Man darf davon ausgehen, dass Frank Horch, 66, den Verbleib des Hamburger SV in der ersten Bundesliga ein bisschen anders gefeiert hat als Pierre-Michel Lasogga, 22. Horch ist der Wirtschaftssenator der Freien und Hansestadt, davor war er Präsident der Handelskammer, davor war er im Schiffbau tätig.
Da nimmt man den Nicht-Abstieg des wichtigsten Klubs der Stadt hanseatisch-distinguiert zur Kenntnis - und trotzdem nicht ohne eine Portion kaufmännische Hochnäsigkeit. "Das touristische Image unserer Stadt hätte gelitten", hat Horch gerade mitgeteilt, "wenn Hamburg nicht mehr in einer Liga mit Berlin und München sondern mit Sandhausen oder Aue wahrgenommen würde."
Sandhausen? Aue? Bäh!

HSV-Trainer Mirko Slomka:Das Glück ist aufgebraucht
Beim Hamburger SV hat sich unter Mirko Slomka wenig bis nichts verbessert. Trotzdem darf sich der Trainer nun als Retter feiern lassen. Lediglich als Moderator aufzutreten, wird in der kommenden Saison jedoch kaum reichen.
Es mag ja stimmen: Hamburg, laut Übernachtungs-Statistiken die zehntbeliebteste Metropole Europas, profitiert vom Erstligafußball. Ein am Weltwirtschaftsinstitut beschäftigter Sportökonom hat den "Einkommens- und Beschäftigungseffekt", der von dem Klub für die Stadt ausgeht, auf rund 100 Millionen Euro beziffert (lustigerweise ist das in etwa die Summe, die der HSV an Schulden mit sich herumschleppt).
Wahr ist aber auch: Wenn es um Fußball geht, spielt Hamburg seit Jahren nur noch in der Selbstwahrnehmung der Funktionäre in derselben Liga wie München; etwa beim Geldausgeben. Und was den Vergleich mit Berlin betrifft: Da sei noch mal auf jene Kuriosität verwiesen, dass die dortige Hertha, die selbst zu wenig aus den Möglichkeiten eines Hauptstadtklubs macht, nach der Hinrunde 28 Punkte zusammen hatte. Und dass sie mit diesen 28 Punkten in der Liga geblieben wäre, selbst wenn sie in der Rückrunde kein einziges Pünktchen mehr geholt hätte.

HSV nach der Relegation:Druck, größer als im WM-Finale
Rafael van der Vaart versteckt sich in der Kabine, Heiko Westermann spricht von der "schwierigsten Zeit" seiner Karriere: Der Klassenerhalt in der Relegation hinterlässt beim Hamburger SV nicht nur Erleichterung, sondern auch den Schock über eine fürchterliche Saison. Nur der Trainer macht Mut.
In einem historisch mauen Abstiegskampf, in dem die letzten Drei (Braunschweig, Nürnberg, Hamburg) ihre letzten fünf Spiele allesamt verloren, hat der HSV schließlich die Klasse gehalten - selbst in der Relegation ohne Sieg. Ein Schneckenrennen ist dagegen eine rasante Veranstaltung. Um die Sandhausen-Aue-Kategorie mag der HSV herumgekommen sein dank des Kopfballtreffers des ziemlich unhanseatischen Testosteron-und-Tattoo-Kickers Lasogga. Dafür spielt man längst in einer Liga mit Braunschweig oder Fürth.
Der HSV müsste sehr viel mehr von Hamburg profitieren, als er das tut. Und tatsächlich sind es ja Hamburger Persönlichkeiten - Kaufleute oder Politiker aus der zweitgrößten Stadt des Landes -, die diesen Verein führen. Bloß tun sie das fast immer gegeneinander, und meistens mit mehr Hybris als Fußballverstand. So bleibt der HSV auch nach dem Klassenerhalt eine Schnecke, die sich für ein Rennpferd hält.