Champions League:Hundertdrei zu sechs

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Bayerns erfolgreichste Torschützin: In dieser Saison hat Lea Schüller (vorne) wettbewerbsübergreifend bereits 21 Mal getroffen. Auf Platz zwei folgt Sydney Lohmann mit 13 Toren. (Foto: Sebastian Widmann/Getty Images)

Am Donnerstag könnten die Fußballerinnen des FC Bayern zum zweiten Mal in ihrer Geschichte das Halbfinale der Champions League erreichen. Seit 25 Partien sind sie ungeschlagen und beeindruckend dabei ist vor allem die dazugehörige Torbilanz ihrer äußerst erfolgreichen Offensive.

Von Anna Dreher, München

Bei diesem Tor haben sie sich beim FC Bayern an sich selbst erinnert gefühlt. Als Lineth Beerensteyn in den Lauf von Klara Bühl passte, die den Ball dann kurz nach der Strafraumgrenze diagonal mit ein wenig Hilfe vom rechten Pfosten zum 2:0 ins Tor schoss. Ein gut durchdachter, sauber ausgeführter Überfall, bei dem die Fußballerinnen des FC Rosengård im Hinspiel des Champions-League-Viertelfinals nur staunend zuschauen konnten. Zack, zack! Viel zu schnell ging das. Dieses Schema hatte es ganz ähnlich vor fast einem Jahr schon mal gegeben. Als Robert Lewandowski im Achtelfinalhinspiel der Königsklasse gegen den FC Chelsea an der Stamford Bridge Serge Gnabry eine feine Vorlage gab, Gnabry in den Strafraum rannte, von links nach rechts abschloss und der Ball knapp hinter dem Pfosten ins Tor rauschte.

Eine Szene aus einem Kapitel einer historischen Saison. Wie die Geschichte weiterging, ist bekannt. Die Fußballer des FC Bayern gewannen 2020 den Titel in der Champions League, in der Bundesliga, im Pokal und überhaupt alles, was es zu gewinnen gab. Und so schwang also bei der Gegenüberstellung beider Tore in einem Videoclip auf den Social-Media-Kanälen auch ein Gefühl der Zuversicht mit, dass diese Szene gegen Rosengård womöglich in einigen Wochen ebenso für eine erfolgreiche Saison stehen könnte. Derzeit zumindest spricht wenig dagegen. Seit 25 Partien sind die Fußballerinnen des FC Bayern ungeschlagen, den Gegnerinnen ist bisher nicht mal ein Unentschieden gelungen. Auch im Viertelfinal-Rückspiel in Schweden am Donnerstag (19 Uhr, Sport 1) dürfte sich daran nichts ändern.

Formtief? Gab es bisher keines

Nach dem 3:0 im Hinspiel in München hatte Trainer Jens Scheuer gesagt: "Was zu verlieren haben, das kennen wir nicht, weil wir eine sehr gute Runde spielen, wir haben sehr viel Selbstvertrauen." Vor der Saison war das schon zu spüren, der Kader wurde prominent verstärkt, die Ziele ehrgeizig formuliert. Seit die Spielzeit Anfang September mit einem 6:0 gegen den SC Sand losgegangen ist, scheint sich dieses Selbstvertrauen mit jeder Partie immer weiter zu steigern, wie auch die Souveränität, die die Münchnerinnen ausstrahlen. Und wenn nicht bald ein Klub mit einer Idee aufkommt, wie die rasante Fahrt abgebremst oder gar gestoppt werden könnte, dürfte der FC Bayern fröhlich weiterdüsen in Richtung ein, zwei oder womöglich sogar drei Titel.

Mit fünf Punkten Vorsprung auf den VfL Wolfsburg führt der FC Bayern die Bundesliga als ungeschlagener Erster an. Im DFB-Pokal könnte am Ostersonntag (14 Uhr, ARD) gegen den Doublesieger der Einzug ins Finale gelingen. Hinzu kommt der mögliche Platz unter den besten vier europäischen Klubs in der Champions League. Formtief? Gab es bisher keines. Und wo die Defensivreihe um Carina Wenninger und Marina Hegering zuverlässig ein diszipliniertes kollektives Verteidigen antreibt, fällt vor allem die Arbeit in der Offensive auf. Was die Dominanz des FC Bayern so außergewöhnlich macht, ist ja nicht nur die Siegesserie allein, sondern auch die dazugehörige Bilanz: 103 Tore geschossen, nur sechs Tore kassiert. Hundertdrei zu sechs.

Trainer Jens Scheuer kann auf eine hohe Flexibilität und Verlässlichkeit setzen

Lea Schüller ragt dabei heraus. Die 23-jährige Angreiferin ist mit 21 wettbewerbsübergreifenden Treffern die erfolgreichste Torschützin des FC Bayern. In der Sturmspitze gilt sie als gesetzt nach einer Phase, in der Scheuer sie vermehrt einwechselte. Außen zeigt Klara Bühl, 20, immer mehr Abgeklärtheit. Der Treffer gegen Rosengård war ihr elfter diese Saison. Die Niederländerin Beerensteyn, 24, eröffnet mit ihrer Dynamik und ihren Laufwegen beständig gute Möglichkeiten. Dass Sydney Lohmann, 20, derzeit keine davon nutzen und ihren 13 Treffern weitere folgen lassen kann, lag zuletzt an muskulären Problemen. Viviane Asseyi, 27, kam aus Frankreich als drittbeste Torschützin der Division 1 Féminine - und strahlt permanent Gefahr aus. Hinzu kommt die gerade in letzter Zeit im offensiven Mittelfeld äußerst auffällige Linda Dallmann, 26. Selbst die Abwehr trifft verlässlich: Marina Hegering, 30, bereits sieben Mal, speziell bei Standards.

Scheuer kann auf eine hohe Flexibilität und Verlässlichkeit setzen. Das so lange - selbst zu Beginn dieser Saison - bemängelte Manko einer effektiven Chancenverwertung ist keines mehr. Der 42-Jährige verändert seine Formation immer wieder, eingespielt wirkt sie dennoch. "Wir können uns auf unsere Stärken konzentrieren. Egal ob gegen Duisburg, Rosengård oder andere Gegner: Wir konnten zuletzt unsere Spiele gewinnen, weil wir sie mit verschiedensten Herangehensweisen angehen können", sagt Scheuer. "Wir sind, was unsere Stärken anbelangt, breit aufgestellt."

Sollte der FC Bayern diesen Trumpf erneut ausspielen können, dürfte am Donnerstagabend der Einzug ins Halbfinale stehen. Dort würde der FC Chelsea warten, der am Mittwoch Wolfsburg bezwang. Einmal ist der FC Bayern in der Champions League bisher so weit gekommen, 2019. Seitdem ist einiges passiert.

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