Bundesliga:Fünf gegen Ralph

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Ralph Hasenhüttl (re.): Unangenehmer Abend in Augsburg (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Ralph Hasenhüttl ärgert sich nach dem 0:1 gegen Augsburg vor allem über die Geste von Daniel Baier.
  • Der entschuldigt sich am Mittwoch, bekommt vom DFB aber eine Sperre von einem Spiel verhängt und muss 20 000 Euro zahlen.
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Von Sebastian Fischer, Augsburg

Ralph Hasenhüttl sah aus, als würde er die Luft anhalten. Der Trainer von RB Leipzig ist eigentlich kein mürrischer Vertreter seiner Branche, doch so wie er da saß in der Pressekonferenz, den Blick auf den Statistikzettel auf dem Tisch vor sich gesenkt, das Gesicht rot, schien die Wut gleich aus ihm herauszuplatzen. Er hatte so schlechte Laune wie lange nicht mehr nach einem Fußballspiel. Und das konnte kaum nur jener Provokation geschuldet sein, über die später alle redeten.

Augsburgs Kapitän Daniel Baier hatte sich in der 74. Minute auf Höhe der Leipziger Bank im Zweikampf dankbar fallengelassen, Hasenhüttl sprang auf. Woraufhin Baier in dessen Richtung ausspuckte und eine schüttelnde Handbewegung auf Höhe der Lenden vollzog, die Eingeweihte als Aufruf zur Selbstbefriedigung verstehen. Hasenhüttl baute sich nach dem Spiel vor Baier auf, verweigerte den Handschlag. Und Baier sagte im Fernseh-Interview: "Mein Gott, das ist ein Fußballspiel, wo Emotionen dazugehören."

Emotionen, das war das Entscheidende an diesem Abend, auch abseits der Diskussion um Baiers Unsportlichkeit, die der DFB am Mittwoch mit einer Zahlung von 20 000 Euro und einem Spiel Sperre bestrafte. Augsburg hatte mit 1:0 gewonnen - und den favorisierten Leipzigern gezeigt, wie man mit vielen Emotionen ein Fußballspiel gewinnt.

Mal wieder in dieser noch jungen Saison. Ein paar Meter neben Hasenhüttl saß Augsburgs Trainer Manuel Baum und sah sehr zufrieden aus. Der Sieg sei verdient gewesen, sagte er. Und ja, "einen Screenshot" würden sie schon machen von der Tabelle, die den FC Augsburg zumindest über Nacht als Tabellendritten auswies. Von fünf Spielen hat der FCA nur eines verloren, die vergangenen drei gewonnen, es ist längst der beste Saisonstart der Klubgeschichte. Dabei ist es nur ein paar Monate her, dass der FCA gegen den Abstieg kämpfte und Baum umstritten war.

Es sei im Fußball oft schwer zu erklären, "warum es läuft", sagte Angreifer Alfred Finnbogason, der damals noch wie ein Schatten über den Rasen gehuscht war, am Dienstag jedoch wie sein Sturmpartner Caiuby kaum einen wichtigen Zweikampf verlor. Gemeinsam bereiteten sie das Tor durch Michael Gregoritsch nach vier Minuten vor. Danach entstand nie der Eindruck, dass die Leipziger, von Hasenhüttl vorher auf neun Positionen verändert, noch im Stande wären, am Ergebnis etwas zu ändern.

Auch wenn es schwer ist, die Form der Augsburger zu erklären, versuchten es die Beteiligten natürlich doch. Manager Stefan Reuter, jüngst noch für die vermeintlich unvernünftige Zusammenstellung des 33 Mann großen Kaders kritisiert, hob hervor, dass die Spieler auch nach 90 Minuten noch in der Lage seien "im Vollsprint nachzusetzen".

In der Tat scheint der Kader zurzeit derart frei von Eitelkeiten zu sein, dass sich niemand für solche Sprints zu schade ist. Zugang Gregoritsch etwa, nach seinem Tor zur Pause aus taktischen Gründen ausgewechselt, war darüber nicht erbost, sondern fragte rhetorisch: "Wer weiß, wie lange das noch gut gegangen wäre mit mir?" Er sei in der neuen Mannschaft sehr glücklich, sagte er, weil jeder für den anderen laufe. Gregoritsch, das zur Erklärung, spielte zuvor für den Hamburger SV, wo das nicht unbedingt selbstverständlich ist.

Es scheint Baum zu gelingen, die traditionellen Augsburger Stärken zu wecken. Denn es war ja genau jener den Gegner entnervende Fußball, der den FCA vor zwei Jahren bis in den Europapokal führte. Erinnert sei an Torhüter Marwin Hitz, der gegen Köln mit dem Fuß den Elfmeterpunkt umgrub, um so den Schützen Anthony Modeste zu Fall zu bringen.

Baier entschuldigt sich

Baum, eigentlich Liebhaber des Komplexen, spricht zwar über das Augsburger Spiel noch immer mit akademischen Zungenschlag. Gregoritschs Auswechslung gegen Koo Ja-cheol erklärte er mit den Worten, es habe "in der zweiten Pressinglinie" jemand gefehlt, der "in der Verlagerung" einen Gegenspieler aufnehme. Doch im Kern ist Augsburgs Spiel klassischer, kompakter Sicherheitsfußball, der von starker Physis, Fitness und einfachen wie effektiven Automatismen im Konterspiel lebt.

Die Augsburger Angriffe haben besonders dank des nach langer Verletzung fitten Caiuby Wucht, die Raumaufteilung in der Fünfer-Abwehr funktioniert, spätestens dort endeten fast alle Leipziger Angriffsbemühungen. Und in der Mitte ist Baier, 33, noch immer einer der unangenehmsten Gegenspieler der Liga. Niemand lief mehr als er: 12,06 Kilometer.

So passte es zur jungen Augsburger Erfolgsgeschichte dieser Saison, wie zunächst alle für den Provokateur Partei ergriffen. Präsident Klaus Hofmann sagte der Bild-Zeitung gar, die Leipziger seien "ganz schlechte Verlierer". Baier selbst entschuldigte sich am Mittwochmorgen, nach einer schlaflosen Nacht, wie er auf Instagram schrieb. Er habe sich aus der Emotion zu einer sinnlosen Geste hinreißen lassen. Emotionen, ausgerechnet, hatte Hasenhüttl übrigens bei seinen Spielern vermisst. "Wir waren zu wenig emotional", sagte er, bevor er seine Wut mit auf den Heimweg nahm.

© SZ vom 21.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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