Noch eine Pressekonferenz nach dem Spiel gegen Hertha BSC, dann hat Hansi Flick es erst mal geschafft. Er ist Trainer, er spricht gern über Restverteidigung, Tiefenstaffelung und solche Sachen. Allerdings muss er am Sonntag wohl noch einmal Sportdirektorenfragen beantworten. Er ist da auch ein bisschen selbst schuld; er wünscht sich ja selbst Transfers, damit restverteidigen und tiefenstaffeln in dieser besonders anstrengenden Saison genauso gut klappt, obwohl alle drei Tage ein Spiel stattfindet. Und er hat es bislang souverän geschafft: Immer, wenn es um seine Wünsche ging, hat er auch darauf hingewiesen, dass es gerade nicht ganz unkompliziert ist, ein Sportdirektor zu sein.
"Wir können auch nicht aus dem Vollen schöpfen, was das Finanzielle betrifft, sondern wir müssen da auch gucken, dass wir das mit Sinn und Verstand machen", so lautete ein Flick-Satz in der vergangenen Woche, öffentlich betonte Rückendeckung für Sportvorstand Hasan Salihamidzic. Eigentlich ist das ja nur logisch: Dass es in dieser Corona-Saison selbst beim erfolgreichsten Fußballklub der Welt nicht funktioniert, einfach mal diesen Andrej Kramaric für zig Millionen Euro aus Hoffenheim zu kaufen, bloß weil das erfolgreichste Fußballteam der Welt ein paar Auswechselspieler braucht.
Was die Münchner betrifft, sieht es nun so aus, als würden auf dem Transfermarkt kurz vor Schluss noch ein paar Erfolge gelingen, in Marc Roca ist der erste Zugang fast schon da. Doch der Flick-Satz von Sinn-und-Verstand statt Aus-dem-vollen-Schöpfen, der gilt im Umgang mit den Folgen der Pandemie auch an allen anderen Bundesliga-Standorten. Und dort, wo Sinn und Verstand zuletzt nicht zu den größten Stärken zählten, könnte man das in dieser Saison so deutlich sehen wie selten zuvor. In anderen Worten: Diese Saison ist vielleicht die, in der Management-Fehler ganz besonders hart bestraft werden.
In Köln, Mainz und Schalke gibt's wenig Spielraum
Der Saisonstart hat bislang drei recht klare Verlierer: Köln, Mainz und Schalke stehen mit null Punkten am Tabellenende. Das hat erstens nach drei Spieltagen natürlich noch wenig zu sagen und zweitens jeweils sehr eigene Gründe. In Mainz haben die Verantwortlichen die Folgen der Pandemie offenbar besonders unglücklich moderiert; auf Schalke hat die Pandemie das unvernünftige Wirtschaften der Vorjahre offengelegt (und das ist dort mit Verlaub nur ein Problem).
Was aber alle gemein haben, das ist der geringe Spielraum, auf Fehlentwicklungen zu reagieren. Es lohnt sich jetzt noch mehr als sonst, in der Vergangenheit eine klare Idee verfolgt zu haben, für welchen Fußball und welche Strategie man als Verein stehen will - und den Kader früh nach diesen Prinzipien zusammengestellt zu haben, nicht auf den letzten Drücker (wie zum Beispiel in Köln). Es rächt sich jetzt mehr als sonst, wenn man das nicht getan hat. Es ist vielleicht eher kein Zufall, dass ausgerechnet der SC Freiburg, oft für sein vernünftiges Management gelobt, in der Krise einen Transfer-Rekordsommer hingelegt hat, mit den teuren Verkäufen der Nationalspieler Robin Koch und Luca Waldschmidt - und mit dem Einkauf des begabten Baptiste Santamaria.
Für alle Manager, die am Montagabend, wenn das Transferfenster schließt, ein schlechtes Gefühl haben, bleibt immerhin die Aussicht, dass es sehr früh in der Saison wieder öffnet - dem verschobenen Terminplan sei Dank. Wintereinkäufe können diesmal pünktlich zum 14. Spieltag da sein. Günstig dürften die aber auch nicht werden.