Es passiert derzeit öfter in der US-Basketballliga NBA, dass zwei Deutsche aufeinandertreffen, doch diesmal blieb die Show allein Dennis Schröder vorbehalten. Weil Isaac Bonga von den Toronto Raptors derzeit im Ersatzteam der Kanadier geparkt ist, fiel das Duell der Nationalspieler aus - trotzdem bot die Partie Boston gegen Toronto aus deutscher Sicht interessante Einblicke.
Zum Beispiel jenen, dass Schröder, 28, bei den Celtics langsam zu einem gefragten Mann wird. Danach hatte es zu Saisonbeginn nur bedingt ausgesehen. Schröder und Boston, diese Liaison braucht offenbar ein bisschen, um sich zu entwickeln. Gekommen war er nach einem unbeständigen Jahr bei den Lakers eher aus Verlegenheit. Nach dem gescheiterten Vertragsgeschacher in Los Angeles spielt der Braunschweiger nun für einen Bruchteil des Geldes an der Ostküste, das er in L. A. hätte verdienen können.
Schröder kam eher aus Verlegenheit zu den Boston Celtics
Er und sein Berater hatten zu hoch gepokert, die Lakers ließen ihn ziehen. Jetzt fällt sein Jahresgehalt mit etwas mehr als fünf Millionen Dollar vergleichsweise bescheiden aus. Doch die Sache mit dem Geld ist zum aktuellen Zeitpunkt seiner Karriere nur das eine. Die andere Seite ist sportlicher Erfolg - und da hat Schröder Nachholbedarf. In seinem neunten NBA-Jahr arbeitet der Aufbauspieler an einer Perspektive für sich. Er will in tragender Rolle endlich wieder in einem funktionierenden Team spielen.
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In der NBA sind die Celtics nach einer Teamaussprache besser als die Orlando Magic. Die Disziplin Reiten soll im modernen Fünfkampf wegfallen.
Tragend heißt bei ihm: als Anführer, als Dirigent, so wie beim 104:88 gegen Toronto. Es war sein zweites Spiel in Serie mit 20 Punkten. Aktuell helfen Schröder auch teaminterne Umstände, er steht meist in der Startformation, weil in Jaylen Brown der beste Profi der Celtics verletzt fehlt. "Er schließt bei uns die Lücke", sagt sein Coach Ime Udoka, "weil er viele Kleinigkeiten für uns erledigt." Schröder sei "ein Mann mehr, der die Dinge in die Hand nimmt".
Auf 14 Zähler bringt es der Deutsche bisher im Schnitt, dazu kommen vier Rebounds und sechs Vorlagen pro Spiel. Im Vergleich zu seinen statistisch besten Jahren in Atlanta und Oklahoma sind das mäßige Werte, aber Schröder spielt inzwischen einen anderen Part als zu Beginn seiner Laufbahn. Er ist zu einem Spezialagenten geworden, einem Teilzeit-Turbo. Den kann er sowohl von der Bank kommend zünden, oder - wie in diesen Tagen in Boston - auch von Beginn an.
"Er geht explosiv ins Spiel und drückt aufs Tempo, das tut uns gut, wenn wir mal schwer reinkommen", hat Udoka beobachtet. Gegen die Raptors war das nicht so, da surrte bei den Celtics der Offensivmotor von Beginn an, Schröder versenkte im ersten Viertel zwei Dreier und orchestrierte die Offensive. Seine Aktionen wirkten schwungvoll, seine Wurfauswahl war wohltemperiert, einzig seine acht Ballverluste fielen negativ ins Gewicht. So häufig verzettelt er sich selten bei der Organisation, weshalb die Celtics teilweise auch fahrige Sequenzen hatten.
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Noch immer hat der Deutsche keinen neuen Vertrag unterschrieben, die NBA-Teams bieten ihm zu wenig Geld. Dabei hatte er vor Monaten ein lukratives Angebot auf dem Tisch.
Vor wenigen Wochen gab es noch Zoff bei den Boston Celtics
Nicht grundlos blickt die Mannschaft zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison auf holprige Momente zurück. Erst vor wenigen Wochen zofften sich Spieler wie Marcus Smart und Jayson Tatum öffentlich, es ging um Egoismus auf dem Parkett und fehlende Führungsqualitäten. Der Streit wurde jedoch beigelegt, seither arbeiten sich die Celtics mit einer Bilanz von sechs Siegen bei fünf Pleiten an die Playoff-Plätze heran.
Schröders Formanstieg ist dabei unverkennbar, er scheint sich beim Traditionsklub tatsächlich zurechtzufinden. "Auch wenn er von der Bank kommt, soll er bei uns im entscheidenden Moment auf dem Feld stehen", findet Trainer Udoka. Gegen Toronto spielte Schröder bis zum Schluss mit - und er wirkte sichtlich motiviert, auch künftig seinen Teil zur Show in Boston beizutragen.