FC Bayern in der Einzelkritik:Stuttgarter schießt Stuttgart ab

Lesezeit: 4 Min.

(Foto: Hansjürgen Britsch/Pressefoto Baumann/Imago)

Serge Gnabry meldet sich mit drei Toren und zwei Vorlagen zurück, Robert Lewandowski beendet das Minutenzählen, bevor es angefangen hat - und Marc Roca zeigt, dass man ihn nicht vergessen sollte.

Von Martin Schneider

Manuel Neuer

(Foto: Hansjürgen Britsch /Pressefoto Baumann/Imago)

Hat in seinem Leben schon 453 Bundesliga-Spiele gespielt, dementsprechend auf 453 verschiedenen Wiesen gestanden und wahrscheinlich waren da sogar Grüns dabei, die noch mehr Furchen hatten als der von Schnee und Regen vernarbte Acker in Stuttgart. Aber bestimmt nicht viele. Sah meist den 22-jährigen Ägypter Omar Marmoush auf sich zulaufen, sah dann aber auch recht schnell, dass der ihn nicht überwinden kann (siehe Foto). In der zweiten Halbzeit kam der Japaner Endo zweimal gefährlich nahe - aber das war's dann schon.

Benjamin Pavard

(Foto: Thomas Kienzle/AFP)

Hat ja eine Vergangenheit in Stuttgart, die man fast vergessen hat, obwohl sie ziemlich spektakulär ist: Wechselte ins Schwabenland, als der VfB noch Zweitligist war, stieg in die Bundesliga auf und wurde und blieb französischer Nationalspieler, obwohl der VfB mit ihm in der Abwehr auch wieder abstieg. Es spricht eigentlich unstrittig für die Qualität eines Spielers, wenn man dann trotzdem als Stammspieler Weltmeister wird. Aber das alles ist nun auch wieder drei Jahre her.

Mittlerweile sucht Pavard seine Rolle in München, landete wegen einer Nagelsmann'schen Taktikumstellung nach ein paar Minuten wieder auf der eher ungeliebten Außenverteidiger-Position. Überlebte dort einen überharten Pressschlag gegen Marc-Oliver Kempf.

Niklas Süle

(Foto: Hansjürgen Britsch via www.imago-images.de/imago images/Pressefoto Baumann)

Hatte es in der ersten Halbzeit mit diesem sehr quirligen Mamoush zu tun, der so wirkte, als würde er Süle im Notfall auch durch die Beine laufen. Aber Süle, von dem Beobachter wissen, dass er viel schneller ist, als er zu sein scheint, meisterte die undankbare Aufgabe gekonnt und nutzte zuweilen einfach aus, dass er in einer anderen Gewichtsklasse spielt (siehe Foto).

Lucas Hernandez

Lucas Hernandez fällt bei den Bayern vorerst aus. (Foto: Andreas Gebert/Reuters)

Man hätte ja schon gerne gewusst, ob er sich nun gefreut oder geärgert hat, dass der FC Bayern nun doch nicht gegen seinen Ausbildungsklub Atlético Madrid spielt. Gegen Stuttgart ohne eine einzige auffällige Aktion. Was für einen Abwehrmann nichts schlechtes ist.

Alphonso Davies

(Foto: Alexander Keppler /Pressefoto Baumann/imago)

Hat seit geraumer Zeit eine schwierige taktische Aufgabe, weil er auf seiner Seite viel offensiver spielen soll, als Pavard auf der anderen - was dazu führt, dass der zu verteidigende Raum hinter Davies immer sehr viel größer ist. Sah in den vergangenen Spielen darum auch nicht immer glücklich aus, auch, weil er sich nicht immer clever verhielt. Gegen Stuttgart gab es diese Situationen nur ein-, zweimal - die waren am Ende aber egal.

Marc Roca

(Foto: Thomas Kienzle/AFP)

Im Sommer gab es Bilder des Spaniers, wie er seinen Bizeps präsentiert und kurz danach kam die Meldung, dass er auf die Olympischen Spiele in Tokio verzichten würde, um die Vorbereitung unter dem neuen Trainer Nagelsmann voll mitzumachen. Beides - Bizeps und Bereitschaft - wurde wohlwollend beim FC Bayern aufgenommen, wo der von Espanyol Barcelona aus der zweiten spanischen Liga geholte Mittelfeldspieler bis dahin noch nicht so richtig zum Zuge kam. Roca warf also alles rein - und kam nicht zum Zuge.

Es heißt, er sei ein Kandidat für einen Weggang im Winter, aber wenn man ihn in Stuttgart so sah, dann muss das eigentlich nicht sein. Übernahm die verantwortungsvolle Aufgabe im zentralen Mittelfeld ohne große Fehler, obwohl die Stuttgarter ihn und Musiala (siehe dort) so ein bisschen als Schwachstelle ausgeguckt hatten. Hat definitiv gehobenes Niveau, ob er das in München dauerhaft zeigen darf, ist aber eine ganz andere Sache.

