Bundesliga:FC Bayern lädt zum Widerstand ein

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Der Trainer-Umbruch von Pep Guardiola auf Carlo Ancelotti ist für die Münchner komplizierter als gedacht. Die Frage ist, ob Ancelotti schnell genug aus dem Entspannungs-Modus kommt.

Kommentar von Christof Kneer

All jene, die immer schon fanden, dass früher alles besser war, dürften gerade eine rechte Freude am FC Bayern haben - bis auf jene vielleicht, die zwar auch finden, dass früher alles besser war, aber nebenbei noch FC-Bayern-Fan sind. Wer den Münchnern gerade bei der Ausübung ihres Berufs zusieht, der fühlt sich tatsächlich ein wenig an jene Zeiten erinnert, als die Bayern sich einen Spaß draus machten, den Gegner zappeln zu lassen, bevor dann in der 84. Minute Roy Makaay ums Eck bog und das Siegtor erzielte.

Mit koketter Empörung haben sich die Bayern dann immer gegen den Vorwurf des "Bayern-Dusels" gewehrt, aber im Stillen haben sie es auch genossen, dass man ihretwegen extra eine Wortneuschöpfung in Auftrag gegeben hat. Bayern-Dusel, das hieß ja auch: Hund san's scho', die Burschen.

Von dieser historisch-bajuwarischen Art, das Spiel zu interpretieren, trennen die Bayern im Oktober 2016 ein paar Kleinigkeiten, unter anderem, dass Makaay nicht mehr mitspielt. Und natürlich, dass der "Bayern-Dusel" am Wochenende doch von etwas anderer Art war: Der Dusel bestand diesmal darin, nicht noch verloren zu haben - gegen einen aufsässigen Gegner, der in Unterzahl spielte.

Wäre so ein Spiel mit Pep Guardiola auch passiert? Das ist die Frage, die zurzeit die Menschen umtreibt, übrigens auch die beim FC Bayern. Es ist eine Frage, die noch keiner seriös beantworten kann, aber es ist genau die Frage, die den Reiz dieser Saison ausmachen dürfte. Befindet sich der FC Bayern zurzeit einfach nur in einem Entspannungs-Modus, der wohlverdient und dringend nötig ist nach anstrengenden Jahren mit dem immer fordernden, immer treibenden und sich manchmal selbst überholenden Pep?

Oder sind die Münchner im Gegenteil gerade dabei, schleichend ihre von Louis van Gaal bis Pep Guardiola immer weiterentwickelten Basics zu verlieren: ihren herrischen Fußball, der beim Gegner schon deshalb keinen Gedanken an Widerstand aufkommen lässt, weil er einfach nie an den Ball kommt?

Man wird diese Saison viel über Carlo Ancelottis Qualitäten erfahren. Seine Vita weist ihn als Coach aus, der ein Gespür für den inneren Rhythmus einer Elf hat, der weiß, wann er den Regler in die eine und wann in die andere Richtung zu drehen hat. Allerdings hat Ancelotti auch noch nie eine derart intensiv definierte Elf übernommen, die es auf dem Platz nicht verbergen kann, wenn der neue Trainer weniger exakt ist als der alte.

Man darf gespannt sein, was nach der Erholungsphase passiert. Ob die Bayern dann wieder vital und dominant ans Werk gehen; oder ob sie zwar erholt sind, aber nicht mehr so präzise wissen, wie ihr Job vor dem Urlaub eigentlich ging.

© SZ vom 17.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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