Deutschland verliert gegen Belgien:Geplagt vom Kater danach

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Lucca Staiger (li.) and Tibor Pleiß (mi.): Freude verflogen (Foto: dpa)

Die Freude über den EM-Sieg gegen Frankreich währt bei den deutschen Basketballern nur kurz: Gegen Belgien kassiert Deutschland eine knappe Niederlage. Lange spielt das Team zu verkrampft und kann sich für einen harten Kampf am Ende nicht belohnen. Um die Zwischenrunde zu erreichen, ist eine Steigerung unerlässlich.

Von Ralf Tögel, Ljubljana

"Wir sind hoch geflogen", sagte Frank Menz unmittelbar nach der Niederlage gegen Belgien, womit er natürlich auf die harte Landung anspielte. Nach dem überragenden 80:74-Erfolg gegen Frankreich musste die deutsche Basketball-Nationalmannschaft am folgenden Tag eine äußerst unglückliche 73:77 (63:63, 26:35)-Niederlage nach Verlängerung gegen Belgien hinnehmen.

Kämpferisch ist der Mannschaft von Trainer Frank Menz erneut kein Vorwurf zu machen, doch das Team konnte das hohe Niveau des Vortages nicht halten. Damit schrumpfte die überragende Leistung gegen Frankreich zu einem Achtungserfolg. Vorerst. Die Chancen, um das erklärte Minimalziel (Erreichen der zweiten Runde), nicht ernsthaft in Gefahr zu bringen, sind weiterhin intakt. Allerdings muss schon am Freitag (14.30 Uhr) gegen die Ukraine gewonnen werden.

Augenscheinlich ist die junge und unerfahrene Mannschaft mit der Bürde des Favoriten noch überfordert, jedenfalls fiel dem Team der Start in das Spiel gegen die Belgier ungleich schwerer als am Vortag. Das Team von Bundestrainer Frank Menz wirkte verkrampft, suchte verbissen nach seinem Rhythmus. Vorerst umsonst, in der ersten Halbzeit fielen die Würfe nicht in den Korb, es unterliefen viele leichte Ballverluste. Menz hatte nach der Frankreich-Partie auch immer wieder darauf verwiesen, dass sich die exorbitant hohe Wurfquote so leicht nicht würde wiederholen lassen - auf den Gegenbeweis hätte er sicher gerne verzichten.

Den lieferten ihm seine Spieler trotzdem, im Gegensatz zu den famosen 60 Prozent der Frankreich-Partie schrumpfte diese um satte 20 Prozent. Zu viel gegen gute Belgier, die sich nach der knappen Niederlage gegen die Ukraine (57:58) steigerten und die Schwächen des deutschen Teams zu nutzen wussten. Vor allem Jonathan Tabu und Sacha Massot (beide 15 Punkte) machten ihrem Trainer Eddy Castels viel Freude. Der verteilte nach dem Spiel artig Lob an den Gegner, den man zu kopieren versucht habe.

Es war eine nervenaufreibende Partie, in der die Deutschen nach der Pause ständig einem Rückstand hinterherliefen und mit einer Energieleistung und einem Dreier von Lucca Staiger den 63:63-Ausgleich schafften. Im Gegensatz zum Vortag fehlte dann aber das nötige Glück, Pleiß legte vier Sekunden vor Schluss einen Korbleger zum möglichen 75:75 daneben.

Menz muss flott analysieren, warum Deutschland nach dem nahezu fehlerfreien Auftritt gegen Frankreich eingebrochen ist. Die Zwischenrunde ist keineswegs außer Reichweite, doch nun kommt der Partie gegen die Ukraine bereits entscheidende Bedeutung zu. Und gegen diesen physisch starken Gegner, der in seinem zweiten Spiel Israel durch einen 74:67-Erfolg aus dem Turnier befördert haben dürfte, muss sich die deutsche Auswahl steigern.

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Den Franzosen darf man getrost zutrauen, dass sie ihren Fauxpas zum Turnierauftakt zu korrigieren wissen. Er kam ja auch sehr überraschend, der deutsche Sieg gegen einen der großen Turnierfavoriten - wie überraschend, das wurde Forward Alex King noch in der Nacht des Triumphes bewusst: Er habe 15 Nachrichten auf seinem Handy gefunden. "Ich wusste gar nicht, dass ich so viele Freunde habe."

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Nicht nur in Kings Freundeskreis haben sich die Menschen gefreut, dieses Ergebnis hat im ganzen Land Aufmerksamkeit erregt. Nun muss man registrieren, dass alles wieder auf null gestellt ist. Nach dem Sieg in Partie eins war Schaffartzik noch mit ernstem Blick vor die Kameras getreten, er hatte diesen Erfolg als das Ergebnis einer harten Vorbereitung und der Gewissheit um das eigene Können bezeichnet.

Dass die Mannschaft das nötige Talent für solche Taten habe, war für ihn keine neue Erkenntnis, nur: "Wir haben sie in diesem Spiel genutzt." Dass das nicht der Regelfall bleiben wird, war allen bewusst und wurde schnell zur unschönen Gewissheit. Neun von fünfzehn Dreiern hatten noch gegen Frankreich ins Ziel gefunden, gegen Belgien schrumpfte diese starke Quote auf überschaubare sieben von 22 Versuchen.

"Gegen Frankreich gewinnst du drei von 100 Spielen", hatte der Trainer vor der Partie flapsig formuliert, gegen Belgien hatte er seine Mannschaft zum Favoriten auserkoren. Nach der Leistung vom späten Mittwochabend zurecht, Philip Zwiener klang auch noch am Tag danach noch verwundert: "Das sind schon alles große Namen, aber das sind auch die Spiele, die am meisten Spaß machen." Zwiener ist einer von acht deutschen Spielern, die in Slowenien ihre erste Europameisterschaft bestreiten.

Die Franzosen haben allein vier NBA-Spieler im Aufgebot, das Trio Nando De Colo, Boris Diaw und Tony Parker stand im Juni mit den San Antonio Spurs noch im NBA-Finale. Belgien hat keine großen Namen im Team, profitierte aber vom schwachen Start der Deutschen. "Wir sind einfach schlecht gestartet", erklärte Schaffartzik, "und lagen mit 16:30 hinten. Dem sind wir die ganze zweite Halbzeit hinterhergerannt."

Die Niederlage, so unglücklich sie auch zustande gekommen ist, stellt für den Turnierverlauf keinen Beinbruch dar. Die große Frage ist, wie die junge Mannschaft diesen Rückschlag aus den Köpfen bekommt. Und: Wie Robin Benzing (24 Punkte) und Heiko Schaffartzik (15) das Spiel aus den Knochen bekommen, denn die beiden Topscorer standen erneut fast die gesamte Spielzeit über auf dem Parkett. Spielführer Schaffartzik ist guter Dinge, dass die Mannschaft das schaffen wird, er jedenfalls hat ein einfaches Rezept: Gut essen, gut schlafen und nicht zu viel nachdenken.

© SZ vom 05.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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