Fernsehgelder:Bedrohte Stätten des Weltfußballerbes

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Der Profisport auf Schalke wird ärmer werden. (Foto: Ina Fassbender/dpa)

Einige Vereine können auf die finale Rate des TV-Honorars kaum noch warten - zum Beispiel Schalke 04. Dabei teilen sich Bundesliga und TV-Sender das gleiche Problem.

Kommentar von Philipp Selldorf

Viele Vereinsvertreter der ersten und zweiten Bundesliga dürften geradewegs begeistert gewesen sein, als am Freitagmorgen in diversen Medien verbreitet wurde, die Deutsche Fußball Liga habe in den Verhandlungen mit den Fernsehpartnern eine Vorschusszahlung für die letzte Rate der Übertragungsrechte erreicht. Im Western wäre diese Nachricht vergleichbar mit der Meldung an die Umzingelten, dass die Kavallerie im Anmarsch ist. Doch mussten die Vereinsvertreter wenig später erfahren, dass die Kavallerie in Wahrheit noch einige Canyons entfernt ist und vielleicht nicht mehr rechtzeitig eintreffen wird. Am Vormittag publizierte die DFL in Reaktion auf die Erfolgsberichterstattung ("Die Bundesliga ist gerettet!") ein Dementi: Man befinde sich zwar "in Gesprächen mit allen Medienpartnern", doch mit dem wichtigsten Partner, dem Abo-Sender Sky, gebe es "noch keine vertraglich fixierte Vereinbarung".

Die DFL nimmt es da aus guten Gründen genau, wie im Austausch mit der Politik kommt es auch in diesen Gesprächen auf den richtigen Ton an. Mit ARD und ZDF ist man wohl schon recht einig geworden, mit dem dritten Neben-Partner DAZN ist es schwieriger, aber worum es vor allem geht, ist die Absprache mit dem Hauptgeldgeber Sky. Dieser unterhält seine Produktionsstätte zwar immer noch in München-Unterföhring, wird aber vom Medienriesen Comcast aus Philadelphia gelenkt. Die Verhandlungen mit den Amerikanern sind, so hört man, nicht von deren Barmherzigkeit geprägt.

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Gleichwohl sind sie wohl in einem aussichtsreichen Stadium angelangt, denn die DFL tritt nicht nur als Bittsteller auf, sondern auch als der Partner, den Sky in Deutschland zum Überleben benötigt. Der Fußball liefert dem Sender die Ware zur Aufrechterhaltung seines Geschäftsmodells. Zudem teilen beide Seiten das gleiche Problem: Sie haben kein Produkt, das sie ihrem Publikum bieten können.

Auf Schalke fällt das Wort "Existenzbedrohung"

Anfang Mai wäre, bei planmäßigem Betrieb, die finale Rate des TV-Honorars fällig geworden. So lange können einige Klubs aber kaum noch warten, zumal ein Dutzend der 36 Erst- und Zweitligisten den erhofften Betrag bereits verpfändet und für den laufenden Betrieb verwendet hat. Andererseits kostet eine Vorschusszahlung auf Spieltage, die nicht terminiert sind, die Solidargemeinschaft reales Geld: Die TV-Partner zahlen logischerweise insgesamt weniger, wenn sie in Vorleistung für den Geisterspielbetrieb gehen. Immerhin könnten sich die Fernsehunternehmen so auch um die Rettung uralter Kulturgüter verdient machen.

Eine dieser bedrohten Stätten des Weltfußballerbes steht in Gelsenkirchen. Zwar wird beim FC Schalke 04 versichert, man werde auch im Fall des Saisonabbruchs nicht über die Wupper respektive die Emscher gehen, doch ebenso glaubhaft haben die Klubverantwortlichen bereits das Wort "Existenzbedrohung" in die Runde geworfen, etwa dann, wenn bei den Fans um Verzicht auf vorab bezahlte Eintrittsgelder für die verbliebenen Spiele geworben wird. Schalke muss sich allerdings weiterhin furchtlos geben, wenn es mit den Banken um Kredite verhandelt. Bargeld vom Fernsehen würde ein wenig aus dem Dilemma helfen.

Ärmer wird der Schalker Profisport auf jeden Fall werden. Die meisten der vertraglich garantierten Millionen für seine Fußballer kann der Klub kaum einsparen, die Million, die er für sein Basketballteam aufwendet, schon. Wie der FC Bayern hatte es auch Schalke für eine gute Idee gehalten, durch das Engagement in einer anderen Sportart die Vereinsbasis zu vergrößern. Die Schalker Korbjäger haben es immerhin in die zweite Liga geschafft, zu den Spielen in Oberhausen kamen rund 1000 Zuschauer - nun hat Finanzchef Peter Peters für die defizitäre Abteilung das Ende verkündet. Da wird auch keine Kavallerie mehr kommen.

© SZ vom 18.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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