Bundesliga: FC Bayern:Boateng für die Baustelle

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Während der FC Bayern um Platz drei in der Bundesliga kämpft, forciert der Vorstand die Personalplanungen. Ein Verteidiger von Manchester City könnte gleich doppelt Abhilfe schaffen.

Moritz Kielbassa

Nein, teilte Christian Nerlinger am Mittwoch höflich, aber entschlossen mit: Kein Kommentar zu Transfers! Die Planungen des FC Bayern für die kommende Saison stecken noch im Frühstadium, es ist die hohe Zeit des Anbahnens, Abwägens, Taktierens - da will der Sportdirektor diskret bleiben.

Von Manchester nach München? Nationalverteidiger Jérôme Boateng. (Foto: ag.ddp)

Nur eine aktuelle Auskunft gab Nerlinger gern: Er sei "beeindruckt" davon, "wie abgeklärt" am Vorabend Manchester United das Halbfinale der Champions-League gewonnen habe, obwohl bei Schalke Manuel Neuer großartige Gegenwehr leistete - der mutmaßliche neue Bayern-Torwart, der nächsten Samstag mit Schalke in München antritt. In diesem Spiel geht es für die Bayern um nicht weniger als um drei Punkte gegen das drohende Verpassen der Champions League. Eine bittere Tatsache, die Nerlingers Planungssicherheit derzeit noch einschränkt.

Bei Manchester könnten dem Bayern-Manager zwei Dinge positiv aufgefallen sein. Erstens: Auf höchstem Level ist pragmatischer, anpassungsfähiger Fußball oft zielführender als eine unverwechselbare taktische Identität, wie sie der alte Trainer Louis van Gaal beim FC Bayern mit seinem Ballbesitz-Stil etablieren wollte.

Wofür ManU stilistisch steht, weiß eigentlich niemand so genau. Doch ManU gewinnt und gewinnt, fast ohne Gegentore - und kreiert vorne trotzdem Sehenswertes. Der zweite große Vorteil der Engländer: eine stabile Innenverteidigung, mit kopfballstarken Hünen (Vidic, Ferdinand), die solide kicken können.

Bei den Bayern ist die Defensive eine Baustelle, daher haben sie Jérôme Boateng im Auge. Der Nationalverteidiger von Uniteds Stadtrivale Manchester City - 22 Jahre alt, 1,92 Meter groß, beidfüßig, pfeilschnell - ist ein Wunschkandidat für die Abwehrmitte, trotz zurückhaltender Aussagen seines Beraters Jörg Neubauer ("das Ganze ist ein Zeitungsthema").

Boateng wechselte erst 2010 vom Hamburger SV auf die Insel. In Manchester genießt er bisher nicht die ihm angemessene Wertschätzung. Die Bayern sähen Boateng als Innenverteidiger, in dieser Rolle glänzte er bei der U21-EM 2009. Seine Vielseitigkeit war in der Vergangenheit für ihn Fluch und Segen zugleich, denn wer hinten auch links oder rechts im Außendienst eingesetzt werden kann, der muss häufig in den Schwachstellen einer Mannschaft aushelfen - wie Boateng unter anderem beim HSV und im deutschen Nationalteam.

Von seiner charakterlichen Eignung dürfen die Bayern guten Gewissens ausgehen. Boateng, bei Hertha BSC Berlin ausgebildet, gilt als anständig, lernwillig und deutlich pflegeleichter als sein Halbbruder Kevin-Prince (AC Mailand).

Eine gute Alternative zu ihm wäre Benedikt Höwedes, den aber will der FC Schalke, so die bisherige Auskunft, keinesfalls aus seinem Vertrag bis 2014 entlassen. Die Agentur von Höwedes-Berater Volker Struth betreut auch Bayerns Toni Kroos und zwei weitere Klienten, die offenbar zum Kandidaten-Pool der Münchner gehören: Marco Reus, hochbegabter Dribbler aus Mönchengladbach. Und Ivo Ilicevic aus Kaiserslautern, denkbar als Back-up für die Münchner Flügelkünstler Ribéry und Robben.

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Kein Thema ist offenbar Didier Ya Konan, der Torjäger von Hannover 96. Dessen Trainer Mirko Slomka hatte wegen des Duells mit den Bayern um den dritten Champions-League-Startplatz eine Unruhe schürende Offerte für Ya Konan befürchtet. Doch der Ivorer steht dem Vernehmen nach ebenso wenig auf Bayerns Einkaufszettel wie Hannovers Abwehrchef Pogatetz.

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Zwingend kommen soll dagegen ein Außenverteidiger. Meldungen, dass die Bayern Gregory van der Wiel (Ajax Amsterdam, rechts) und den bisher überteuerten Fabio Coentrao (Benfica Lissabon, links) bereits von ihrer Liste gestrichen haben, waren wohl voreilig, es gibt aber noch andere Kandidaten. Für van der Wiel machte sich zuletzt dessen Landsmann Arjen Robben stark.

Robben wünscht sich "zwei drei Verstärkungen - für die erste Elf!" Denn, sagt der Holländer: "Wir wollen in der Champions League angreifen!" Er selbst kam 2009 als Knüller in einer ähnlichen Krisenphase - ein typischer Trotzkauf der Bayern, wie schon 2007 Ribéry und Toni, mit denen eine schwache Vorsaison korrigiert wurde.

Der Vertrag des ebenfalls 2007 geholten Nationalstürmers Miroslav Klose läuft im Juni aus. Der künftige Trainer Heynckes schätzt die Fähigkeiten des 33-Jährigen. Bleiben darf Klose aber wohl nur, wenn er bei seinem großzügigen Gehalt Abstriche hinnähme.

© SZ vom 28.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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