Fußball-Bundesliga:Nichts gefressen

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Marco Reus (links), hier mit Marius Wolf, schießt die Dortmunder im Freitagsspiel zum Sieg - und zur kurzzeitigen Tabellenführung. (Foto: Bernd Thissen/dpa)

Dortmunds Stürmer erklärt den 1:0-Sieg gegen Hoffenheim auf kulinarische Art, Torschütze Reus und Trainer Terzic fordern mehr Offensive. Zwar war der BVB nun kurzzeitig Tabellenführer, doch den Verein treiben Personalsorgen um.

Von Ulrich Hartmann

Kulinarische Contenance wirkt Wunder. Sogar beim Fußball. "Wichtig war", sagte der Angreifer Julian Brandt nach Borussia Dortmunds 1:0-Sieg gegen die TSG Hoffenheim, "dass wir kein Gegentor gefressen haben." Derlei Fressattacken sind den Dortmundern vergangene Saison aufs Gemüt geschlagen. 52 Gegentreffer in 34 Bundesligaspielen waren eines Vizemeisters nicht würdig. Den Trainer Marco Rose hat es sogar den Job gekostet. Edin Terzic wurde auch deshalb installiert, um das zu therapieren. Und bislang gelingt es ganz gut.

In sechs Pflichtspielen dieser Saison hat Dortmund vier Mal zu Null gespielt, vier Mal kein einziges Gegentor, nun ja: gefressen. Zum dritten Mal binnen fünf Ligaspielen stand am Freitagabend gegen Hoffenheim ein 1:0-Erfolg. Dieser asketischste aller Siege ist nicht gerade Sterneküche, eher Möhrchenknabbern. Aber satt werden kann man auch von Rohkost. Mit vier Siegen aus fünf Spielen hat der BVB die Nacht zum Samstag - bis zum Sieg des SC Freiburg gegen Bayer Leverkusen - auf dem ersten Platz der Tabelle verbracht. Terzic war zufrieden. "Offensiv wollen wir natürlich besser werden und mehr Tore schießen", sagte er. Zu den Möhrchen soll es also auch mal einen Dipp geben. Spätere Sterneküche nicht ausgeschlossen.

"Vorne müssen wir kaltschnäuziger werden", sagte der Torschütze Marco Reus. Bereits in der 16. Minute hatte er das siegbringende Tor erzielt. Es fiel ein bisschen zufällig, aus dem Gewühl heraus. Hoffenheim spielte nach dem Gefühl seines Mittelfeldmanns Sebastian Rudy "zu schlampig". Daraus resultierte die zweite Saison-Niederlage, obwohl man am Ende noch Chancen zum Ausgleich erhielt. Die Dortmunder wurden nämlich wieder "zittrig", wie Brandt befand. Dies rührte von jener 2:3-Heimniederlage vor zwei Wochen her, als sie gegen Werder Bremen eine 2:0-Führung in den letzten sechs Minuten noch verspielt, drei Gegentore bekommen und 2:3 verloren hatten. "Danach waren wir geschockt", erinnerte sich Reus. Umso heilsamer war dieses 1:0 gegen Hoffenheim, eine Woche nach einem gleichlautenden 1:0-Sieg bei Hertha BSC in Berlin.

Doch auch als kurzzeitiger Tabellenführer umtreiben den BVB Sorgen. Mittelstürmer Sebastien Haller unterzieht sich bekanntlich einer Chemotherapie und kann länger nicht mitspielen. Rechtsverteidiger Mateu Morey muss sich nach monatelangem Ausfall wegen eines kaputten rechten Knies nun auch am linken operieren lassen und fällt wieder monatelang aus. Mittelfeldspieler Mahmoud Dahoud wird an der Schulter operiert und wird in diesem Kalenderjahr kaum mehr mitwirken können. Gegen Hoffenheim fehlten zudem Raphael Guerreiro (unpässlich), Donyell Malen (muskuläre Probleme) sowie Karim Adeyemi (Zehenverletzung) und der Flügelstürmer Jamie Bynoe-Gittens kugelte sich kurz vor der Pause die Schulter aus.

Derart viel Pech kommt zur Unzeit. Denn jetzt beginnt die heißeste Phase der Hinrunde. Am Dienstag empfängt Dortmund zum Auftakt der Champions League den FC Kopenhagen, kommenden Samstag gastiert man beim Bundesliga-Topteam RB Leipzig, vier Tage später empfängt der BVB wiederum in der Champions League Manchester City mit dem Ex-Dortmunder Erling Haaland und übernächsten Samstag kommt Schalke 04 zum heiligen Revierderby nach Dortmund.

Zu solch einem Programm benötigte man eigentlich eine Bestbesetzung. Doch die ist auf Wochen hinaus nicht in Sicht. Da ist es tröstlich, dass wenigstens in der Abwehr alle gut drauf sind: die defensiven Mittelfeldspieler Jude Bellingham und Salih Özcan ebenso wie die Innenverteidiger Mats Hummels und Nico Schlotterbeck. Der neue Innenverteidiger Niklas Süle von Bayern München hingegen wurde wieder nur eingewechselt, zum dritten Mal schon. Seine Fitness genügt offenbar noch nicht für 90 Minuten. Da wird's aber Zeit!

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