Achraf Hakimi beim BVB:Matador in der Stierkampf-Arena

Lesezeit: 3 min

  • Borussia Dortmund liegt in der Champions League zur Pause 0:2 gegen Inter Mailand zurück - gewinnt aber noch 3:2.
  • Überragender Mann ist Achraf Hakimi. Er hat nun vier von fünf Toren des BVB in der Gruppenphase erzielt.
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Von Felix Meininghaus, Dortmund

Lucien Favre blieb sich auch nach diesem wirklich wilden Spiel treu. 3:2 gegen den europäischen Adel von Inter Mailand, nach einem Pausenrückstand von 0:2, es hat im internationalen Fußballgeschehen schon Trainer gegeben, die wegen weit weniger ausgeflippt sind. Doch der 62-Jährige war nach den 90 Minuten, die wie eine Berg-und-Tal-Fahrt in den Schweizer Alpen anmuteten, die Ruhe selbst. In der Pressekonferenz ließ er auf Nachfrage immerhin verlauten: "Er ist immer extrem offensiv, egal, ob als Verteidiger oder als Flügelspieler. Er spürt die Situationen, das hat er heute sehr, sehr gut gemacht."

In Favres Welt darf das als euphorische Meinungsäußerung verbucht werden; die Rede war von Achraf Hakimi, der spielbestimmenden Figur, dem Matchwinner oder auch Helden des Abends, wenn man die Dinge so verdichten will, wie es Favre nie tun würde. Der junge Mann aus Nordafrika war der Protagonist, der den aus Dortmunder Sicht positiven Spielausgang mit seinen beiden Treffern maßgeblich beeinflusste. Es ist wirklich erstaunlich, vier von fünf Toren des BVB hat der schnelle Marokkaner in der diesjährigen Champions-League-Vorrunde erzielt. Diese ohnehin schon beeindruckende Statistik mutet noch verblüffender an, wenn man bedenkt, dass Hakimi vor eineinhalb Jahren aus Madrid geholt wurde, um die Defensive der Borussia zu stabilisieren.

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Auch gegen Inter kam Hakimi hinten rechts in der Viererkette zum Einsatz, war also nominell dazu bestimmt, gegnerische Tore zu verhindern. Doch de facto gab er den wohl offensivsten Außenverteidiger in der Geschichte der Königsklasse.

Es war Hakimis größter Auftritt bislang

Für die Borussen ist es wunderbar, dass Hakimi bis zum Ende dieser Saison im schwarz-gelben Trikot über den Rasen sprintet. Und betrüblich, dass er danach mit großer Sicherheit in die spanische Hauptstadt zurückkehren wird, weil sein Leihvertrag ausläuft. Nach Lage der Dinge wird Real Madrid wohl kaum davon zu überzeugen sein, einen Spieler mit diesen Möglichkeiten auf Dauer für einen anderen Arbeitgeber abzustellen.

Doch noch wirbelt Hakimi für die Westfalen, dieser Herbstabend gehörte ihm, es war der bislang größte Auftritt einer noch jungen Karriere, die eine große werden könnte. Nach seinem zweiten Treffer zum 3:2 stieg Hakimi auf die Bande und zelebrierte den Moment wie ein Matador in der Stierkampf-Arena. In der Nachspielzeit zeigte er mit einer Monstergrätsche, dass er auch seine defensive Kernkompetenz noch nicht komplett vergessen hat. Und was sagte der Mann des Abends? Der äußerte sich bescheiden und damit ganz im Sinne seines Lehrmeisters Favre: "Ich habe viel gearbeitet und freue mich einfach, dass ich der Mannschaft mit meinen Toren helfen konnte."

Es war eine erstaunliche Wendung unter Flutlicht, auf den nach der ersten Halbzeit nur Utopisten gewettet hätten. Vor dem Seitenwechsel prallten die Dortmunder Offensivbemühungen am gegnerischen Bollwerk ab wie Tennisbälle an einer Betonwand. Im Fachjargon der kickenden Zunft wird manchmal von Männerfußball gesprochen, wenn es darum geht, sich gegen einen massiv verteidigenden Gegner mit Überzeugung und Leidenschaft durchzusetzen. Doch im Vergleich zu Inter Mailands Abwehrrecken wirkten die Offensivkräfte des BVB wie pubertierende B-Jugendliche.

90 Minuten im Hinspiel und 45 Minuten beim zweiten Vergleich bissen sich die Dortmunder an der italienischen Abwehr fest und nichts deutete darauf hin, dass sich die Dinge ändern könnten. Umso erstaunlicher, dass die Aktionen des BVB in der zweiten Halbzeit plötzlich wie durch Zauberhand Wucht und Überzeugung austrahlten. Dieser Umstand zauberte ein Lächeln auf das Gesicht von Abwehrchef Mats Hummels. "Wir wollten uns wehren", sagte der Weltmeister von 2014, "aber dass es so gut klappt, hätte ich eigentlich nicht gedacht."

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Sein Kollege Julian Brandt, dem der Treffer zum 2:2 gelang, ergänzte: "Das fühlt sich brutal gut an. Es ist bitter, wenn du in der ersten Hälfte zwei Tore frisst, aber unsere Reaktion war der absolute Wahnsinn." Zur permanenten Achterbahnfahrt, die sein Team derzeit erlebt, wusste der Nationalspieler ebenfalls Erhellendes beizusteuern: "Wir stecken noch ein Stück weit in der Entwicklung, da gebe ich allen Zweiflern recht. Aber wenn alles perfekt passen würde, wäre das ja irgendwie auch langweilig."

Auf alle Fälle sind es ebenso aufregende wie intensive Wochen für die Dortmunder, die in drei Wettbewerben von Spiel zu Spiel hetzen. Hummels hatte das Spektakel gegen Inter gerade hinter sich gebracht, da wurde er schon auf den anstehenden Bundesliga-Gipfel in München angesprochen. Man müsse am Samstag bei den Bayern "exakt so wie heute in der zweiten Halbzeit dagegenhalten", betonte der Mann, der bis zum Sommer noch das rote Trikot trug: "Sonst wird das ein ganz schwerer Gang."

So weit mochte sein sportlicher Vorgesetzter in dieser denkwürdigen Nacht nicht denken. Er werde mit Sicherheit "nicht über Samstag sprechen", gab Lucien Favre zu Protokoll: "Heute genießen wir nur dieses Spiel."

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