VfB Stuttgart:Die Pfiffe der Fans sind verstummt

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Stuttgarts Anastasios Donis wird nach seinem Treffer von seinen Teamkollegen Dennis Aogo und Nicolas Gonzalez (v.l.n.r.) gefeiert. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)
  • Der VfB Stuttgart gewinnt 1:0 gegen Gladbach und feiert einen wichtigen Sieg im Abstiegskampf.
  • Damit glückt auch der Einstand von Interimscoach Nico Willig.
  • "Er hat viele Gespräche geführt und schnell einen Matchplan gefunden", lobt Sportvorstand Hitzlsperger.

Von Max Ferstl, Stuttgart

War das schon der neue VfB Stuttgart? Das Spiel gegen Borussia Mönchengladbach war erst zwei Minuten alt, als Stürmer Nicolas Gonzalez auf Gladbachs Torhüter Yann Sommer zu sprintete, eine Drehung mit ausgestrecktem Bein vollführte und - mit Sicherheitsabstand - landete. Die Szene brachte nichts ein, aber zeigte einen Spieler, der mit Dynamik und Körperspannung eines Kung-Fu-Kämpfers zu Werke geht. In der 15. Minute grätschte Mittelfeldspieler Andreas Beck seinen Gegenspieler um, in der 17. machte es Borna Sosa genauso. Beide verhinderten einen Angriff, und sahen die gelbe Karte.

Stuttgart spielte, wie eine Mannschaft spielen muss, die auf Platz 16 steht und eine Tendenz nach unten aufweist. Insgesamt 18 Mal foulte ein Stuttgarter einen Gladbacher, so häufig wie nie zuvor in dieser Saison. Doch die Aggressivität kippte nicht in Grobheit. Das genügte an diesem Abend, um den Gladbachern die Lust an diesem Spiel zu rauben. So wirkte es zumindest. "Wir haben ein sehr intensives Spiel angeboten", sagte Interimstrainer Nico Willig. Seine Mannschaft tat, was nötig war. Und sie gewann mit 1:0.

Es war das Spiel eins nach dem an Selbstleugnung grenzenden 0:6 in Augsburg, das Trainer Markus Weinzierl den Job kostete. Die Verantwortlichen hatten keine Hoffnung mehr, mit Weinzierl den Relegationsplatz verteidigen zu können, also ein Mindestmaß an Schadensbegrenzung betreiben zu können. Das soll nun Willig gelingen. Dieser hat während der Woche beschrieben, wie er sich den Auftritt seiner Mannschaft vorstellt. Willig sprach von einem "aktiven Spielstil" und "ständiger Angriffsbereitschaft" - Eigenschaften, die man zuletzt kaum mit dem VfB Stuttgart in Verbindung bringen konnte. "Er hat viele Gespräche geführt und schnell einen Matchplan gefunden", lobte Sportvorstand Thomas Hitzlsperger.

"Wir haben entweder sehr aggressiv attackiert, oder sehr tief verteidigt"

Die neue Stuttgarter Aktivität war am Samstag klar zu erkennen. Die VfB-Spieler liefen viel, und sie liefen auch nach vorne. Etwas anderes blieb ihnen auch kaum übrig. Wann immer sie sich weit in die eigene Hälfte zurückzogen und in Passivität zu versinken drohten, pfiff das Publikum. Trainer Willig hatte größere Umbaumaßnahmen vorgenommen: Er brachte Sosa als Außenverteidiger, positionierte davor Dennis Aogo und Andreas Beck im Zentrum, die für ein Mindestmaß an Stabilität sorgten. Nur in der vierten Minute passte kein Stuttgarter auf, Alassane Pléa lief alleine auf Torhüter Ron-Robert Zieler zu, doch anstatt seinen Mitspieler zu bedienen, schoss er selbst - und scheiterte. Ansonsten blieb das Stuttgarter Konstrukt weitgehend stabil.

Mit der ständigen Angriffsbereitschaft war es hingegen so eine Sache. Willig hatte im Sturm die beiden gefährlichsten Stuttgarter Angreifer aufgeboten, Anastasios Donis und Daniel Didavi, auf die Vorgänger Weinzierl aus unbekannten Gründen verzichtet hatte. Die offensive Idee bestand dann im Kern darin, den Ball irgendwie zu Donis zu bringen, der viel lief, oft flankte, und die Gladbacher unter Druck setzte. Das gelang vor allem in der zweiten Hälfte zwei Mal sehr gut. In der 54. Minute klaute er Gladbachs Nico Elvedi den Ball, traf aber nur den Innenpfosten.

Kurz darauf klappte es besser. Wieder war Elvedi beteiligt, der einen langen Ball nach hinten Richtung Sommer verlängerte. Damit jedoch hatte Donis gerechnet, nahm den Ball auf - und schoss ihn flach rechts ins Tor. "Wir haben entweder sehr aggressiv attackiert, oder sehr tief verteidigt", sagte Willig. Letzteres war vor allem in den letzten 20 Minuten gefordert. Die Stuttgarter zogen sich weit zurück, knüpften ein dichtes Netz vor dem eigenen Tor, in dem sich die Gladbacher Angreifer immer wieder verhedderten. Es sah ganz einfach aus.

Als der Schiedsrichter das Spiel abpfiff, sank Nicolas Gonzalez auf den Rasen. Er, der Stürmer, lag ungefähr fünf Meter von der eigenen Strafraumecke entfernt. Lange blieb er dort liegen. Dann stieß er die Faust in den Himmel. Platz 17 ist nun erst mal beruhigend weit entfernt. Die Fans pfiffen nicht mehr.

© SZ vom 28.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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