Julian Brandt:Die neue Nummer 10

Lesezeit: 2 min

Joachim Löw instruiert Julian Brandt bei der WM. (Foto: Getty Images)
  • Julian Brandt überzeugte bei der Fußball-WM als einer der wenigen mit seinen Kurzeinsätzen.
  • Jetzt darf er beim Neustart eine wichtigere Rolle bekleiden - er trägt sogar die Nummer 10 von Mesut Özil.
  • Doch auch andere Spieler könnten auf dieser Position spielen.

Von Sebastian Fischer

Offiziell darf Julian Brandt das natürlich nicht sagen: dass die Weltmeisterschaft, die für Deutschland ein einziger großer Misserfolg war, für ihn so etwas wie ein kleiner Erfolg war. Also schaute er standesgemäß betreten, als er nun in München zwischen Manuel Neuer und Thomas Müller im Mannschaftshotel auf dem Podium saß und über seine Erfahrungen in Russland sprechen sollte. Also: "Im Großen und Ganzen war es sicherlich eine Enttäuschung." Doch er fügte hinzu: "Zum anderen war ich auch sehr stolz, dass ich dabei war."

Julian Brandt, 22, der Außenstürmer von Bayer 04 Leverkusen, hat bei der WM insgesamt rund zwanzig Minuten lang gespielt, gegen Mexiko ist er in der 86. Minute eingewechselt worden, gegen Schweden in der 87. Minute, gegen Südkorea in der 78. Minute. Kein deutscher Spieler nutzte die Zeit so effektiv wie er: Gegen Mexiko traf er den linken Außenpfosten, gegen Schweden den linken Innenpfosten. Mindestens die Gelegenheitsfans fragten sich: Wer ist denn dieser Brandt?

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Auch Müller kann offensiv in der Mitte spielen

Und warum spielt er immer nur ein paar Minuten lang? Brandt zählt zur Generation jener Spieler, die beim Neuanfang der Nationalmannschaft die Erlaubnis haben, positiv zu überraschen. Zwar hat Manager Oliver Bierhoff einerseits gerade in einem Interview gesagt, man dürfe unter anderem Brandt noch nicht mit einer Führungsrolle überfordern.

Doch andererseits trägt Brandt fortan in der Nationalmannschaft, wie auch in Leverkusen, die ehrenwerte Nummer zehn, die vor dessen Rücktritt die Nummer von Mesut Özil war. Er habe das "dankend angenommen", sagte Brandt, "ich versuche, da ein bisschen hineinzuwachsen". Er fügte hinzu: "Ich glaube, ich habe breite Schultern. Ich glaube, ich passe da rein."

Die logischen Nachfolger für Özil als zentraler Mittelfeldspieler im gewohnten 4-2-3-1-System, als umgangssprachliche "Zehner" also, sind andere, Julian Draxler oder Marco Reus, der sagt: "Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich gerne auf der Zehn spiele." Özil sei der Spielertyp "Ballverteiler" gewesen, sagte Müller, doch nun ergebe sich eine neue Situation. Denn diesen Spielertyp gibt es im Kader nun nicht mehr. Die Frage ist, ob er im demnächst taktisch flexibler geplanten Konzept der Nationalelf überhaupt noch gebraucht wird. Löw könnte womöglich das System variieren, zu einem 3-4-3 oder einem 4-3-3. In beiden Systemen wäre ein klassischer "Zehner" nicht mehr vorgesehen.

Auch Müller kann offensiv in der Mitte spielen, beim FC Bayern macht er das gerade so ähnlich, gemeinsam mit Nationalspieler Leon Goretzka als einer von zwei "Achtern" in einem 4-3-3, beim jüngsten 3:0 in Stuttgart sah das sehr überzeugend aus. Und Brandt, der in Leverkusen mit zwei Niederlagen in die Saison gestartet ist? "Natürlich ist es so, dass wir die Zehn bekleiden könnten. Genauso könnten wir auch außen spielen. Wir sind definitiv eine Alternative", sagte er. Und sprach gleich mal für sich und Müller. So wie Spieler mit breiten Schultern das tun.

© SZ vom 05.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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