Bundesliga:Jubeln erlaubt - aber unerwünscht

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Die Spieler von Hertha BSC jubeln dann doch recht eng. (Foto: REUTERS)

Weshalb der Jubel der Hertha-Spieler nicht als Verstoß gegen die Hygienevorschriften sanktioniert wird.

Von Martin Schneider

Die Jubelszenen von Hertha BSC hatten es am Sonntagmorgen dann auch bis in die bayerische Staatskanzlei geschafft. Markus Söder, bekanntlich CSU-Ministerpräsident, dachte sich, dass es eine gute Idee wäre, sich in die Sport-1-Talksendung Doppelpass zu setzen, weil er ja als Vertreter "der Politik" diesen Spielbetrieb erst ermöglichte. Söder sagte also, er fand die Bilder, wie sich Spieler von Hertha BSC nach den drei Toren gegen Hoffenheim umarmen "nicht gut". Er sagte weiter: "Der Fußball hat eine extreme Vorbildfunktion, deshalb sollte man die Anweisung einhalten und nächste Woche drauf achten."

Soweit das Urteil aus Bayern - aber was ist genau das Problem? Ist es nicht egal, ob sich Spieler, die beim Eckball sowieso dicht gedrängt in einer Traube stehen, sich nach einem Tor kurz herzen oder nicht?

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Der BVB jubelt hygienisch einwandfrei, die Berliner Spieler kommen sich dagegen sehr nahe. Impressionen von einem Bundesliga-Spieltag, an dem vieles anders ist.

Die Antwort ist: Ja und Nein. Erstmal muss man wissen, dass die Grundlage, warum sich fast alle Spieler am Wochenende nur mit den Ellbogen berührten oder Borussia Dortmund gar einen choreografierten Abstandsjubeltanz aufführte, nicht das vielzitierte 51-seitige-Hygienekonzept der DFL ist, sondern eine Empfehlung des "Organisations-Rundschreiben Sonderspielbetrieb", das die Klubs erhalten haben. Darin heißt es, man empfehle den Spielern, sich beim Jubeln zurückzuhalten.

Jedes innige Jubelbild macht die Argumentation schwieriger

Warum nur eine Empfehlung? Zwar kann die DFL in ihrem Hygienekonzept penibel genau bestimmen, welcher Physio und welcher Ersatzspieler sich im Stadion in welcher Zone aufzuhalten hat - aber Fußballregeln zu ändern, ist komplizierter. Das kann nur das International Football Association Board (Ifab) der Fifa und die tun das auch - etwa, in dem sie fünf Auswechslungen erlauben. Damit der Schiedsrichter aber normal-jubelnden Spielern eine gelbe Karte gibt, dafür fehlt die Grundlage und es wäre vermutlich auch einfach eine absurde Situation, wenn der Schiedsrichter fünf Spieler wegen Umarmen verwarnen würde.

Die DFL stellte auch nach dem Hertha-Spiel klar, der Torjubel sei "nicht Bestandteil" des medizinisch-organisatorischen Konzepts: "Zum Thema Torjubel wurden in Ergänzung zum Konzept lediglich Hinweise zur Orientierung gegeben - Sanktionen erübrigen sich daher."

Aber wenn man eh nicht sanktioniert - warum dann nicht einfach jubeln lassen? Es geht schlicht darum, Kontakt zu vermeiden, wo Kontakt vermieden werden kann. Beim Eckball im Strafraum geht das nicht, nach einem Tor schon. Hintergrund ist die Definition der medizinischen DFL-Task-Force, die Fußballer nur als "Kontaktpersonen zweiten Grades" und nicht "ersten Grades" nach Vorgabe des Robert-Koch-Institus einstuft. So müssten im Falle eines positiven Corona-Tests theoretisch nicht alle Spieler in Quarantäne - aber jedes innige Jubelbild macht diese Argumentation schwieriger. Zumal das Gesundheitsamt Dresden der Logik ja auch schon ganz ohne Massenbilder nicht gefolgt ist.

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