Bundesliga-Kellerduell:Führungskraft Max Kruse

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Im Abstiegskampf sind nicht nur Max Kruses Tore gefragt, sondern auch seine Erfahrung. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Max Kruse verließ den VfL Wolfsburg nach diversen Vorfällen. Vor dem Spiel gegen den Ex-Klub will er nicht mehr darüber reden.
  • In Bremen loben ihn Trainer und Geschäftsführer - nicht nur wegen seiner sportlichen Leistungen.
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Von Jörg Marwedel, Bremen

Es ist erst gut sechs Monate her, dass Max Kruse, 28, die psychologische Hilfe, die ihm der damalige Wolfsburger Manager Klaus Allofs angeboten hatte, in den Wind schlug und die Flucht aus der Autostadt ergriff. Innerhalb eines Jahres war sein Marktwert von zwölf Millionen Euro, die der VfL Wolfsburg 2015 als Ablöse noch an Borussia Mönchengladbach bezahlt hatte, auf 7,5 Millionen Euro geschrumpft. Das war die Summe, die der neue Werder-Geschäftsführer Frank Baumann im August 2016 aushandelte in den Gesprächen mit seinen alten Bremer Freunden Allofs (13 Jahre Werder-Manager) und dessen Assistenten Olaf Rebbe (acht Jahre in verschiedenen Tätigkeiten bei Werder). Inzwischen ist Rebbe bekanntlich der Nachfolger von Allofs geworden.

Er gucke nur nach vorn, sagt Max Kruse. Und schweigt zum VfL

Es waren ja auch in wenigen Monaten eine Menge unerfreulicher Dinge passiert in der Karriere des bei Werder ausgebildeten Kruse. Er hatte in einem Taxi 75 000 Euro liegen lassen, was nicht gerade auf sorgsamen Umgang mit Geld schließen ließ. Er hatte Ärger mit einer Bild-Fotografin, die ihn nachts um zwei Uhr bei seiner Geburtstagsfeier in Berlin ablichtete; und im Internet tauchte auch noch ein intimes Video auf. Am Ende dieser Fettnäpfchen-Farce warf Bundestrainer Joachim Löw den 14-maligen Nationalspieler aus dem Kader. Und für Kruse stand fest, er bräuchte einen Neubeginn, bei dem "das Geld nicht an erster Stelle" stehen sollte, sondern der Wohlfühlfaktor. Und da dachte er trotz anderer Angebote an seine erste Profistation: Bremen.

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An diesem Freitag taucht Kruse erstmals wieder in Wolfsburg auf. Es steht ein Abstiegskampf-Nordderby zwischen dem VfL und Werder an. Denn auch die Wolfsburger sind inzwischen vom Champions-League-Teilnehmer zu einem Klub geworden, zu dem die auf Relegationsplatz 16 liegenden Bremer mit einem Sieg aufschließen können. Und die Hoffnung der Hansestädter heißt - Max Kruse.

Anders als in Wolfsburg, wo man den Offensivspieler trotz seiner Qualitäten als Störfaktor empfand, sieht man ihn in Bremen auch mit seinen Eigenwilligkeiten als absolute Führungskraft. Er habe nach seiner dreimonatigen Verletzungspause im Herbst "unsere Qualität deutlich erhöht", lobt Manager Baumann. Trainer Alexander Nouri hält ihn sogar außerhalb des Spielfeldes für eine Führungspersönlichkeit, hebt aber besonders hervor: "Max hat für uns diesen besonderen Mehrwert, sich auf dem Platz in viele Dinge reindenken zu können."

Und Kruse selber sagt bezüglich des Ausfalls von Kapitän Clemens Fritz und des neuen Spielgestalters Thomas Delaney in Wolfsburg: "Das müssen eben andere auffangen, und ich gehöre dazu." Nur über seine Wolfsburger Vergangenheit sagt Kruse nichts. Er gucke immer nur nach vorn, sagt er. Interviews, in denen die Vergangenheit zur Sprache kommen soll, lehnen er und sein Management ab. Zur anstehenden Partie sagt er so gleichgültig wie möglich: "Gegen einen Ex-Verein zu spielen, ist immer etwas Besonderes. Aber in erster Linie geht es darum, drei Punkte zu holen." Und was die Verbindungen zu seinem ehemaligen Klub angeht, fällt ihm bloß ein: "Der Kontakt zu Yannick Gerhardt ist weiterhin vorhanden." Das ist ein Kollege, der erst im Juli aus Köln nach Wolfsburg wechselte und mit ihm nur die Saisonvorbereitung absolvierte.

Vielleicht hätte Kruse erwähnen können, dass die Begegnung in der Champions League mit Real Madrid (der VfL scheiterte im Viertelfinale nur knapp) ein Highlight seiner 13 Monate in Wolfsburg gewesen sei. Aber das ist öffentlich ebenso wenig ein Inhalt wie die Tatsache, dass er zwei seiner sechs Ligatore für den VfL vergangene Saison beim 6:0 gegen Werder schoss.

Sollte Wolfsburg verlieren, dürfte der Trainer gefährdet sein

Dass man trotz der sportlichen Rivalität noch befreundet sein kann, zeigt hingegen das Verhältnis von Frank Baumann zum Wolfsburger Trainer Valérien Ismaël. Die beiden gewannen als Profis 2004 zusammen das Double, was noch auf mehreren großformatigen Fotos in der Geschäftsstelle zu bestaunen ist. Da ist auch das Motiv dabei, wie Ismaël die Meisterschale in die Höhe reckt. Baumann droht spaßeshalber: "Wenn Valérien gewinnt, müssen wir uns ernsthaft überlegen, ob die Bilder hängen bleiben." Bei einer Niederlage des Franzosen könnte dagegen eine Freundschaft zerbrechen, nämlich die zu seinem Sportdirektor. "Ich weiß, was zu tun ist. Wir werden alle Möglichkeiten, die wir haben, voll ausschöpfen", sagt der frühere Bremer Rebbe. Diese Äußerung lässt viel Spielraum bis hin zur Trennung vom Coach. Denn auch Olaf Rebbe glaubt: "Am Ende zählen nur die Ergebnisse."

© SZ vom 24.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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