsten Gruppengegner Polen (31. Mai und 4. Juni) mehr probiert werden. Dennoch scheint der bald 73-Jährige allmählich daran zu zweifeln, dass bis zum Ende seiner Amtszeit im Sommer noch Konstanz einkehrt. Dem künftigen Bundestrainer Christian Wück überbrachte er vorsichtshalber folgende Botschaft: "Mein Nachfolger wird noch viel Spaß haben."

Da stört sich einer in Hinblick auf Gegner wie Australien und USA bei den Olympischen Spielen (24. Juli und 11. August) mächtig daran, dass es dermaßen ruckelt und rumpelt. Spiele zu drehen, wie gegen Österreich, gelingt gegen stärkere Gegner wohl kaum auf Knopfdruck. "Dass wir nicht das Gelbe vom Ei spielen, das wissen die Mädels auch. Wir müssen es besser, abgeklärter spielen." Wer treibt diesem Ensemble endlich seine Flausen aus? Oder ist das WM-Desaster noch verantwortlich dafür, dass es mitunter so aussieht, als hätten einige das Einmaleins des Fußballs verlernt?

"Wir müssen vom Kopf her einfach schneller sein", fordert Lena Oberdorf

Darauf wusste nicht mal die in Abwesenheit von Alexandra Popp zur Kapitänin ernannte Giulia Gwinn eine Antwort. "Wir haben die erste halbe Stunde absolut verschlafen, waren immer einen Schritt zu spät", sagte die 24-Jährige. Die Rechtsverteidigerin rüttelte noch rechtzeitig ihre träumenden Mitspielerinnen wach, verwandelte zudem nervenstark den fragwürdigen Strafstoß zum Siegtreffer (64.). Die beste Deutsche, Mittelfeldabräumerin Lena Oberdorf, forderte: "Wir müssen vom Kopf her einfach schneller sein."

Bibiane Schulze Solano (rechts) überzeugte gegen Österreich bei ihrem Debüt für Deutschland. (Foto: Joe Klamar/AFP)

Gut, dass der Coach wieder wichtige Impulse von der Bank brachte. Nach der Pause brachte Laura Freigang anstelle der wirkungslosen Sydney Lohmann vorn einige Belebung, hinten legte Bibiane Schulze Solano für die schwächelnde Sara Doorsoun einen bemerkenswerten Einstand hin. "Von null auf hundert" sei die im hessischen Bad Soden aufgewachsene, für Athletic Bilbao spielende Verteidigerin durchgestartet, sagte Hrubesch: "Alles, was sie macht, hat Hand und Fuß." Die neben ihr verteidigende Kathrin Hendrich staunte: "Sie hat einfach diesen spanischen Fußball in sich."

Die auf dem Platz sehr kommunikative Debütantin berichtete: "Ich habe mich richtig wohlgefühlt." Der Spielaufbau sei zwar ein wenig anders als in ihrer Wahlheimat, aber die Adaption habe gut funktioniert. Nachdem die Deutsch-Spanierin vor einem Jahr bei einer Einladung des spanischen Verbandes verletzt passen musste, fühlt es sich auch für sie richtig an, dass sie sich nun auf den DFB festgelegt hat: "Es war ein langer Weg für mich. Ich bin megahappy, für Deutschland zu spielen." Ihre baskische Mutter Maravillas Solano sei gemeinsam mit Schwester Natalia extra angereist, erzählte die 25-Jährige mit leuchtenden Augen: "Sie hat vor Freude geweint." Vater und Opa als wichtigste Förderer ihrer Karriere sind bereits gestorben; sonst wären beide auch ganz sicher ins schöne Linz gereist.

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