Jamal Musiala

(Foto: Markus Ulmer /Ulmer/Imago)

Man soll ja nie nie sagen, schon gar nicht im Fußball, schon gar nicht bei 18-Jährigen im Fußball - aber ob das noch was mit Jamal Musiala im Zentrum wird? Natürlich hat er die technischen Fähigkeiten dafür, natürlich kann er auch weit weg vom gegnerischen Tor elegant dribbeln. Die Frage ist nur, ob diese Talente weiter vorne auf dem Feld nicht nützlicher wären. Aber es ist ja nicht so, als ob das eine freiwillige Idee war - Bayern hat einfach keine zentralen Mittelfeldspieler mehr übrig und so musste sich Musiala 90 Minuten lang gegen Stuttgarter erwehren, die es ihm und Roca natürlich noch schwerer machten, weil sie wussten, dass da zwei Rookies spielten. Machte es so gesehen eigentlich ganz gut. Wird vielleicht doch noch was mit ihm als Achter.

Kingsley Coman

(Foto: Alexander Keppler/Pressefoto Baumann/Imago)

Man hat das schon einmal gesehen: Ein Kingsley Coman in Höchstform, dessen Geschwindigkeit von keinem Verteidiger zu kontrollieren ist, der irgendwann sogar mit dem Toreschießen anfängt - und dann halten seine Muskelfasern der eigenen Power nicht stand. Diesmal war es wohl die Kombination aus kaltem Dezember, vielen Spielen und einem sehr energischen Zweikampf mit dem Elitesoldaten Mavropanos, der Coman an den Oberschenkel greifen ließ. Er musste nach 27 Minuten raus, Leroy Sané kam.

Serge Gnabry

(Foto: Hansjürgen Britsch/Pressefoto Baumann/Imago)

Es kommt beim FC Bayern nicht so oft vor, dass man eindeutig den besten Spieler des Spiels benennen kann, dafür ist, frei nach Berti Vogts, die Dichte in der Spitze zu breit. Aber gegen Stuttgart war der Stuttgarter Serge Gnabry schon vor seinem späteren Torregen unumstritten hervorzuheben. In jüngster Vergangenheit von Quarantäne, leichten Blessuren und Bank-Plätzen ausgebremst, überzeugte er gegen den VfB wie einst zu seinen besten Zeiten, meist in Spielen in London.

Gnabry feuerte schon in der ersten Halbzeit aus jeder Position, ein gefühlvoller Lupfer über Fabian Müller wurde noch abgefangen. Sein Treffer zum 1:0 war dann gleich auf zweierlei Arten schön: Weil er clever und untypisch nach einem Steilpass so in Position lief, um den Ball mit dem torfernen rechten Fuß schießen zu können - und weil er ihn trotz ungewohnter Körperhaltung perfekt ins lange Eck schlenzte. Seinen zweiten Treffer erzielte er dann mit links von der anderen Seite aus, den dritten Treffer staubte er ab und die zwei Tore, die er nicht schoss - die bereitete er vor.

Thomas Müller

(Foto: ActionPictures/Imago)

Die Spiele vor Weihnachten sind seine Spiele: Tiefer Boden, mehr Kampf als sonst, meist auch mehr unsaubere Aktionen, die ein Fuchs wie Müller zur Beute machen kann. Am Ende standen aber "nur" zwei Vorlagen im Spielberichtsbogen - Serge Gnabry war einfach hungriger. Wird damit gut Leben können.

Robert Lewandowski

(Foto: MIS/Imago)

Man war schon kurz davor, an die zugegebenermaßen nervige Marotte des Minutenzählens zu denken. Aber der maschinenhafte Lewandowski wäre ja tatsächlich fast drei Pflichtspiele lang ohne Treffer geblieben und man war auch schon geneigt, die gängigen Statistikportale zu durchsuchen. Wann hatte er denn zuletzt so eine monumentale Torflaute? Kann es sein, dass er angesichts von fast 2000 Pflichtspielminuten (nur Manuel Neuer hat mehr) nicht vielleicht doch müde wi... und da traf er zum 3:0. Per Lupfer (Foto). Und kurz darauf zum 4:0. Nevermind, wie der Brite sagt.

Einwechselspieler

(Foto: Andreas Gebert/Reuters)

Leroy Sané musste früh den Platz von Kingsley Coman einnehmen und als man dachte, dass er im engen Stuttgarter Mittelfeld keinen Platz finden würde - da ließen ihm seine Gegner urplötzlich immens viel Platz. Ließ einen Steilpass mit einer Körpertäuschung passieren, sodass niemand direkt seinen Sprint aufnahm - und bereitete das 1:0 von Serge Gnabry vor. Auch Cuisance, Nianzou, Tillman und Richards durften noch mitspielen, bereiteten aber keine Tore vor.

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