Cristiano Ronaldo:Hüftschwung gegen Störenfriede

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Die Freude hielt sich in Grenzen bei Cristiano Ronaldo, nachdem ihn Rasen-Flitzer überraschten. (Foto: REUTERS)
  • Vier Rasen-Flitzer stürmten zum Ende des Champions-League-Spiels von Bayer Leverkusen und Juventus Turin aufs Feld.
  • Alle rannten in Richtung des Portugiesen Cristiano Ronaldo, der nach einer Weile sichtlich verärgert war.

Von Philipp Selldorf, Leverkusen

Als sich Cristiano Ronaldo kurz vor Mitternacht auf den Weg machte, um in der Tiefgarage den Teambus zu besteigen, begleiteten ihn drei Leibwächter. Das mag übertrieben erscheinen, denn der Weg führte ihn nicht durch freies Gelände, sondern durch die abgesperrte Interviewzone, aber der Abend in der Bayarena hatte gezeigt, dass der superprominente Portugiese vor Aufdringlichkeiten seiner Verehrer nirgendwo sicher ist. Vier Invasoren hatten gegen Ende des Spiels zwischen Bayer Leverkusen und Juventus Turin mit unerwünschten Alleingängen den Rasen gestürmt, um dem Star nahe zu sein: Der Erste gelangte ans Ziel, dem Zweiten wich Ronaldo mit einem Hüftschwung aus, der Dritte wurde im Gerangel abgewehrt, der Vierte verlor die Orientierung, bevor ihn die Ordner erwischten. Ein weiterer Abenteurer konnte abgefangen werden.

Die Verfolgungsjagden waren für die Zuschauer spannender als das Fußballspiel, das Juventus durch ein Tor von Ronaldo und einen Treffer von Gonzalo Higuaín in der Nachspielzeit 2:0 gewann. Lustig fand die ungebetenen Besucher allerdings keiner der Beteiligten - Ronaldo schon gar nicht. Den ersten Bewunderer hatte er noch toleriert, später war er sichtlich verärgert über die fortgesetzten Belästigungen. "So etwas habe ich noch nicht erlebt", sagte Bayer-Trainer Peter Bosz, "so etwas sollte nicht zum Fußball dazugehören."

Dass dieses Spiel, das sportlich nur noch bescheidene Brisanz hatte, besondere Anforderungen an die Sicherheit stellte, darüber hatte man sich bei Bayer 04 schon vor Anpfiff Gedanken gemacht. Die spezielle Anziehungskraft des italienischen Meisters ließ sich aus den Bewegungen auf dem Ticketmarkt ableiten, in Deutschland heimische Juve-Tifosi hatten sich auf kuriosen Wegen für viel Geld Karten besorgt. Der Ordnungsdienst sei jedoch machtlos gewesen, als zwei bzw. drei der Flitzer auf dem Weg über die Ersatzbank den Rasen enterten, betonte ein Verantwortlicher.

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Als der Juve-Bus davonfuhr, begleitete ihn das Cristiano-Geschrei der Tifosi

Die Uefa behandelt diese Art der Störenfriede einerseits als nicht existente Phänomene - im TV-Bild werden sie ausdrücklich ausgeblendet, um den Tätern kein Publikum zu geben. Andererseits ahndet sie diese Vorfälle auf Kosten der gastgebenden Klubs. Der letzte Flitzer-Vorfall in der Champions League liegt in Leverkusen schon ein paar Jahre zurück, er kostete den Verein 5000 Franken. Ob es jetzt "Mengenrabatt oder Top-Zuschlag" gebe, wisse man nicht, hieß es sarkastisch. Die weiteren Folgen stehen hingegen fest: Die Platzstürmer erhalten ein bundesweites Stadionverbot, eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs und eine Schadenersatzforderung. Im konkreten Fall habe es sich ausschließlich um in Deutschland lebende Juventus-Fans gehandelt, ließ Bayer 04 Leverkusen wissen.

Ronaldo schoss sein 128. Champions- League-Tor, "auf einmal war er dort, wo ein Stürmer sein muss", sagte Bayer-Verteidiger Dragovic anerkennend. Das 1:0 (75.) hatte aber nur noch geringe Auswirkungen aufs Gemüt der Leverkusener. Nachdem sie in der ersten Halbzeit einigermaßen ebenbürtig mitgehalten und durch Diabys Gewaltschuss den Pfosten getroffen hatten, ließen sie Turin danach den Vortritt. In der Pause hatte in der Kabine die Runde gemacht, dass Atlético Madrid im Parallelspiel gegen Lok Moskau vorne lag. Das dämpfte offenbar den Kampfgeist der Bayer-Elf, die nur noch bei einem Atlético-Patzer ins Achtelfinale kommen konnte.

Bosz war dennoch nicht unzufrieden mit dem Auftritt: "In der ersten Halbzeit waren wir die bessere Mannschaft. Trotzdem hat Juve gewonnen, daraus können wir lernen." Bayer kann von den Erfahrungen nun in der Europa League profitieren. Ronaldo, auch in der Mixed Zone umschwärmt wie kein Zweiter, gab noch versöhnlich bekannt, dass er erstens mit sich und seinem Fitnesszustand zufrieden sei und dass er zweitens ein Treffen mit seinem Ex-Verein Real Madrid erst im Finale erleben möchte. Als der Juve-Bus davonfuhr, begleitete ihn das "Cristiano"-Geschrei der Tifosi, die in der kalten Nacht dafür ausgeharrt hatten.

© SZ vom 13.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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