BVB-Stürmer Haaland:Ein Serientäter schockt die Liga

Lesezeit: 3 min

Diesmal zwei Treffer: Erling Haaland bei Sieg gegen Köln (Foto: David Inderlied/dpa)
  • Beim 5:1-Sieg gegen Köln verblüfft Erling Haaland erneut die Liga.
  • Er ist ein bulliger Stürmer mit erstaunlichen technischen Fähigkeiten.
  • Nur sagen darf der 19-Jährige nichts.
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Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Als der Fußballer Paco Alcácer Freitagnacht das Dortmunder Stadion verließ, tippte er eifrig auf seinem Smartphone herum und musste dabei grinsen. Vielleicht hat er noch einmal nachgeschaut, wie lange das damals im Herbst 2018 bei ihm selbst gedauert hatte mit den ersten Treffern, und wenn er es richtig nachgeschaut hat, dann hat er gesehen, dass er sich in seinen ersten drei Bundesliga-Einsätzen für Borussia Dortmund von einem auf zwei und dann drei Treffer gesteigert hat und dass er für seine ersten sechs Bundesliga-Treffer nur drei Mal kurz für addierte 81 Minuten hat spielen müssen.

Für den jungen Erling Haaland, der Alcácer aus der BVB-Mannschaft verdrängt hat, bedeutet das nach drei Treffern im ersten Spiel binnen 34 Minuten und zwei weiteren am Freitagabend beim 5:1 gegen den 1. FC Köln binnen 25 Minuten, dass er am kommenden Samstag gegen Union Berlin binnen 22 Minuten zwei weitere Tore schießen müsste, um besser zu sein als Alcácer. Dieser Gedanke dürfte dem abservierten Spanier gefallen haben - diese Rechnung und ein ironisches Statement vom Torwart Roman Bürki beim Streaming-Dienst DAZN. Dort sagte der Schweizer über Haaland: "Ja, schade, dass er schon nachlässt; erst drei, jetzt zwei, ich hoffe mal nicht, dass es im nächsten Spiel nur noch ein Tor ist."

Als Antwort einen angedeuteten Kinnhaken

Am meisten gelacht haben dürfte über diesen Gag Haaland selbst, die perfekte Mischung aus der Ungezwungenheit eines Michel aus Lönneberga und der Professionalität norwegischer Wikinger. In Interviews hat der lässige Sonnyboy stets lustige Sprüche auf Lager, aber die Reise zu seinem ersten Heimspiel für den BVB haben ein halbes Dutzend norwegischer Journalisten trotzdem halbwegs umsonst gemacht, weil sie nach Haalands Doppelpack zum 5:1-Sieg gegen den 1. FC Köln kein einziges Statement von ihm bekommen haben.

BVB-Sieg gegen Köln
:Dortmund setzt Aufholjagd bei Haalands Heim-Debüt fort

Auch die Westfalenstadion-Premiere des norwegischen Stürmers verläuft spektakulär: Erneut wird er nur eingewechselt, steuert aber schnell zwei Tore beim 5:1 gegen Köln bei.

Von Ulrich Hartmann

In der Fußballbranche ist das nämlich so: Sie lassen einen 19-Jährigen tausend Kilometer fern der Heimat wohnen, sie zahlen ihm ein Millionengehalt, sie lassen ihn vor 80 000 Zuschauern im Stadion und Millionen vor den Fernsehern Fußball spielen, aber wenn er nach einem gelungenen Einstand mit fünf Treffern und zwei Siegen in ein paar Kameras sagen soll: 'Das hat Spaß gemacht!', dann machen sie sich gleich Sorgen. Also bekamen die norwegischen Journalisten vom BVB-Mediendirektor mit leicht vorwurfsvollem Ton zu hören: "Der Junge ist erst 19!" - und sie reisten ohne Haaland-Statements wieder heim.

Auch der frühere Fußballprofi und heutige Fernsehjournalist Jan Åge Fjørtoft war gekommen, um Haaland zu interviewen. Die beiden kennen sich ziemlich gut. Als Haaland nach dem Spiel die Treppe zum Kabinengang heraufkam, wartete Fjørtoft schon auf ihn, begrüßte ihn mit einem breiten Grinsen und bekam als Antwort einen ziemlich liebevollen, angedeuteten Kinnhaken von Haaland. Ein Interview durfte ihm der 19-Jährige aber trotzdem nicht geben, und weil Fjørtoft deshalb Zeit hatte, berichtete er deutschen Journalisten aus Haalands Leben.

Da ist nämlich alles genauso fix gegangen. 2017 erst ist Haaland aus seinem kleinen Heimatort Bryne zum mehrmaligen norwegischen Meister nach Molde gewechselt, im Januar 2019 weiter zu RB Salzburg und soeben zu Borussia Dortmund. Weil er noch nicht auf der Höhe seiner Fitness ist nach Knieproblemen im Dezember, wechselt der Trainer Lucien Favre ihn momentan noch gerne ein. In Augsburg kam Haaland in der 56. Minute und schoss Dortmund zum 5:3-Sieg, und nun gegen Köln kam er in der 65. Minute, als es bereits 3:1 stand. In der 77. Minute verwandelte er einen Abstauber, nachdem Kölns Torwart Timo Horn einen Schuss von Raphael Guerreiro hatte abprallen lassen, aber in der 87. Minute zeigte Haaland, was er drauf hat: Da umkurvte er den Torwart Horn, stand deshalb ganz nahe der Torauslinie neben dem Kölner Tor und schob den Ball aus allerspitzestem Winkel zum 5:1-Endstand ein.

"Besser hätte man seinen Einstand bei uns nicht malen können", sagte der BVB-Abteilungsleiter Sebastian Kehl über Haaland. "Er ist ein guter Junge und ein wirklich guter Stürmer", bestätigte der Innenverteidiger Mats Hummels den Gesamteindruck, "wenn man sieht, wie er tagtäglich arbeitet, dann weiß man, dass diese Tore kein Zufall sind und dass die Chance groß ist, dass er so weitermacht." Hummels berichtete, dass Haaland auch im Training "immer Vollgas" gebe und "in jeden Zweikampf" gehe, "mir gefällt diese Arbeitsauffassung schon in diesem Alter". Hummels glaubt, dass sich Haaland "von dem ganzen Trara und Hype um ihn nicht anstecken lässt".

Erstaunliche technische Fähigkeiten für einen bulligen Stürmer

"Verrückt", fand Haalands Einstand auch Dortmunds belgischer Nationalspieler Axel Witsel. "Ich habe ihn gefragt, wie er das zweite Tor so hinbekommen hat, und er hat geantwortet: 'Keine Ahnung, einfach nach Gefühl.'" Für einen so großen, bulligen Stürmer verfüge Haaland über erstaunliche technische Fähigkeiten, lobte der diesbezüglich ebenfalls hochtalentierte Witsel. Haaland könne auch gut den Ball verteidigen und sei vor dem Tor "ein Killer".

In dieser Hinsicht erhält Haaland am kommenden Samstag gegen Union Berlin die Gelegenheit, sich weiterhin als Serientäter zu etablieren. Jan Åge Fjørtoft hat bereits angekündigt, für seinen norwegischen TV-Sender dann auch wieder da sein zu wollen. "Und dann klappt es hoffentlich auch mit einem Interview."

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