Köln gegen Mainz:Nichts für Ästheten

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Abstiegskampf sieht nicht immer hübsch aus: Der Kölner Jan Thielmann (unten) und Silvan Widmer von FSV Mainz 05 veranstalten Turnübungen. (Foto: Gladys Chai von der Laage/Imago)

In einer müden Partie, in der beide Mannschaften vor allem Wert darauf legen, die andere nicht gewinnen zu lassen, trennen sich Köln und Mainz 0:0. Dabei hätte Johnny Burkardt für den FSV eine große Geschichte schreiben können.

Von Philipp Selldorf, Köln

Es war ein Sache von Zentimetern, Schiedsrichter Frank Willenborg hielt sicherheitshalber noch mal Rücksprache mit dem Videokollegen im Keller auf der anderen Rheinseite, aber der erste Eindruck hatte den Spielleiter nicht getrogen: Daniel Batz hatte den Ball im Strafraum eindeutig und vorsätzlich mit der Hand gespielt - und das war sein Glück, denn wenn der Mainzer Torwart es außerhalb seines Hoheitsgebietes getan hätte, dann wäre wegen der Verhinderung einer klaren Torchance die rote Karte gegen ihn fällig gewesen. So wurde das Spiel in der 36. Minute beim Stand von 0:0 mit einem Einwurf fortgesetzt.

Die Zuschauer in Köln-Müngersdorf hatten selbstverständlich einen Platzverweis für Batz gewünscht, und auch aus weniger parteiischer Sicht wäre das eine annehmbare Lösung gewesen - weil dieses chronisch festsitzende Spiel dann vielleicht doch noch in Bewegung gekommen wäre. So aber gab es bis zum letzten Pfiff aus Willenborgs Pfeife noch sehr viele Einwürfe und noch viel mehr Zweikämpfe, aber Tore gab es keine. Null zu null hieß es nach 94 Minuten zwischen dem 1. FC Köln und dem FSV Mainz 05, der DJ legte eine besinnliche Pianoversion der Vereinshymne auf, und der Stadionsprecher wünschte dem Publikum frohe Weihnachten und dankte für die Geduld mit dem FC - "ganz besonders heute".

Diese kritische Anmerkung aus den eigenen Reihen hatten sich die Einheimischen ebenso verdient wie ihre Gäste. "Auch wenn sich's doof anhört", sagte FC-Trainer Steffen Baumgart, "es war ein Teilerfolg für uns." Mit kleinen Fortschritten wie diesen müsse man sich derzeit "aus dem Mist rausziehen". Ähnlich genügsam äußerte sich sein Kollege Jan Siewert: Er sei "ein Stück weit zufrieden" mit dem Unentschieden.

Kölner und Mainzer brachten mit, was zum Abstiegskampf gehört: Eifer und Einsatzwille, Härte gegen den Gegner und sich selbst. Dazu zwei Abwehrkombinate, die stabil standen und ihre primären Aufgaben verlässlich versahen. Doch wenn es darum ging, im Angriffsmodus den positiven Zweck des Fußballspielens zu erfüllen, dann wurde es für beide Seiten schwierig. Die Kölner weckten das Stadion immerhin in den letzten Minuten mit einem Anflug von Schlussoffensive. Eingeleitet hatte den Ansturm Rechtsaußen Jan Thielmann mit einem Pfostentreffer - bezeichnenderweise durch eine verirrte Flanke (82.). Die Mainzer kamen dem Erfolg am nächsten, als Ludovic Ajorque den Ball aufs Tor spitzelte und Kölns souveräner Keeper Marvin Schwäbe sich gerade noch in den Lauf der Kugel stellen konnte. Ein Tor hatten die Mainzer zwar geschossen, doch der Schütze stand im Abseits. Andernfalls hätte Johnny Burkardt eine große Geschichte geschrieben: Der 23 Jahre alte Angreifer machte nach einem Jahr Pause wegen einer Knie-Verletzung erstmals ein Spiel von Anfang an - und traf unmittelbar vor der Auswechslung ins Ziel.

Doch das Tor zählte nicht, und das Resultat gab die Kräfteverhältnisse letztlich treffend wieder. Beide Mannschaften hatten, Stichwort Sechs-Punkte-Spiel, vor allem Wert darauf gelegt, die andere nicht gewinnen zu lassen. "Fußballästheten kommen im Moment nicht auf ihre Kosten", sagte Baumgart, "jeder weiß, wie Abstiegskampf aussieht."

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