Bundesliga:Der Sommer der Zocker

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Max Meyer hat noch immer keinen Verein. (Foto: Ina Fassbender/dpa)
  • Die fünf großen europäischen Ligen haben laut Guardian bereits rund drei Milliarden Euro auf dem Transfermarkt bewegt, so richtig in Schwung gekommen ist er dennoch noch nicht.
  • Während André Schürrle seinen Wechsel nach Fulham schon vollzogen hat, warten Spieler wie Max Meyer und Dennis Diekmeier noch auf einen neuen Verein.
  • In der Premier League endet die Transferfrist schon am 9. August, die Bundesliga könnte dann Spieler von den edel besetzten englischen Ersatzbänken importieren.

Von Philipp Selldorf, Köln

So wie er das schildert, ist André Schürrle ein Mann, der in diesem Sommer sein Glück gefunden hat. Er wohnt künftig in der Weltstadt London, spielt in der prominentesten Liga der Welt, und einen riesigen Haufen Geld verdient er dort natürlich auch, denn es ist unmöglich, weniger als einen riesigen Haufen Geld zu verdienen, wenn man in der Premier League spielt. "Hier könnte es perfekt werden", hat der zurzeit ehemalige Nationalspieler nach seiner Ankunft erklärt, "ich bin so glücklich, hier zu sein, dass ich es kaum erwarten kann, loszulegen."

Der Vollständigkeit halber sollte man allerdings erwähnen, dass der 27-Jährige nicht bei einem der schicken Londoner Spitzenklubs Chelsea, Arsenal oder Tottenham gelandet ist, sondern beim Erstliga-Aufsteiger FC Fulham, der zwar der älteste Verein der Stadt ist, aber in den knapp 140 Jahren Geschichte noch keine große Trophäe gewonnen hat.

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Die Leute vom FC Fulham betrachten es als Erfolg, einen Weltmeister ins Team einreihen zu dürfen, aber als eigentlicher Gewinner sieht sich die Dortmunder Borussia, die den Angreifer für zwei Jahre verliehen hat und dadurch mindestens zehn Millionen Euro Gehalt einspart - andere Quellen sprechen gar von 14 Millionen. Der Vollständigkeit halber sollte man allerdings auch erwähnen, dass Schürrle den BVB vor zwei Jahren noch 30 Millionen Euro Ablöse kostete. Nun verlässt er für eine minimale Leihgebühr das Haus.

Immerhin sind bei diesem Geschäft alle Beteiligten irgendwie zufrieden, und Schürrle kehrt durch das Engagement beim FC Fulham gewissermaßen zu den bescheidenen Ursprüngen zurück. Bei Mainz 05 hat seine Karriere begonnen, um danach an prominenten Adressen halt zu machen: Bayer Leverkusen, FC Chelsea, VfL Wolfsburg, Dortmund. Doch der einzige Verein, in dem er Unsterblichkeit erlangte, das war Jogi Löws Weltmeisterelf.

Dortmund freut sich darüber, Geld zu sparen

Wenn es die Dortmunder als Gewinn verkaufen, dass sie künftig Schürrles Gehalt einsparen, dann sollte es Christian Heidel auch gelingen, seine Strategie in der Personalie Max Meyer zur Erfolgsgeschichte zu erheben. Schließlich hat Schalke 04 einen hohen zweistelligen Millionen-Betrag eingespart, als der 22-jährige Mittelfeldspieler im Februar das Angebot zur Vertragsverlängerung ausschlug. Zwar war es Heidel selbst, der fünf Wochen zuvor die großzügige Offerte vorgelegt hatte, aber es war auch Heidel, der den Spieler zur Ablehnung veranlasste - weil es Schalkes Manager nach Meinung von Meyers Berater Roger Wittmann an Wertschätzung hatte vermissen lassen. Meyer sei "ein Weltklasse-Spieler", hatte Wittmann gesagt und entsprechende Behandlung eingefordert. So endete das Arbeitsverhältnis im Krach und mit der Suspendierung für Schalkes früheren Knappenschmiede-Schüler.

