Vincenzo Grifo beim SC Freiburg:Der "feine Mensch" muss bald gehen

Lesezeit: 3 min

Bald wieder in Hoffenheim? Vincenzo Grifo. (Foto: Patrick Seeger/dpa)
  • Vincenzo Grifo überzeugt beim SC Freiburg, er ist allerdings nur ausgeliehen.
  • Hoffenheims Manager Alexander Rosen sagt: "Für nächste Saison ist er hier fest eingeplant."

Von Christoph Ruf, Freiburg

Vor einigen Wochen, das hat Kapitän Mike Frantz kürzlich verraten, gab es im Mannschaftskreis eine wegweisende Teambesprechung. Sie fand irgendwann zwischen dem 2:2 in Stuttgart und dem 3:3 gegen Wolfsburg statt. Also in jener Phase, in der sogar beim notorisch pessimistischen Trainer Christian Streich die Erkenntnis gereift war, dass auch am Ende dieser Spielzeit zwei, drei andere Mannschaften als der SC Freiburg absteigen werden. Was angesichts von derzeit elf Zählern Vorsprung auf den vom VfB Stuttgart belegten Relegationsrang 16 keine allzu vermessene Prognose ist.

Seit jener Besprechung, in der sich das Team vornahm, wieder schöneren, also an schnellen Passfolgen und mehr Dominanz orientierten Fußball zu spielen, haben die SC-Fans noch mehr Freude an ihrer Elf. Die Heimsiege gegen Augsburg (5:1) und Berlin (2:1) waren Energieleistungen, wie man sie vom Sportclub kennt mit einer Gesamtlaufleistung der Mannschaft von über 120 Kilometern. Sie boten auch wieder mehr fürs Auge, vieles inszeniert von Vincenzo Grifo, dem Profi mit dem feinsten (rechten) Fuß im Freiburger Team.

Dass Streich sein Team fußballerisch wieder mehr von der Leine lässt, liegt auch daran, dass Grifo, der schon von 2015 bis 2017 in Freiburg spielte und im Winter aus Hoffenheim zurückgeliehen wurde, das letzte Puzzlestück im zuvor schon stimmigen Freiburger Erscheinungsbild war. Hinten steht man in dieser Saison besser als in der vergangenen. Vorne schlug der vom Hamburger SV verpflichtete Luca Waldschmidt (sieben Treffer) bestens ein, Nils Petersen (acht) und der lange verletzte Florian Niederlechner (vier) treffen ebenfalls.

Grifo ist Petersens Lieblingspassgeber

Durch Grifo wurde im Winter nun die Nahtstelle hinter den Spitzen geschlossen. Der 25-Jährige schießt die Freistöße und Ecken, in acht Spielen traf er drei Mal und steuerte vier Assists bei. Es ist also nur logisch, dass Italiens Nationaltrainer Roberto Mancini den im badischen Pforzheim Geborenen für den Nationalkader berief - auch wenn Grifo am vorigen Wochenende gegen Finnland (2:0) und Liechtenstein (6:0) auf der Bank blieb. Schlecht für Grifo, der schon als Kind von Einsätzen im blauen Trikot geträumt hat.

Gut für den SC, der an diesem Samstag gegen die Bayern auf einen fitten Antreiber zurückgreifen kann. Und gut für Petersen, der seinen Lieblings-Passgeber gerne bis zum Karriereende an seiner Seite hätte, wie er im kicker verriet: "Für ihn läuft es, und für die Mannschaft auch. Wir haben die ersten beiden Rückrundenspiele, in denen Vince gefehlt hatte, verloren, danach ging es los mit dem Punkten. Er muss entscheiden, ob er es noch mal woanders versuchen will, oder hier mit uns weiter Erfolg hat."

Petersen, der im Harz geborene Herzens-Breisgauer, weiß natürlich genau, wie er Grifo packen kann. Auch der hat ja schon mehrmals durchblicken lassen, dass er die Freiburger Wärmestube zu schätzen weiß. In Gladbach, wohin Grifo in der Spielzeit 2017/18 ausgeliehen war und wo er Reservespieler blieb, wurde der Familienmensch, der teamintern als Spaßkanone gilt und nach außen ausgesprochen höflich auftritt, auch außerhalb des Platzes nicht heimisch. Beim Sportclub, den er unironisch "Wohlfühlverein" nennt, hat er hingegen einen Trainer, den er eine "Vaterfigur" nennt - auch das ohne jede Ironie: "Er redet mit einem auch mal über private Dinge, das ist mir wichtig." Grifo, damals noch lange nicht wieder zurück beim SC, heiratete im Sommer 2018 auf einem Weingut im Kaiserstuhl, dessen Namen der um Diskretion bemühte SC-Präsident und Winzer Fritz Keller nach wie vor nicht verraten will.

Doch sowohl Keller, der Grifo als "feinen Menschen" lobt, als auch Petersen wissen nur zu genau, dass Grifo bei aller Freude am Hier und Jetzt noch den Beweis antreten will, dass er es auch anderswo schaffen kann. Das war schließlich - neben den höheren Bezügen - auch der Grund, warum er nach zwei überaus erfolgreichen Jahren in Freiburg 2017 nach Gladbach wechselte. Und es war der Grund, warum er im Jahr drauf nach Hoffenheim ging, einem anderen Klub, dem ein Platz im ersten Tabellendrittel zuzutrauen war.

Doch auch dort fasste er in der Hinrunde dieser Saison nicht wirklich Fuß. In Gladbach, das ließ Grifo bei seiner Rückkehr ins Badische wissen, sei "der Konkurrenzkampf auf der linken Seite sehr groß gewesen", in Hoffenheim habe Trainer Julian Nagelsmann keinen Anlass gesehen, seine eingespielte linke Seite zu verändern. Objektiv betrachtet waren die Konkurrenten in Hoffenheim in Kerem Demirbay und Andrej Kramaric allerdings nicht schlechter als in Gladbach, wo Grifo nicht an Thorgan Hazard und Denis Zakaria vorbeikam.

Allerdings steht im Kraichgau im Sommer der Trainerwechsel von Nagelsmann zu Alfred Schreuder an. Und da zum einen weder der Verbleib von Kramaric noch der von Demirbay sicher ist und der künftige Trainer eher (noch) mehr Wert auf spielerische Elemente legen dürfte, könnten auch Grifos Einsatzchancen dort wieder steigen. TSG-Manager Alexander Rosen hat aufkeimende Diskussionen über einen längerfristigen Verbleib von Grifo in Freiburg jedenfalls eine Absage erteilt: "Für nächste Saison ist er hier fest eingeplant."

Das klingt schon mal nicht so, als müsse Grifo fürchten, im Kraichgau in der kommenden Spielzeit nur auf der Tribüne zu sitzen. Denn dann, und nur dann, würde er sich einer Rückkehr zum Liga-Rivalen nach Hoffenheim wohl verweigern. Allein schon der (bislang noch ungeborenen) Kinder wegen. Er wolle einmal seinen Kindern, das gab Vincenzo Grifo jüngst zu Protokoll, jedenfalls "später nicht erzählen, dass ich hin- und hergewandert bin, ohne zu spielen".

© SZ vom 29.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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