BVB-Niederlage gegen Schalke:Für Favre ist der Titel futsch

Borussia Dortmund - FC Schalke 04

Sauer und bedient: BVB-Trainer Lucien Favre.

(Foto: dpa)

Von Saskia Aleythe, Dortmund

Lucien Favre riss die Augen weit auf, wie ein Tier, vom Scheinwerfer erschrocken. Derangiert war er vom Rasen gegangen nach diesem 2:4 (1:2) gegen Schalke 04, ein bisschen Kopfschütteln steckte in jedem seiner Schritte. Immer wenn er wieder auf diesen Elfmeter in der 18. Minute zu sprechen kam, da steigerte sich seine Erschütterung in Aufregung, und ein paar Sätze blieben nun also hängen von diesem Spiel: "Der Fußball macht sich sehr sehr lächerlich." Oder auch: "Das ist der größte Skandal in der Fußball-Geschichte für mich."

Nüchtern betrachtet brachte dieses Derby einen Sieger hervor, auf den vorher die wenigsten gewettet hätten. Nach einem Spiel, nach dem ein Handelfmeter mal wieder das große Aufregerthema war. Und vermutlich passt es sogar ganz gut zu dieser Saison, in der schon so viele ausgestreckte Arme zu Diskussionen geführt hatten, dass nun auch im Meisterschaftsendspurt eine Handdebatte eine Hauptrolle spielt. Favre kannte am Abend jedenfalls kein anderes Thema mehr, auch wenn er zwischen den Atempausen immer wieder einwarf, es gehe ihm gar nicht um diese eine Szene, sondern um die Regel im Allgemeinen. "Niemand weiß hier, warum das erfunden wurde. Woher kommt das? Warum machen wir das?", fragte der 61-Jährige fast schon philosophisch in den Presseraum.

Die Dramaturgie dieser Partie hatte zu Beginn klar für die Dortmunder gesprochen: Als Mario Götze nach feinem Lupfer von Jadon Sancho in der 14. Minute zum 1:0 einköpfte, sah das wie die logische Konsequenz der spielerischen Überlegenheit aus und nach dem Auftakt eines Dortmunder Nachmittags zum Genießen. Doch dann bekam Julian Weigl den Ball aus kurzer Distanz von Breel Embolo an den Arm, was in Dortmund zwar erst niemanden interessierte, per Videoschiedsrichter aber an Felix Zwayer gefunkt wurde.

"Der Titel ist gespielt", sagt Favre in Favrisch

"Der Arm war auf Schulterhöhe ausgestreckt und damit hat er den Ball geblockt. Da war die Entscheidung für mich relativ leicht zu treffen. Es ist nach aktueller Auslegung ein Strafstoß", sagte Zwayer nach der Partie, und auch: "Wenn Fußball-Experten mit dieser Regel nicht einverstanden sind, ist es deren Recht. Wir Schiedsrichter sind dann aber die ärmsten Schweine. Wir setzen das Regelwerk um."

Favres Aufregung wäre vielleicht eine Nummer kleine ausgefallen, wäre diese Partie nicht wegweisend für den Gewinn der Meisterschaft gewesen. "Der Titel ist gespielt" sagte Favre in Favrisch, futsch also, auf ein Punkte-Aufholen gegen den FC Bayern hofft der Schweizer nicht einmal mehr. Die Münchner hätten mit einem Sieg gegen Nürnberg am Sonntag vier Punkte Vorsprung. Und natürlich übertünchte Favres Empörung auch den Umstand, dass der BVB als Bundesliga-Zweiter selbst nach diesem 1:1 noch genügend Tore hätte schießen müssen gegen einen Abstiegskandidaten: Als der Ausgleich fiel, waren gerade mal 18 Minuten gespielt.

"Danach haben wir ein bisschen den roten Faden verloren", versuchte sich Lizenzspielerchef Sebastian Kehl in Erklärungen, "wir haben uns leider nicht so befreien können, nicht so viele Torchancen am Ende herausgespielt." Ein Eckball brachte in der 28. Minute das 1:2 durch Salif Sané, in der Folge verteidigten die Schalker mit noch mehr Einsatz. "Sie haben die taktischen Maßgaben sehr gut umgesetzt", lobte Schalke-Trainer Huub Stevens seine Spiele, "dann kommt so ein Ergebnis zustande. Natürlich war es auch etwas glücklich."

Dass sich auf Dortmunder Seite Marco Reus und Marius Wolf am Ende zu ungestüm bewegten und mit Grätschen glatt rote Karten abholten, war nicht dem Schiedsrichter oder Regelauslegungen anzukreiden. "Wir haben uns mit den beiden roten Karten keinen Gefallen getan", sagte Kehl dann auch, der sich überhaupt in Diplomatie versuchte: "Ich möchte nicht, dass der Schiedsrichter am Ende dieses Spiel alleine zu verantworten hat." Derweil sprach der Trainer schon wieder in andere Mikrofone: "Man muss sich die Arme abschneiden. Aber ohne Arme hat man kein Gleichgewicht mehr." Es war ein schrecklicher Tag für Lucien Favre.

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