Über diese alte Geschichte will Heidel heute nicht mehr reden. Meyer sei ja jetzt kein Schalker Spieler mehr, argumentiert er (der Arbeitsvertrag ist Ende Juni ausgelaufen). Außerdem hat sich Heidel mit Wittmann nach dem öffentlich ausgetragenen Zwist wieder vertragen. Man hat erneut etwas zu bereden: Schalke möchte zügig den 2019 auslaufenden Vertrag mit Abwehrspieler Thilo Kehrer verlängern, Wittmanns Firma Rogon vertritt Kehrers Geschäftsinteressen.

Heidel versichert jedoch, es habe nichts mit Kehrer und Wittmann zu tun, dass er den Anrufern aus anderen Vereinen, die sich nach Max Meyer erkundigten, immer nur das Beste erzählt habe. Er habe "nichts gegen den Max", sagt er, er halte ihn immer noch für einen tollen Fußballer. Erstaunlich genug, dass die Vereine misstrauisch nachfragen. An Verkaufspromotion hat es nicht gemangelt. Acht Anfragen gebe es für Meyer, berichteten im Winter verschiedene Blätter unter Berufung auf Rogon. Neulich erst hat Wittmann erklärt: "Wir kennen viele Klubs auf der ganzen Welt, die mit Max arbeiten wollen."

Einen neuen Verein hat Meyer trotzdem noch nicht gefunden, aktuelle Gerüchte über ein Interesse der TSG Hoffenheim werden dort unter Verweis auf Meyers Handgeld- und Gehaltsvorstellungen diskret, aber sehr entschieden zurückgewiesen. Den fünfmaligen Nationalspieler wird es kaum trösten, dass er nicht der einzige gestandene Profi ist, dem der Abnehmer fehlt. Auch Dennis Diekmeier, 28, jahrelang ständiger Rechtsverteidiger des Hamburger SV, lehnte im Winter einen schönen Zwei-Jahres-Vertrag beim HSV ab (weil er auf einem längeren Vertragsverhältnis bestand), und ist jetzt ebenso ungewollt ungebunden wie die alten Kämpfer Eugen Polanski, Dominic Maroh und Serdar Tasci.

Und noch ein Weltklasse-Mann ist ohne Engagement: Claudio Pizarro, 39, hat nach dem Abstieg mit dem 1. FC Köln die Karriere keineswegs abgeschlossen. Instagram-Bilder zeigen ihn beim Hantel-Training, und man kann sagen, dass er während seiner Zeiten beim FC Bayern und beim SV Werder in der Sommerpause selten so fit und drahtig ausgesehen hat wie jetzt.

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Irgendwie sei der Transfermarkt nach der WM noch nicht in Schwung gekommen, sagt ein professioneller Transfermarktbeobachter. Die englische Zeitung Guardian rechnet zwar vor, dass die fünf großen europäischen Ligen bereits rund drei Milliarden Euro bewegt haben, doch die Premier League verweigert bisher den erwarteten Shopping-Rausch. Hin und wieder schaut sie sogar aufs Geld. Im Fall Meyer heißt es aus England, er müsse seine Gagen-Ansprüche überdenken. Dabei hat die englische Liga diesmal eine verkürzte Transferfrist vereinbart, sie endet am 9. August. Die Makler aus den Spieleragenturen spekulieren nun, dass es in den letzten Tagen hoch hergeht, doch ob das für Meyer, Diekmeier & Co von Vorteil ist, das weiß keiner. Denn die deutschen Klub-Manager spekulieren ihrerseits darauf, vom frühen englischen Transferschluss zu profitieren: Die Bundesliga könnte bis Ende August Spieler von den edel besetzten englischen Ersatzbänken importieren.

So hat Schürrle mit seinem Wechsel zum kleinen FC Fulham einen reellen Handel vollzogen. Anders als gewisse Kollegen hat er darauf verzichtet, zu zocken - und sein Glück gefunden.

© SZ vom 27.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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