Delegiertenversammlung des TSV 1860 München:Blamage für Monatzeder, Erfolg für Ismaik

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Hasan Ismaik: Grund zur Freude durch Monatzeders Abschied (Foto: Frank Leonhardt/dpa)

Kaum angetreten, auch schon abgesägt: Hep Monatzeder scheitert bei der Delegiertenversammlung von 1860 München und wird nicht als Präsident bestätigt. Der Verein stürzt tatsächlich noch tiefer in ein Führungschaos. Freuen kann sich Investor Ismaik - erstmal zumindest.

Von Lisa Sonnabend

Draußen vor der Tür steht Dieter Schneider und zuckt nur mit den Schultern. Es ist kurz vor Mitternacht - und der erst vor kurzem geschasste Präsident des TSV 1860 München weiß, was gleich auf seinen Nachfolger zukommen wird. Nichts Gutes.

Am Donnerstagabend hat sich der Münchner Zweitligist zu einer außerordentlichen Delegiertenversammlung getroffen in der Gaststätte Heide-Volm in Planegg, einer beschaulichen Gemeinde im Süd-Westen von München. Ein Punkt der Tagesordnung heißt: "Bestätigung des Präsidenten Hep Monatzeder". Doch zu einer Bestätigung kommt es nicht, im Gegenteil. Monatzeder wird nach einem hitzigen Abend abgelehnt - und das deutlich: Nur 66 Delegierte stimmen für ihn, 130 gegen ihn. Ein Präsident, der nicht bestätigt wird, das hat es selbst in der Geschichte des TSV 1860 München noch nicht gegeben. Der Verein stürzt sich damit noch weiter ins Chaos.

Das Votum gegen Monatzeder spielt nun wiederum Hasan Ismaik in die Karten. Der Jordanier ist seit 2011 mit Millionenbeträgen am TSV 1860 München beteiligt. Zuletzt war es jedoch zu immer heftigeren Reibereien zwischen Investor und Verein gekommen. Möglicherweise ist Ismaik nun wieder bereit, neues Geld fließen zu lassen - als Voraussetzung dafür hatte er genannt: Die Führungsebene müsse neu besetzt werden, Ismaik positionierte sich klar gegen Monatzeder.

Das Führungschaos des TSV 1860 München ist nach dieser Nacht noch größer, die Folgen nicht abzusehen. Möglichweise werden noch weitere Köpfe rollen. Es war Aufsichtsratsvorsitzender Otto Steiner, der Monatzeder als Präsidenten installieren wollte. Auch für Steiner ist dies somit eine peinliche Niederlage. Donnerstagnacht schloss Steiner einen Rücktritt nicht aus. "Das ist diskutiert worden bei uns", sagte er. "Wir wollten diese Entscheidung aber nicht aus Emotionen heraus treffen."

Geschäftsführer Robert Schäfer verließ den Saal, sein Gesichtsausdruck sprach Bände. "Das Votum der Delegierten haben wir zu respektieren", sagte der 37-Jährige. "Ich mache meine Arbeit - solange es gewünscht ist." Wie es mit ihm weitergeht, weiß Schäfer derzeit selbst nicht. Seine Ablösung ist eine der Hauptforderungen von Ismaik.

Auf der Versammlung in Planegg wurde auch deutlich: Ein Nein der Delegierten zu Monatzeder bedeutet nicht automatisch ein Ja zum Kurs von Investor Ismaik. Die Presse war vor der Wahl des Saales verwiesen worden, Delegierte berichteten, dass während der Versammlung ein Brief von Ismaik verlesen wurde. In dem Schreiben zieht der Jordanier über die Führungsebene her.

TSV 1860 München
:Delegierte stimmen gegen Monatzeder

Das Chaos beim TSV 1860 München wird immer größer: Die Delegierten haben erst die Presse ausgesperrt und dann um kurz vor Mitternacht gegen ihren Präsidenten gestimmt. Bis zur Mitgliederversammlung im Juni soll Hep Monatzeder im Amt bleiben.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

Außerdem heißt es: "Nie habe ich beabsichtigt, meine Beteiligung an dem Verein beziehungsweise an der KG zu veräußern, obwohl die Kooperation nicht gut genug war, was die Arbeit und die Ziele betraf. Ich liebe diesen Verein wirklich und betrachte 1860 als einen Teil meines Lebens und meiner Passion für Sport." Die Worte des Investors sollen für Gelächter und Unverständnis gesorgt haben.

In der Aussprache nach Monatzeders Rede kritisierten die Delegierten nicht den Kurs des Präsidenten zu Ismaik, sondern vor allem, dass der 62-Jährige bereits seit Jahren im Aufsichtsrat des Vereins sitzt und somit umstrittene Entscheidungen mitgetragen hat. Viele ärgert es besonders, dass sich der Grünen-Politiker, der Dritter Bürgermeister der Stadt ist, vor einigen Jahren gegen einen Erhalt des Grünwalder Stadions ausgesprochen hatte.

Wie der Verein künftig mit Ismaik kooperieren wird, ist auch nach diesem Abend unklar. Steiner schickte jedenfalls nach der Versammlung bereits wieder giftige Grüße an den Investor: "Er wird es sicherlich als einen Triumph empfinden, weil er Monatzeder nicht wollte. Ich bin der Meinung, er hat durch die ganze Haltung in den letzten Wochen dem Verein einen Bärendienst erwiesen."

Monatzeder wird nun noch einige Wochen im Amt bleiben. Erst bei der Mitgliederversammlung, die laut Aufsichtsratsvorsitzenden Steiner Mitte oder Ende Juni stattfinden wird, soll ein neuer Präsident gewählt werden. Doch wie kann ein Präsident, der keinerlei Rückhalt vom Verein und Investor hat, den angeschlagenen TSV 1860 wieder auf Kurs bringen? Den Mitgliedern und Anhängern stehen zwei Monate bevor, die den Verein noch weiter in den Abgrund stürzen könnten.

In seiner Rede vor den Delegierten sagt Monatzeder am Donnerstagabend: "Ich will, dass der Verein wieder erstklassig wird - sportlich, wirtschaftlich und menschlich." Es ist ein sehr sehr sehr weiter Weg.

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