Schalke-Sieg in Stuttgart:Vor dem leeren Tor nur an den Pfosten

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Stuttgarter Fassungslosigkeit: Nicolas Gonzalez (rechts) trifft vor dem halb leeren Tor nur den Pfosten. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Schalke 04 kann noch gewinnen: Beim VfB Stuttgart gelingt ein zwar glücklicher, aber hart erkämpfter 3:1-Erfolg.
  • Die drei Punkte tun auch dem umstrittenen Trainer Domenico Tedesco gut.
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Von Thomas Hürner, Stuttgart

Domenico Tedesco ist eher als kühler Fußballanalytiker bekannt, aber auch ihm dürfte vor der Partie gegen den VfB Stuttgart bewusst gewesen sein, dass beim FC Schalke 04 kühle Fußballanalysen alleine nicht mehr ausreichen. Manchmal braucht es auch das, was man nur mit einer gedanklichen Bitte heraufbeschwören kann, wie sein Sportvorstand Christian Heidel nach dem Spiel erzählte. "Bitte, gib uns mal ein bisschen Spielglück" habe dieser Gedanke gelautet, sagte Heidel, der aber nicht verriet, an wen er sich innerlich in der 48. Minute eigentlich gewandt hatte.

Da nämlich hatte sein Torhüter Ralf Fährmann dem Stuttgarter Stürmer Nicólas Gonzalez den Ball direkt in den Fuß gespielt. Der hatte dann aber vor dem leeren Tor nur den Pfosten getroffen und so den Ausgleich zum 1:1 verpasst. "Natürlich war das Glück", sagte Tedesco und sprach davon, dass es schön gewesen sei, einen "dreckigen Sieg" einzufahren.

Eine für den Schalke-Trainer eine recht untypische Form der Analyse einer Partie, die vor wenigen Monaten wohl noch als so etwas wie ein Spitzenspiel durchgegangen wäre. Doch weder der VfB Stuttgart noch der FC Schalke 04 konnten verbergen, dass sich beide Mannschaften inzwischen in einer anderen fußballerischen Realität befinden. Und so war es wenig überraschend, dass dieses Spiel dann nach genau dem aussah, was man erwarten konnte: ein von beiden Seiten hart geführtes Abstiegsduell, das vor allem von ungenauen Pässen und Nervosität geprägt war.

Der Schalker Plan: In die Pause retten und dann kontern

Mit dem besseren Ende für die Schalker, die in den entscheidenden Situationen eben jenes beschworene Spielglück hatten. In der siebten Minute etwa warf Schalke-Torwart Fährmann den Ball ohne Not in die Füße von Stuttgarts Mittelfeldspieler Erik Thommy, der gedankenschnell auf das leerstehende Tor schoss, aber weit drüber zielte. "Es wäre mehr drin gewesen, wenn wir durch sowas mal in Führung gegangen wären", sagte Stuttgarts Sportvorstand Michael Reschke, bevor auch er sich dem Thema des Nachmittags widmete: "Wir haben aber auch definitiv kein Spielglück."

Der weitere Verlauf der ersten Hälfte ließ sich anhand einer Situation exemplarisch zusammenfassen: Wieder hatte Fährmann den Ball, diesmal legte ihn sich aber seelenruhig zum Abstoß hin, ehe er für sich entschied, dass der Ball an einer anderen Stelle womöglich besser liegen würde. Also nahm Fährmann diesen wieder in die Hand, ging einige langsame Schritte und führte dann irgendwann auch den Abstoß aus. Das war in der 16. Minute. Schalke hatte inzwischen begonnen, seinen Vorsprung zu verwalten, notfalls auch mit Hilfe der Uhr.

Selbst Heidel habe sich in dieser Phase gedacht: "Wir müssen uns irgendwie in die Pause retten." In der Zwischenzeit waren die Schalker nämlich in Führung gegangen, durch ihren einzigen flott vorgetragenen Angriff in der ersten Hälfte: Über Yevhen Konoplyanka und den aufgerückten Außenverteidiger Bastian Oczipka kam der Ball zu Stürmer Steven Skrzybsk, der diesen schließlich zur Führung ins Tor grätschte (10. Minute).

Schalke ließ immerhin wenig zu in seinem 4-2-3-1-System, was aber auch daran lag, dass es der Stuttgarter Offensive, in Toren gemessen die harmloseste in der Bundesliga, im Angriff an Qualität und Ideen fehlte. Kurz nach der Halbzeitpause war es dann Gonzalez, der dem Spiel die entscheidende Wendung hätte geben können. "Wenn wir den machen", sagte Stuttgarts Torwart Ron-Robert Zieler, "dann kann dieses Spiel kippen." Tat es aber nicht. Nach einem Eckball köpfte Schalke-Verteidiger Salif Sané den Ball an die Schulter von Mario Gomez, und von dieser sprang der Ball in der 70. Minute zum 2:0 ins Tor.

Zwar traf Gonzalez noch per Kopf zum Stuttgarter Anschlusstreffer (76.), woraufhin sich Tedesco kurzzeitig entkräftet an die Trainerbank lehnte, gerade einmal zwei Minuten später jedoch wieder jubeln konnte. Das vorentscheidende 3:1 fiel nach einem Konter, der vom eingewechselten Kutucu vollendet wurde. So einiges schien von Tedesco in diesem Moment abzufallen nach all der Kritik der vergangenen Wochen, und natürlich war dieser Erfolg auch für den ebenso oft kritisierten Manager Heidel wichtig.

"An Heiligabend vergesse ich mal den Fußball", sagte er, "ohne Sieg wäre das schwierig gewesen." Heidel war sichtlich erfreut, sein Kollege Reschke hingegen konnte seinen fahlen Gesichtsausdruck nach der Partie nur kurz ablegen. "Das ein oder andere wird sich bei uns schon tun", sagte Reschke über seine Pläne auf dem Wintertransfermarkt. "In der letzten Winterpause ist uns das ja auch ganz gut gelungen." Auch damals kämpften die Stuttgarter gegen Abstieg, nach einer fulminanten Rückserie landeten sie auf Platz sieben.

© SZ vom 23.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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