Champions League:Schweinsteiger flüchtet in den Bus

Lesezeit: 3 min

Bastian Schweinsteiger (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Bastian Schweinsteiger ist in Wolfsburg der Mittelpunkt eines behäbigen Manchester United. Nach dem 2:3 muss der Renommierklub in die Europa League.
  • England giftet aber vor allem gegen Trainer van Gaal.
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Von Korbinian Eisenberger, Wolfsburg

Der Fußballlehrer Louis van Gaal hatte sich dem Anlass entsprechend mit einer rot-weißen Krawatte geschmückt. Der Anlass hätte sein sollen, dass sein Team Manchester United ins Achtelfinale der Champions League einzieht, standesgemäß, so das Selbstverständnis des englischen Rekordmeisters. Stattdessen musste van Gaal sich nach der 2:3-Niederlage in Wolfsburg zum vorzeitigen Aus erklären. Und zu einem seiner Spieler, wegen dem die deutsche Fußball-Öffentlichkeit seit dieser Saison besonders auf die Insel schaut: Bastian Schweinsteiger.

Der Niederländer van Gaal hatte den Weltmeister-Kapitän in dieser Dienstagnacht nach 69 Minuten ausgewechselt - wieder einmal. Vor allem an ihm machte Van Gaal fest, dass Anspruch und Wirklichkeit bei United derzeit weit auseinander klaffen.

"Ich tausche einen Spieler nicht einfach so aus", berichtete van Gaal, sondern weil er glaube "dass es mit anderen Spielern besser läuft". Mit Michael Carrick, der für Schweinsteiger ins Spiel gekommen war, änderte sich am behäbigen Spiel von Manchester allerdings wenig, der Ausgleich zum 2:2 (82.) entstand durch ein Zufallsprodukt, bei dem am Ende der Wolfsburger Josuha Guilavogui den Ball ins eigene Tor bugsierte (82.). Dennoch richtete van Gaal seine Kritik vor allem an Schweinsteiger: "Er will auf dem höchsten Level spielen, besonders in Deutschland", sagte er. Das habe nicht geklappt. "Ich kann nicht sagen, dass er der Schweinsteiger war aus meiner Zeit in München."

Schweinsteiger schwieg an diesem Abend, er flüchtete nach der Dopingkontrolle kurz vor Mitternacht in den Mannschaftsbus. Es sind schwierige Tage für den 31-Jährigen, die schwierigsten, seit er im Sommer nach 16 Jahren beim FC Bayern auf die Insel wechselte. Schon vor dem Wolfsburg-Spiel hatte van Gaal moniert, dass derzeit "nicht der beste Schweinsteiger" auf dem Feld stehe, er erwarte von ihm mehr Tore. Bisher gelang Schweinsteiger ein Treffer und dabei könnte es bis Weihnachten erst mal bleiben: Nach dem 0:0 am Samstag gegen West Ham droht Schweinsteiger eine nachträgliche Sperre von bis zu drei Ligaspielen. Es geht um einen Ellenbogencheck, den der Schiedsrichter übersehen hatte. Der englische Verband ermittelt.

In Wolfsburg hatte Schweinsteiger im defensiven Mittelfeld begonnen und sein Team im gewohnten 4-1-4-1-System von hinten raus dirigiert. Gekleidet wie in Münchner Winterzeiten, mit einer Kombination aus kurzen Ärmeln und Handschuhen, verteilte er die Bälle auf die Außen und hatte bis zu seiner Auswechslung die meisten Ballkontakte seiner Mannschaft. Und doch erinnerte wenig an jene kriegerartigen Auftritte, etwa im gewonnen WM-Endspiel gegen Argentinien, wo er sich im Stile eines Berserkers zwischen Ball und Gegner gestellt hatte. Schweinsteiger agierte zwar auch in Wolfsburg gewohnt passsicher, bestritt aber kaum Zweikämpfe - und von den wenigen gewann er nur 20 Prozent.

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Entscheidend war er beim 2:1 der Wolfsburger beteiligt, als er im Mittelfeld Julian Draxler kampflos gewähren ließ. "Da hat er falsch spekuliert", erkannte Draxler richtig. Schweinsteiger stand ziemlich verloren in der Gegend herum, Draxler munterte ihn später auf: "Ich glaube, Basti hat in seiner Karriere soviel erlebt, dass er das gut wegsteckt. Da mache ich mir überhaupt keine Gedanken."

In England beginnt bereits eine Art Abgesang, allerdings weniger auf Schweinsteiger als auf seinen Cheftrainer. Die Boulevardzeitung The Sun schreibt, der Holländer stehe jetzt "unter großem Druck". Die Daily Mail spricht gar von einer ultimativen Katastrophe: "Verlierer van Gaal erreicht einen neuen Tiefpunkt." United-Legende Paul Scholes kommt darin zu der Analyse, dass Manchester "in jedem Gruppenspiel schlecht gespielt" habe. "Dass sie jetzt draußen sind, überrascht mich nicht", zitiert ihn die Daily Mail. "Die Mannschaft, die für so lange Zeit wie ein Mercedes geschnurrt hatte, hustete und stotterte, während Spieler mit VW-Logos auf der Brust immer wieder an ihm vorbeirasten", giftete der Guardian.

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Der Trainer selbst übt sich in Durchhalteparolen: "Ich bin enttäuscht, dass wir draußen sind, aber wir haben noch genug für das wir kämpfen können." Im englischen FA-Cup ist Manchester noch vertreten, in der Liga liegt das Team auf Rang vier, in Reichweite zum Ersten Leicester City. "Das Ausscheiden ist natürlich ein Schritt zurück, aber man hat auch einige junge Spieler gesehen, die ziemlich gut gespielt haben", sagte van Gaal. Schweinsteiger meinte er damit nicht, für ihn hatte er eine andere Botschaft parat, die bei all der Kritik fast wie ein Friedensangebot klang. "Wir sind alle nur Menschen", sagte er "und ich bin mir sicher, dass er in dieser Saison noch seine wahre Stärke zeigen wird. Und die Saison ist noch lang".

Ob van Gaal das Ende der Saison noch erlebt, dabei sind sich zumindest die englischen Wettanbieter immer unsicherer. In den Büros sank die Quote für Einsätze auf Louis van Gaal als nächsten gefeuerten Liga-Trainer nach Abpfiff um die Hälfte. Ein kleiner Trost: Die Quote für Trainerkollege José Mourinho vom kriselnden FC Chelsea ist immer noch fünfmal schlechter.

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