Von denjenigen, die schon mal das Vergnügen hatten, mit Joachim Löw Fußball zu spielen, heißt es, er neige dazu, aufgrund vorhandener technischer Fertigkeiten eher mal einen Kreisel zu viel als zu wenig zu drehen. Lieber streichle Löw noch heute, mit 55, den Ball mit der Sohle, lieber hebe er ihn mit einem Schuhspitzen-Lupfer über den Torwart, als ihn profan ins Netz zu dreschen. Löw war einst dennoch ein gefährlicher Zweitliga-Torjäger des SC Freiburg. Und dies, obwohl er ganz anders zu Werke ging als zum Beispiel Gerd Müller, der seine Rezeptur in einem Satz zusammenfasste: "Am schönsten ist ein Schuss ins leere Tor!"
Will heißen: Nur das Ziel ist das Ziel, niemals könne der Weg dorthin schöner sein als das Erreichen des Ziels selbst. Kein eleganter Fallrückzieher von Uwe Seeler oder Klaus Fischer, ja nicht einmal ein schneidiger Flugkopfball von Jürgen Klinsmann oder Rudi Völler sei wertvoller als das, was der Strafraum-Held des FC Bayern sogar auf dem Hosenboden sitzend zu Wege brachte. Müller war der Kaiser der vermeintlich einfachen Tore, die er selbst besang: "Dann macht es bumm, ja und dann kracht's, und alles schreit: der Müller macht's!"
US-Sieg gegen DFB-Elf:Im 1001. Versuch könnte es klappen
Ein College-Spieler bereitet den Siegtreffer vor, ein Zweitliga-Fußballer vollstreckt: Trainer Jürgen Klinsmann formt mit seinen Visionen aus dem US-Team eine starke Mannschaft.
Dieses Dann-macht-es-bumm vermisst Joachim Löw nicht erst seit gestern. Nach dem 1:2 gegen die USA klagte der Bundestrainer deutlicher als je zuvor, bei manchem der Müller-Erben fehle ihm "die Geilheit, unbedingt ein Tor machen zu wollen". Löw fehlt das, was neudeutsch "der Punch" genannt wird. Von der Bank aus sah er zu, wie seine Hochbegabten, seine Schlenzer&Schnibbler, wie nicht nur Mesut Özil oder Mario Götze schönste Chancen verdaddelten (und Marco Reus war jetzt in Köln noch nicht einmal dabei). Dabei ist der Punch eher keine Frage von Haarfarbe oder Körpergröße - Lionel Messi hat ihn, und der misst gerade mal 1,70 m.
Was tun? Löw, der Badener Filigran, könnte das Scheiberln&Schieben seiner verspielten Wiedergänger qua Befehl auf den Index setzen: "Nit schlenze!!!" Das tat er häufiger mit Dingen, die ihm auf dem Rasen missfallen haben. So verbot er schon mal Mats Hummels die langen Bälle. Oder seiner Mannschaft den Nahkampf am Boden: "Nit grätsche!!!"
Einer wie Mario Götze hat ihn ja auch, den Punch. Wegen ihm ist Deutschland Weltmeister, aber Götze vergisst seinen Punch halt bisweilen in der Kabine.