Werder besiegt Frankfurt:Beißwütige Piranhas in grünen Trikots

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Unerwartet: Werder feiert den Siegtorschüzten Joshua Sargent (3. von links), während die erfolgsverwöhnten Frankfurter Frust schieben. (Foto: Ulrich Hufnagel/imago)

Hier ein Scharmützel, da ein ausgefahrener Ellenbogen: Werder Bremen gewinnt eine hitzige Partie gegen Eintracht Frankfurt - und bringt den Gegner an den Rande der Fassung.

Von Thomas Hürner, Bremen

In den Weiten des Bremer Weserstadions gibt es Zeugnisse alter Glorie, sie sind verewigt in weißer Schrift auf grünem Grund. Eines der Zitate geht auf Johan Micoud zurück, den genialischen Spielmacher aus Frankreich, der auch ein bisschen Philosoph war. Es lautet: Was "mühelos aussieht", sei die Ernte harter Arbeit. Die Kunst aber, so Micoud, "besteht darin, dass man die Anstrengung nicht erkennt".

Am Freitagabend klagte Adi Hütter nach der 1:2-Niederlage beim SV Werder nun darüber, dass man sich vom Spielstil des Gegners habe "anstecken lassen". Der Trainer von Eintracht Frankfurt sah ziemlich angestrengt aus.

Wer weiß, was der erhabene Johan Micoud gedacht haben mag, sofern er sich dieses Flutlichtspiel bei einem Gläschen Bordeaux zu Gemüte geführt haben sollte. Seinen ästhetischen Ansprüchen an ein Fußballspiel dürfte das Gesehene zwar nicht entsprochen haben, aber wahrscheinlich wäre ihm das auch piepegal. Als einstiger Bremer Meisterfußballer hat Micoud auch ein Bekenntnis aufs Gewinnen abgelegt - und genau das ist dieser nicht mehr ganz so begabten neuen Werder-Generation gegen Frankfurt gelungen.

"Dass wir hier verlieren, tut besonders weh", klagt Hütter

An der Weser wird nun mal nicht mehr mit dem Pinsel, sondern mit dem Vorschlaghammer gearbeitet: "Die haben gut verteidigt, die waren eklig, waren unangenehm", sagte Eintracht-Coach Hütter, der sich mit seiner Mannschaft in der Vorwoche noch zum Weltpokalsiegerbesieger aufgeschwungen hatte, beim 2:1 gegen den FC Bayern. Die Ausführungen des Österreichers waren jedoch nicht als uneingeschränktes Lob für die Bremer zu verstehen. "Dass wir hier verlieren", fügte Hütter an, "tut besonders weh." Er sagte das im Ton eines ernüchterten Champions-League-Aspiranten, der in Bremen keinesfalls zu verlieren gedacht hatte.

Nach einer Serie von zuvor elf Spielen ohne Niederlage mochte man Hütter seinen Frust nachsehen. Einige abschätzige Bemerkungen vonseiten der Eintracht-Delegation waren in ihrer Schärfe dann aber doch verwunderlich. Der einzige Frankfurter Treffer durch Stürmer André Silva (9.) entstand immerhin aus einem unzulässigen Eckball heraus. Mit zunehmender Spieldauer wurde die Eintracht dann in immer unbequemere Zweikämpfe verstrickt, auf jedem Winkel des Platzes lauerten beißwütige Piranhas in grünen Trikots.

Dass sich Werder in dieser Auslegung eines Fußballspiels deutlich wohler fühlt, zeigte sich auch anhand der besseren Tormöglichkeiten. Trainer Florian Kohfeldt konnte später von einem "verdienten Sieg" sprechen, weil Außenverteidger Theodor Gebre Selassie (47.) und Angreifer Josh Sargent (62.) zwei ähnlich vorgetragene Angriffe im Ziel unterbringen konnten: An der Abseitskante in Position gelaufen, einen Pass in die Schnittstelle empfangen - und ins lange Eck vollendet.

Vom Spielfeldrand und von der Tribüne fallen unsittliche Worte

Nach der heftigen 0:4-Niederlage der Vorwoche in Hoffenheim war das eine so konzentrierte Darbietung, dass sie von Kohfeldt mit einem für einen Trainer untypischen Satz gewürdigt wurde. "Wir waren etwas über dem Limit, das wir spielen können", sagte er, und etwas drüber waren dann auch die von beiden Parteien vorgetragenen Gefechte in der hitzigen Schlussphase der Partie.

Vom Spielfeldrand und von der Tribüne fielen jeweils einige unsittliche Worte, die den Tatbestand der Beleidigung ohne Weiteres erfüllt haben dürften. Nach dem Schlusspfiff fanden die Teams in aufgeregter Rudelanordnung zueinander, der Frankfurter Verteidiger Martin Hinteregger und Werder-Stürmer Niclas Füllkrug sollen ihre beherzte Klopperei vom Rasen auf den Kabinentrakt verlagert haben. "Das hat mit Niveau wenig zu tun", fand Hütter, was eine sehr einseitige Interpretation der Ereignisse war. Aber immerhin keine Provokation wie die des Frankfurter Pressesprechers, der die Pressekonferenz mit einem Dank an "diese spezielle Sorte der Gastfreundschaft" schloss.

Kohfeldt kommentierte die Geschehnisse mit ein paar Sätzen, die längst Teil der allgemeinen Zitatensammlung im Fußball sind. "Ich bin ein großer Freund davon, wenn man sich hinterher die Hand gibt", sagte er. Und mit Blick auf den Gegner, der seine Hand hinterher eher nicht zum Friedensschluss reichte: "Man muss dann auch mal mit Anstand verlieren können."

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