Champions League:Abschied vom Killerfoul

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Hartes, aber faires Spiel: Xabi Alonso (Mitte) gegen Thomas Müller (Foto: Gerard Julien/AFP)

Das Halbfinal-Rückspiel zwischen dem FC Bayern und Real Madrid könnte jenen Trend bestätigen, den Pep Guardiola bereits beim FC Barcelona setzte: Das Foul muss kein Stilmittel mehr für die ganz großen Siege sein. Das lässt sich schon an den Beinen von Thomas Müller erkennen.

Ein Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Es gilt, einen Rekord zu würdigen, für den ausnahmsweise einmal nicht der FC Bayern verantwortlich ist. Einen Rekord, der einen zivilisatorischen Fortschritt beschreibt, auch wenn frühestens nach Abschluss der WM in Brasilien festgestellt werden kann, ob er dauerhaft stilbildend ist.

Borussia Mönchengladbach ist es am Sonntagabend im Bundesligaspiel auf Schalke gelungen, die Zahl der Fouls auf die Zahl der Tore zu reduzieren: ein Foul, ein Tor, ein 1:0. Hätte sich nicht Verteidiger Roel Brouwers in der 90 Minute genötigt gesehen, doch noch einmal taktisch reinzugrätschen, hätte die Borussia zumindest in den erweiterten Kreis der Kandidaten für den Friedens-Nobelpreis aufrücken können. Schließlich war es kein Spiel in Freundschaft, für beide Klubs ging es um nicht weniger als den Einzug in die Europacup-Wettbewerbe.

Vermutlich werden die Gladbacher Rasen-Pazifisten des Lucien Favre die Champions League am Ende doch verfehlen, allerdings dürfte ihre Idee vom körperlosen Spiel dort auch in der kommenden Saison gut vertreten sein. Denn vor Anpfiff des Halbfinal-Rückspiels gegen Real Madrid, so die Statistik, haben die Bayern-Profis von Pep Guardiola erst halb so viele gelbe Karten eingesammelt wie im Vorjahr beim Titelgewinn unter Jupp Heynckes. Und auch dessen Spielidee war zwar etwas mehr auf Sicherheit angelegt als die von Guardiola, aber Heynckes sah sich nie der Destruktion verpflichtet. Sein Ziel war es immer, nicht weh zu tun, sondern zu gestalten.

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All diese Daten werden erst seit gut zwei Jahrzehnten und immer mehr mit dem Fleiß der NSA gesammelt, aber es darf als historisch gesichert gelten, dass die Gladbacher Bilanz einmalig ist: dass es in 51 Jahren Bundesliga nie zuvor ein foul-freies Spiel gegeben hat. Wie war das denn, damals, als die Eisenfüße durch die Glückauf-Kampfbahn von Gelsenkirchen grätschten? Oder als bei Europacup-Ausflügen zu Real Madrid die nackte Angst mitreiste?

Berüchtigt war das Killerfoul in den ersten fünf Minuten - dann, wenn der Schiedsrichter zunächst mal verwarnte, und nicht sofort Rot zog. Erst kam bei Real der legendäre Camacho geflogen, dann der legendäre Juanito, und mancher Bayern-Profi packte sich vier Schienbeinschoner ein. Zwei für vorne, zwei hinten für die Wade. Allein deshalb wird es interessant, Thomas Müller gegen Real auf die seltsamen Beine zu schauen.

Müller pflegt ein eigenwilliges Outfit, so auch am Samstag beim 5:2 gegen Bremen: die eine Socke oben, die andere Socke unten. Dass da noch - wie offiziell verlangt - vorne ein schmaler Schoner drinsteckt, lässt sich nur vermuten. Im Hinspiel in Madrid war Müller vorsichtiger, da blieben die roten Socken oben, am Ende aber war an der einstigen Wirkungsstätte von Camacho & Juanito kein böses Foul und nur eine gelbe Karte (Isco) dokumentiert.

Auch wenn dies garantiert nicht die Werte des Rückspiels sein werden, könnte dieses finale Halbfinale jenen Trend bestätigen, den Guardiola bereits beim FC Barcelona setzte: dass das Foul aus der Mode ist. Dass das Foul kein Stilmittel für die ganz großen Siege sein muss.

© SZ vom 29.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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