Bundesliga: VfL Wolfsburg:Doch kein Weltformat

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Nach dem bisher enttäuschenden Saisonverlauf hatte es sich abgezeichnet: Der VfL Wolfsburg trennt sich von Cheftrainer Steve McClaren. Die zweite Trainerentlassung von Geschäftsführer Dieter Hoeneß offenbart einen großen Trugschluss.

Boris Herrmann

Vermutlich war dem Brasilianer Diego nicht die gesamte Tragweite seines Handelns bewusst, als er am Samstag in Hannover mit einer selten gesehenen Entschlossenheit den Ball eroberte. Der Zweikampfgegner, sein neuer Vereinskollege Patrick Helmes, drehte entnervt ab, als Diego schließlich gegen die Vorgabe seines Trainers Steve McClaren zum Elfmeterpunkt schritt und mit seiner ganzen Selbstsicherheit an die Querlatte schoss. Wolfsburg verlor 0:1 und McClaren stand mal wieder wie ein Trottel da.

Vorerst ohne Job: Steve McClaren ist nicht mehr Trainer in Wolfsburg. (Foto: dpa)

Dass gegen Diego am Sonntag eine rekordverdächtige Strafe von 100.000 Euro ausgesprochen wurde, wirkte wie ein letzter verzweifelter Versuch, die Autorität des britischen Chefcoaches zu retten. Das wäre allerdings gar nicht mehr nötig gewesen. Am Montagabend hat Wolfsburgs Geschäftsführer Dieter Hoeneß den Trainer McClaren mit sofortiger Wirkung beurlaubt.

Das Training übernimmt bis auf weiteres sein bisheriger Assistent Pierre Littbarski. "Wir haben es gemeinsam bis zum letzten Tag versucht, leider ist uns nunmehr der Glaube an den Erfolg abhanden gekommen", ließ Hoeneß verlauten.

Littbarski als Zwischenlösung

Erstaunlich genug, dass er überhaupt so lange an eine erfolgreiche Zusammenarbeit geglaubt hat. Die mit großen Ambitionen in die Saison gestarteten Wolfsburger stecken nach dem 21. Spieltag ja nicht nur mitten im Abstiegskampf, sie stecken dort angesichts ihrer Darbietungen auch völlig zurecht. McClaren mag ein netter und humorvoller Zeitgenosse sein, er hat es allerdings zu keiner Zeit vermocht, seiner Mannschaft auch nur den Hauch einer Spielidee zu vermitteln.

Auch der Verkauf des schlecht gelaunten Kapitäns Edin Dzeko sowie die damit verbundene Nachrüstung von sechs Spielern in der Winterpause brachte nach allem, was in Hannover zu sehen war, keine Besserung. Hoeneß teilte am Montag mit: "Bei nur einem Punkt Vorsprung auf den Relegationsrang sind wir alarmiert. Es geht für uns jetzt allein darum, möglichst bald den Abstand zu den Abstiegsplätzen zu vergrößern."

Vor wenigen Wochen hatte das noch ganz anders geklungen. Da hatte Hoeneß hoch und heilig versprochen, dass sein Team mit dem Abstieg in dieser Saison garantiert nichts zu tun haben werde. Jetzt zeigt sich, dass sich die Realität nur schwerlich dadurch bändigen lässt, indem man sie ignoriert. Francisco Garcia Sanz, der Vorsitzende des mächtigen Aufsichtsrats beim Werksklub, erklärte das lange Zögern in der Trainerfrage so: "Natürlich wünschen wir uns alle Kontinuität, vor allem auf der Trainerposition. Dafür steht gerade Dieter Hoeneß."

Tatsache ist, dass Dieter Hoeneß nun schon für zwei Trainerentlassungen in seiner einjährigen Wolfsburger Schaffensphase steht. Die Trennung von Armin Veh im Januar 2010 konnte man da vielleicht noch als erste Aufräumarbeiten im neuen Büro interpretieren. Der Fehlversuch mit dem einstigen englischen Nationaltrainer Steve McClaren, 49, fällt allerdings auch eindeutig auf Dieter Hoeneß zurück.

Er hat im vergangenen Frühjahr lange nach einem Mann von Weltformat gesucht. Und vermutlich hat er auch deshalb ebenso lange gebraucht, um sich von ihm zu trennen. Schwer vorstellbar, dass der frühere Weltmeister Littbarski dauerhaft als Ideallösung für die große Trendwende angesehen wird. Der im Winter in Hoffenheim gefeuerte Ralf Rangnick passt da schon eher ins Beuteschema.

© sueddeutsche.de/dpa/sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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