Bundesliga: Hamburger SV - Schalke 04:Angst vor dem Seelenverkäufer

Lesezeit: 3 min

Wem gehört ein Verein? Auf Schalke zürnen die Fans dem allmächtigen Felix Magath, in Hamburg wächst der Ärger über den Investor, der sich ins Tagesgeschäft einmischen will, und eine erneute Änderung des Stadionnamens.

Jörg Marwedel

Von dieser Seite hatte Armin Veh die Kritik an seinen neuen Spielern bestimmt am wenigsten erwartet. Dass der neue Investor Klaus-Michael Kühne, der dem Hamburger SV bis zu 15 Millionen Euro für den Kauf neuer Spieler zur Verfügung stellt, öffentlich an den Einkäufen herummäkelte, hat nicht nur den Trainer überrascht.

Die Vereine von Heiko Westermann (Hamburger SV, links) und Felix Magath (FC Schalke 04, rechts) leiden unter ähnlichen Problemen. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Der neue Kapitän Heiko Westermann habe "bislang keineswegs überzeugt", kritisierte der Geldgeber, Dennis Diekmeier, aus Nürnberg gekommen, sei schon verletzt, und überhaupt müsse man mal fragen, woher die Verletzten-Misere komme. Und den Transfer von Gojko Kacar habe er ohnehin "mit Skepsis" aufgenommen. Veh versuchte, es mit Humor zu nehmen: "Den Fußballlehrer-Schein hat er ja nicht. Deswegen sollte man das nicht so ernst nehmen." Dann machte er (Spaß oder Ernst?) einen Vorschlag, der Kühne bestimmt besser gefallen würde: "Van der Vaart würde mir gut gefallen."

Abgesehen davon, dass der ehemalige HSV-Spielmacher Rafael van der Vaart laut eigener Aussage lieber von Real zu Manchester United wechseln würde als nach Hamburg, offenbart sich da eine grundsätzliche Frage: Darf der Milliardär Kühne, der für seinen Einsatz ein Drittel beim Verkauf bestimmter Spieler erhält, etwa doch im Tagesgeschäft mitreden, obwohl HSV-Chef Bernd Hoffmann genau dies ausgeschlossen hatte - und obwohl das offenbar auch im Vertrag zwischen dem HSV und ihm so fixiert ist? Darf Kühne öffentlich sagen, dass er mit der Einkaufspolitik unzufrieden ist, weil er sein Geld lieber für den Erwerb eines namhaften Mittelfeldspielers oder eines berühmten Stürmers à la van Nistelrooy (nur jünger) gegeben hätte als für - angebliche - Durchschnittsprofis?

Für Hoffmann wird's ungemütlich

Die Debatte ist eröffnet, genau wie beim ersten HSV-Gegner Schalke 04, bei dem Trainervorstand Felix Magath sogar den Fanbeauftragten Rolf Rojek aus dem Amt hob, was dem Heilsbringer Magath noch unschöne Stunden bereiten könnte. Auch bei den Hanseaten wird es für Bernd Hoffmann mal wieder ungemütlich. Ralf Bednarek, Chef der über 60.000 Supporters im Klub, sagt: "Der Verein gehört seinen Mitgliedern." Man wolle schon Erfolg, "aber nicht zu jedem Preis". Klub-Ikone Uwe Seeler fürchtet angesichts der Posse um Investor Kühne schon, der Klub könne seine "Seele verkaufen". Und der frühere Präsident Jürgen Hunke - sonst eher ein Solo-Oppositioneller, der jetzt gar nicht mehr so allein ist - fordert, der Vorstand solle "Herrn Kühne das Geld zurückgeben und den Vertrag rückgängig machen".

Kühnes Äußerungen haben genau jenes Fass geöffnet, das Hoffmann bei einer Mitgliederversammlung im Juli zu schließen versucht hatte. Schon damals haben manche dem Boss nicht geglaubt, dass der Geschäftsmann Kühne stillhalten werde. Und weil Hoffmann vielen Mitgliedern ohnehin als der personifizierte Kapitalist gilt, würde die Verlängerung seines im Dezember 2011 endenden Vorstands-Vertrages zu heftigen Diskussionen führen, wenn es sportlich nicht läuft. Auch im Aufsichtsrat.

Streit um Stadionnamen

Der HSV-Fan Klaus-Michael Kühne - mit dem man erstmals zusammenkam, als man dessen Lieblingsspieler van der Vaart einst mit gutem Geld zum Bleiben bewegen wollte - ist eben doch kein meinungsloser Finanzier. Die Ausführung des Modells Anstoß³ gibt es womöglich doch nicht gratis. Am kommenden Mittwoch wird sich Hoffmann mit Kühne treffen, um zu erörtern, ob der sich an weiteren, bereits verpflichteten Spielern wie Westermann und Kacar beteiligen will. Was womöglich schwierig wird. Denn, so Kühne im Hamburger Abendblatt, die Personalpolitik sei ja "nicht so gelaufen, wie ich es mir vorgestellt habe". Kein Spieler von der Liste mit elf hochkarätigen Namen sei verpflichtet worden.

Und noch ein Thema scheint für den kapitalistischen Klub brisant zu werden. Der Sender Radio Hamburg, immerhin regionaler Marktführer, hat auf den dritten Namenswechsel des früheren Volksparkstadions (erst AOL-Arena, dann HSH-Nordbank-Arena, nun Imtech-Arena) binnen vier Jahren mit einem Boykott geantwortet. Die Moderatoren sagen wieder Volksparkstadion - und treffen damit Volkes Stimme. Bei einer vom Sender in Auftrag gegebenen Meinungsumfrage haben sich 75 Prozent für den alten Namen ausgesprochen, nur vier Prozent erkennen den neuen Namen an. Auch die "Volksparkstadion-Shirts" des Fanklubs "Chosen Few" sind ein Renner.

Im Internet gibt es inzwischen einen regen Meinungsaustausch über den neuen Stadion-Kontrakt, der dem HSV in sechs Jahren 25 Millionen Euro bringen soll. Ein Diskutant schrieb: "Leider werden der HSV und die meisten anderen Bundesliga-Vereine daraus nicht lernen, weil sie zu geldgeil sind und von Markenführung null Ahnung haben." Es gibt aber auch Leute, die sich lustig machen. Einer hatte schon vor einiger Zeit eine besonders hübsche Idee. Man könne, schrieb er, die Arena ja zukünftig "AOL-Emirates-Uwe-Seeler-seine-Frau-ihr-Stadion" nennen.

© SZ vom 21.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

FC Bayern: Einzelkritik
:Müde Superhelden

Bastian Schweinsteiger spielt wie Spiderman, Thomas Müller empfiehlt sich für den Nobelpreis, und Mario Gomez agiert, als habe er bei der WM etliche 90-Minuten-Einsätze gehabt. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Jürgen Schmieder, Fröttmaning

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: