Deutsches Davis-Cup-Team:Streit auf dem Geröllberg

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Nach dem Rücktritt von Patrik Kühnen sucht der Deutsche Tennis Bund einen neuen Davis-Cup-Coach - fast zwangsläufig fallen dabei Namen wie Boris Becker oder gar Niki Pilic. Viel wichtiger jedoch ist, dass sich strukturell etwas ändert: Das deutsche Männertennis braucht keinen Teilzeit-Teamchef. Sondern einen Bundestrainer.

Michael Neudecker

Davis-Cup-Teamchef Patrik Kühnen (links) hat seinen Rücktritt erklärt. (Foto: dpa)

Es wird also wieder gesucht, das deutsche Männertennis braucht einen neuen Teamchef für die Nationalmannschaft. Ideen gibt es mehrere, sinnvolle wie weniger sinnvolle; die dpa etwa war sich nicht zu schade, den nun auch schon 73-jährigen früheren Teamchef Niki Pilic zu befragen. Interessanter erscheint die Idee der Bundestrainerin Barbara Rittner, die sie via Twitter an Boris Becker richtete: "Was ist mit Dir? Dann ist Ruhe ;-)))" Mit Betonung auf den sogenannten Smileys am Ende, die bedeuten: Ist nicht ernst gemeint.

Zwei Dinge sind dazu zu sagen: Erstens ist eine Rückkehr des alten Heroen Becker nicht auszuschließen, wenn auch nicht wahrscheinlich. Und zweitens: Die Smileys bezogen sich nur auf Becker, das mit der fehlenden Ruhe ist nämlich nicht zum Lachen. Selten in der Vergangenheit ging es derart unruhig zu im deutschen Tennis wie in den zurückliegenden Monaten, selten wurde auf mehreren Ebenen gleichzeitig so gestritten. Es ist nicht abzusehen, dass sich das bald ändert, diverse sportpolitische Themen werden den Verband noch länger beschäftigen; die Kündigung des Hauptsponsors mit der Begründung, das Präsidium arbeite unprofessionell, ist da nur der Gipfel eines großen Geröllberges.

Zumindest im Teilbereich Männer-Nationalmannschaft bietet sich dem DTB nun aber eine Chance. Die Ursache für das Ende der Ära Kühnen liegt ja nicht nur im Verhalten des DTB, der erst spät die Tragweite der Vorfälle beim Davis-Cup in Bamberg erkannte; der selbst dann aber keine klare Linie verfolgte, seinen Teamchef stattdessen im Ungewissen und ihm damit keine andere Wahl ließ, als zurückzutreten. Sie liegt auch nicht nur im Verhalten Kühnens, der einen Disput mit dem Spieler Kohlschreiber zu dem Konflikt wachsen ließ, der ihn letztlich das Amt kostete. Die eigentliche Ursache liegt im Amt selbst.

Während bei den Frauen Barbara Rittner auch für den Nachwuchs zuständig ist, besteht der Job des Davis-Cup-Teamchefs im Wesentlichen daraus, für ein paar Wochen eine Mannschaft zu nominieren. Kühnen wollte und musste auch deshalb mehrere zusätzliche Jobs ausüben. Er hat dies sicher in fragwürdiger Weise getan, Interessenskonflikte aber sind schon qua Amt programmiert.

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Ein Neuanfang sei die beste Lösung, das hat DTB-Präsident Karl-Georg Altenburg nach Kühnens Rücktritt gesagt. Es wird spannend sein zu sehen, wie Altenburg so einen Neuanfang definiert. Die Lehre aus der Causa Kühnen jedenfalls kann nur sein: Das deutsche Männertennis braucht keinen Teilzeit-Teamchef, sondern einen Bundestrainer.

© SZ vom 02.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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