Leroy Sané gegen Serbien:"Ein ganz, ganz übles Foul"

Lesezeit: 3 min

Milan Pavkov (l.) sieht nach diesem Foul an Leroy Sané die rote Karte. (Foto: dpa)
  • Leroy Sané wird in der Nachspielzeit des Länderspiels zwischen Deutschland und Serbien (1:1) heftig gefoult.
  • Der Spieler bleibt trotz eines Tritts aufs Sprunggelenk unverletzt. Bundestrainer Joachim Löw echauffiert sich über das Einsteigen.
  • In der zweiten Halbzeit ist Sané der prägende Spieler im DFB-Team.

Von Carsten Scheele, Wolfsburg

Kurzzeitig stand zu befürchten, dass die DFB-Medienabteilung am Donnerstagmorgen ein offizielles Kommmuniqué versenden müsste. "Schwere Verletzung bei Leroy Sané" hätte vermutlich darüber gestanden, im Text dann eine Spezifizierung: Bruch des Sprunggelenks etwa. Oder schwere Bänderverletzung. Der Serbe Milan Pavkov war am Mittwochabend in der dritten Minute der Nachspielzeit mit solcher Verve auf das linke Sprunggelenk des deutschen Nationalflitzers gestiegen, dass er Sanés Fuß in eine bedrohliche Schräglage brachte und schlimmste Befürchtungen um die Gesundheit des Spielers von Manchester City hervorrief.

Normalerweise ist ein solcher Tritt der Anfang einer mindestens mehrwöchigen Pause, doch Sané hat sich dann doch nur kurz auf dem Rasen gewälzt - und es sogar geschafft, im Schreckmoment die Contenance zu wahren. Er zog seine umherfliegenden Füße schnell zurück, die kurzzeitig drohend vor Pavkovs Gesicht schwebten, um keine Tätlichkeit zu riskieren. Stattdessen warf er dem jungen Pavkov eine Reihe giftig-böser Blicke zu, was absolut angebracht erschien und von Schiedsrichter Bobby Madden auch ungeahndet blieb. Der schickte Pavkov mit glatt Rot vom Feld, in dessen erstem Länderspiel. Von Joachim Löw konnte er dafür kein Mitleid erwarten. "Ein ganz, ganz übles Foul in so einem Testspiel an der Mittellinie", echauffierte sich der Bundestrainer, der genau wusste, dass er Sanés Ausfall im EM-Qualifikationsspiel gegen die Niederlande am Sonntag nur schwerlich hätte auffangen können.

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Das sah auch Serbien-Coach Mladen Krstajic ein, der sich sofort bei Löw für den Krafttritt seines Debütanten entschuldigte. "Es war sein erstes Spiel für sein Land, es steckte keine Absicht dahinter", so Krstajic, der selbst lange in der Bundesliga für Sanés früheren Verein Schalke 04 aktiv war. "Da kann er ihm auch den Fuß brechen", moserte Löw dennoch - doch Sanés Gelenk bewies herausragende Festigkeit. "Gottseidank", stoßgebetete Löw. "Alles okay", bestätigte Sané, was auch seinen Trainer Pep Guardiola bei Manchester City erfreute, der mit Sané in dieser Saison noch zwei Titel zu gewinnen gedenkt: die englische Meisterschaft und die Champions League.

Pünktlich zum Wiederanpfiff mutiert Sané zum Hauptdarsteller

Dass der Flügelstürmer diesbezüglich weiter im Spiel ist, mag in der entscheidenden Sekunde mit Fortune zu tun gehabt haben. An einem anderen Tag hätte er sich in ähnlicher Situation vermutlich schwer verletzt; es zeigt aber auch, dass Sané die bisherige Zeit auf der Insel bei ManCity zur Abhärtung genutzt hat - nicht nur in modischen Fragen, wie er bei der Ankunft in Wolfsburg mit gefiederter Jacke bewies, die ihm einige Schmunzler einbrachte.

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Beim 1:1 (0:1) gegen Serbien wurde deutlich, dass der Gegner genau wusste, wo er anzusetzen hatte, um das deutsche Spiel zu bremsen: bei Sané, der eine ganz andere Energie auf den Platz brachte als die ansonsten noch sehr jugendlich anmutende Offensivbesetzung um die Leverkusener Kai Havertz und Julian Brandt. Das Bremsen klappte eine Halbzeit lang ziemlich gut, zwar ließ Sané in den ersten 45 Minuten mit einem Antritt ab und zu zwei Serben stehen, war den Ball aber gleich darauf auch wieder los, weil er niemanden zum Mitspielen fand. Der Gegner hing ihm mitunter sekundenlang am Trikot, was der schottische Schiedsrichter konsequent ignorierte - vielleicht im Wissen, dass Sané diese Linie im Ligaalltag gewöhnt ist. Auffallend trotzdem, wie beherrscht Sané blieb und auf seine Chancen wartete.

Die kamen, pünktlich zum Wiederanpfiff mutierte Sané zum Hauptdarsteller der zuvor mit Pfiffen bedachten deutschen Mannschaft - auch wenn er es verpasste, sich für seinen Aufwand zu belohnen. Im Fünfminutentakt beteiligte er sich am Chancenwucher, den das deutsche Team betrieb: Sané scheiterte per Kopf (64.), per Schuss nach einem flinken Haken, mit dem er zwei Serben hatte aussteigen lassen (73.), abermals per Schuss (77.) am starken serbischen Torwart Marko Dmitrovic.

Einmal setzte er in der eigenen Hälfte zu einem Solo an, das erst durch ein Foul tief in der serbischen Hälfte endete. Der gebürtige Essener profitierte dabei auch von der Hereinnahme des Dortmunders Marco Reus, der nun zusammen mit Sané das Offensivspiel vitalisierte. "Wir hatten ein paar gute Ansätze", erklärte Sané später, "aber da muss noch mehr kommen. Ich versuche die Mannschaft zu pushen."

Auf welcher Position Sané das Projekt Wiederaufbau des DFB am besten pusht, muss Bundestrainer Löw dabei noch entscheiden. Gegen die Serben setzte er ihn sicherheitshalber auf allen Offensivpositionen ein: zunächst auf der linken Außenbahn, wie bei Manchester City. Sané kam aber auch über rechts, schließlich über die ungewohnte Mittelstürmerposition, da wich Timo Werner auf den Flügel aus.

Vielleicht tut Löw auch gut daran, sich eine gewisse Flexibilität zu wahren, denn auch die Niederländer werden verfolgt haben, dass die serbische Konzentration auf Sané das deutsche Spiel doch lange Zeit zuverlässig erlahmen ließ. Dass Löw noch einmal freiwillig auf die Künste des Mannes mit den Gummigelenken verzichten wird, wie vor der missratenen WM 2018, scheint dagegen absolut und völlig und ganz und gar ausgeschlossen.

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