Sieg für RB Leipzig:Nkunku legt das Feuer

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Leipzigs bester Mann: Christopher Nkunku. (Foto: Getty Images)

Eine überragende Leistung des Franzosen führt RB Leipzig zum 2:1 gegen den BVB. Die Dortmunder irren zeitweise mehr über den Platz, als einer Idee zu folgen.

Von Cornelius Pollmer, Leipzig

Im anhaltend eifrigen Bemühen, das eigene Produkt zu optimieren, haben die verantwortlichen Betriebs- und Ballwirte in Leipzig in dieser Woche neue Leuchten eingerichtet. Schon in den Tagen vor dem Heimspiel gegen Borussia Dortmund orgelte der Stadionrand in den Abendstunden in wilden Ellipsen, und es orgelte erneut und heftig um kurz vor halb neun Uhr am Samstagabend - Abpfiff, 2:1-Heimsieg.

Der Weg zu diesem wichtigen Sieg für Leipzig lässt sich auf verschiedene Weise erzählen. Er lässt sich erzählen über den Ballspielverein Borussia Dortmund, der zwar eine bislang in Summe immer noch gute Saison spielt, der aber unter der Woche eine gewiss auch mental schwer abzulegende zweite Niederlage gegen Ajax Amsterdam in der Champions League hatte erleben müssen - und dessen Toptorjäger vermutlich noch immer Erling Haaland heißen wird, wenn dieser von seiner Verletzung zurückkehrt.

Dortmund irrte mehr durch die erste Halbzeit als einer Idee zu folgen. "Gerade in der ersten Halbzeit war das heute nichts. Wir haben natürlich kein gutes Spiel gemacht", sagte Torwart Gregor Kobel bei Sky. Exemplarisch kann Kapitän Marco Reus genannt werden, der sich in der 31. Minute ziemlich gereizt eine Verwarnung wegen Meckerns verdiente, nachdem Schiedsrichter Felix Zwayer ähnliche Vergehen gegen Julian Brandt und von Jude Bellingham unterschiedlich und zu Ungunsten des BVB bewertet hatte.

Enttäuscht nach dem Schlusspfiff: die Dortmunder Mats Hummels (links) und Marco Reus (Foto: Ronny Hartmann/AFP)

Reus erzielte immerhin nach der Pause aus dem sogenannten Nichts heraus das zwischenzeitliche 1:1 (52.). Meunier spielte einen hervorragenden tiefen Pass, Reus zeigte im direkten Duell mit Peter Gulacsi jene zielführende Gelassenheit, die er gegenüber Zwayer hatte vermissen lassen. Lockerer Schuss, drin.

Nkunku legt mehr Feuer, als Dortmunds Torwart Kobel löschen kann

Was aber war von Dortmund sonst noch zwingend wertschätzend hervorzuheben? Lediglich die Leistung von Torhüter Kobel, der erst gegen Christopher Nkunku stark parierte (13.) und in der 60. kurzerhand ein 2-für-1-Programm für Paraden entwickelte. Erst parierte Kobel, dann - auf dem Boden liegend - nutzte er seinen noch in der Luft herumfliegenden rechten Fuß, um den Ball ins Irgendwo erneut zu entschärfen.

Auch da war Christopher Nkunku schon wieder zugegen gewesen, wie überhaupt er letztlich mehr Feuer legte als selbst Kobel zu löschen vermochte. Leipzigs Trainer Jesse Marsch, der mit seiner Mannschaft zuletzt schon mehr in Fahrt gekommen war als etwa die beiden Unentschieden in Frankfurt und gegen Paris vom Ergebnis hatten ahnen lassen, hatte gefordert, aggressiver, ja, "schärfer" aufzutreten - und Nkunku ging in besonderer Weise voran.

Fast hätte das Spiel mit einem Rekord begonnen, den seit ziemlich genau fünf Jahren Florian Niederlechner hält: acht Spielsekunden, mehr hatte Niederlechner 2016 im Spiel des SC Freiburg in Mainz nicht gebraucht, um eine gelbe Karte zu bekommen. Nkunku mühte sich am Samstag vom Anpfiff weg in großen Schritten, diesen Rekord zu brechen und erreichte auch rechtzeitig den Fuß von Manuel Akanji - das durchaus trittfeste Auflatschen wurde allerdings von Zwayer nicht geahndet, der in Summe ähnlich gut zu einer Linie fand wie Dortmund zu seinen Spiel.

Die Szene des Spiels, trotz Pfostenschuss, sind zwei Zidane-Drehungen hintereinander von Nkunku

Nkunku jedenfalls trat in der Folge dann doch hauptsächlich gegen den Ball und dies in teils verzückender Weise. Es war Nkunku, der in der 29. Spielminute nach tastendem Aufbau durch Adams und Gvardiol von letzterem einen herausragenden tiefen Pass erhielt. Nkunku drehte erstaunlich gelassen eine Runde um Kobel, legte sich den Ball in nicht mehr ganz idealem Winkel in Ruhe neu zurecht - und lochte mehr ein als dass er schoss. Ein verdienter Lohn für spritzigere, willensstärkere Leipziger.

Den Leipziger Siegtreffer erzielte nicht der überragende Nkunku, sondern Yussuf Poulsen (rechts). (Foto: Michael Sohn/AP)

Es war auch Nkunku, der Leipzig in jenen leuchtenden Minuten anführte, die nach einer guten Stunde begannen. Zunächst zu sehen war in der 63. Minute eine doppelte Drehfigur nach Art olympischer Eiskunstläufer, die man im Fußball Zidane-Drehung nennt, nach dem großen Franzosen. Zwei Mal zog Nkunku erst mit rechts den Ball zurück, um ihn dann mit einer Pirouette und dem linken Fuß weiterzutragen. Über den anschließenden Pfostenschuss war niemand bei Leipzig lange gram.

Denn nur fünf Minuten später begann Nkunku schon wieder fast zu fliegen, diesmal auf der linken Außenbahn. Auf die Reise ging dann aber nur der butterweich segelnde Ball. Am langen Pfosten verwertete der einmal mehr durchweg fleißige Yussuf Poulsen zum 2:1. Torwart Kobel durfte sich nun als ordnungsgemäß rasiert betrachten, nachdem er und Poulsen kurz zuvor schon unglücklich aneinandergeraten waren und Poulsens Fuß Kobels Haare mindestens gestreift hatte.

Nach diesem Treffer zum 2:1 jedenfalls fehlten Dortmund ganz offensichtlich Kraft und Glaube, um nach insgesamt mäßiger Leistung noch einmal etwas entgegenzusetzen. Bei Leipzig hingegen schien die Lust hoch, lieber noch eins draufzulegen als erneut am Ende einen späten Treffer zu kassieren. Dies also geschah nicht, Jesse Marsch rannte stattdessen nach Abpfiff aufs Feld und freute sich unter den orgelnden Ellipsen so stark, dass man durchaus sagen kann, er stellte den Leipzigern ein neues Jubelkonzept vor.

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