TSV 1860 München:Delegierte stimmen gegen Monatzeder

Hep Monatzeder, TSV 1860 München, Fußball, Bundesliga, Zweite Fußball Bundesliga

Hep Monatzeder bei der Delegiertenversammlung in Planegg.

(Foto: dpa)

Das Chaos beim TSV 1860 München wird immer größer: Die Delegierten haben erst die Presse ausgesperrt und dann um kurz vor Mitternacht gegen ihren Präsidenten gestimmt. Bis zur Mitgliederversammlung im Juni soll Hep Monatzeder im Amt bleiben.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

Um 18.26 Uhr ging Hep Monatzeder noch einmal zur Toilette. Es lag ja ein langer Abend vor dem 1860-Präsidenten, der von den 209 anwesenden Delegierten des Klubs auf der außerordentlichen Versammlung in Planegg bestätigt werden wollte - ein letzter Höhepunkt auf der Spannungskurve.

Doch zuvor stand noch der Prolog zu dieser lange erwarteten Entscheidung an, und der zog sich doch ein wenig in die Länge. Schließlich standen erst einmal zahlreiche andere Tagesordnungspunkte an, etwa die Genehmigung des Protokolls der vergangenen Delegiertenversammlung und die Verabschiedung der neuen Satzung, die eine Mitgliederversammlung als oberstes Wahlgremium vorsieht und nach ausführlichen Erläuterungen erwartungsgemäß mit 180 Ja-Stimmen durchgewunken wurde.

Mit einem zünftigen "Auf-die-Löwen"-Gebrüll und "Die-Kameradschaft-macht-bei-Sechzig-alles-aus"-Gesang wurde die neue Demokratie gefeiert - um anschließend die Presse vor die Tür zu setzen. Es war nämlich so weit: Die Frage nach der Bestätigung Monatzeders stand an.

Und diese Frage wurde um kurz vor Mitternacht ziemlich deutlich beantwortet. Hep Monatzeder verlor die Wahl mit 66 zu 130 Stimmen. Bis zur Mitgliederversammlung wird er jedoch Präsident bleiben - und die findet laut Aufsichtsratsvorsitzenden Otto Steiner Mitte bis Ende Juni statt.

Der Grünen-Politiker Monatzeder versuchte sich nach Bekanntgabe des Ergebnisses aus dem Saal zu schleichen und sagte am Ausgang lediglich: "Ich kann ja gar nicht zurücktreten, aber das war's, ciao."

Auch Geschäftsführer Robert Schäfer verließ den Saal mit weißem Gesicht. "Ich mache meine Arbeit - solange es erwünscht ist", sagte er. Das Votum der Delegierten gelte es zu akzeptieren. Auch Steiner, der sich für Monatzeder als Präsidenten eingesetzt hatte, schloss einen Rücktritt nicht aus. Dem TSV 1860 München stehen einmal wieder chaotische Zeiten bevor.

Zu Beginn der Sitzung war eine geheime Wahl beantragt worden; zudem wurde beschlossen, dass alle Nichtdelegierten vor der Wahl den Raum verlassen mussten. Einige Nichtdelegierte wie Geschäftsführer Schäfer und der ehemalige Präsident Albrecht von Linde durften nach einer zusätzlichen Abstimmung im Saal bleiben: "Geladene Gäste" dürften nun bleiben, hieß es - blöd nur, dass die anwesenden Journalisten eine Einladung erhalten hatten. So musste nochmals abgestimmt werden.

Alle Anwesenden mussten den Saal verlassen, um sicherzustellen, dass nur Delegierte und Ehrengäste zurückkehrten. Die Journalisten versammelten sich im Vorraum der Gaststätte Heide-Volm, bauten dort ihr Arbeitsgerät auf und warteten, was drinnen passieren sollte.

Monatzeders Rede - leicht zu belauschen

Durch die Holztüren war Monatzeders Wahlkampfrede bestens zu vernehmen. Erst einmal freute er sich über den Ausschluss der Öffentlichkeit: "Meine Perspektive ist: hart und erfolgreich arbeiten und dabei keine Medienshow verursachen", sagte Monatzeder. "Deswegen bin ich auch so heilfroh, dass wir heute so ungestört reden können." Er sei "bewusst auch nicht ans Telefon gegangen, als die Medienleute angerufen haben. Ich hätte mich auch gut verkaufen und Wahlkampf betreiben können."

Damit hatte Monatzeder die Stimmung des Abends erfasst und zu nutzen versucht; darüber hinaus versuchte er wie erwartet, mit zwei Sachthemen zu punkten: Demnach liegen die Markenrechte nun wieder beim Verein - und es sei auch eine Finanzierungsmöglichkeit gefunden, die eine Rückführung des Jugendleistungszentrums ermögliche. Natürlich musste sich Monatzeder auch dem Vorwurf erwehren, er habe sich einst für einen Abriss des Grünwalder Stadions ausgesprochen: "Es gab nur einen Prüfauftrag, keinen Abrissbeschluss."

Dann nahm Monatzeder zu seinem zerrütteten Verhältnis zum jordanischen Investor Hasan Ismaik Stellung. "Es ist mir vollkommen schleierhaft, weshalb der Investor nach nur einem halben Jahr den Weg verlassen hat", sagte er in Anspielung auf den Dreijahresplan. "Der Verein hat alles, aber auch wirklich alles getan für eine faire Partnerschaft."

Zum Vorwurf, er habe Ismaik ohne Not ein Ultimatum gestellt, berichtete Monatzeder: "Wir haben ihm gesagt: Herr Ismaik! Wenn du ganz schnell in die erste Liga willst und einen neuen Sportchef möchtest, dann, Herr Ismaik, sagen Sie uns doch, in welchen Größenordnungen wir denken sollen. Deshalb der Dienstag."

Ismaik habe gepflegt, "Vereinsangestellte zu Lieblingen zu erklären, um sie dann nach eigenem Gutdünken wieder abzumeiern" und versucht, "die Delegiertenversammlung über die Medien manipulieren zu lassen". Ismaik wiederum wollte kontern und von einem Delegierten einen Brief verlesen lassen, in dem er sich als "Opfer einer perfekten Verschwörung" beschrieb.

Nun war es ja so, dass jede Stimme für Monatzeder eine gegen Ismaik war, zumal der Politiker an diesem Abend auf die Scherben dieser seltsamen Partnerschaft noch einmal kräftig eindrosch; umgekehrt ließ sich allerdings nicht behaupten, dass jede Gegenstimme bei der Präsidentenwahl eine für Ismaik bedeutete. Zahlreiche Delegierte hatten betont, man könne ja auch beide Protagonisten schlecht finden - und diese für 1860 sinnige Argumentation hatte durchaus zahlreiche Anhänger.

Argumente gegen Monatzeder waren neben seinem Konfrontationskurs zu Ismaik eher: sein langes Wirken im Aufsichtsrat zu unseligen Zeiten, oder schlicht die Tatsache, dass er "ein Politiker" ist. In der Aussprache nach seiner Rede schienen diese Nachteile jedenfalls manchem Redner auf dem Herzen gelegen haben. Wortbeiträge für den Politiker hielten sich in Grenzen. Dafür meldeten sich zahlreiche Delegierte zu Wort, die am Ende betonten, Monatzeder nicht im Amt bestätigen zu wollen. Und so kam es dann auch um kurz vor Mitternacht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: