Bundesliga: Elf des Spieltags:Tribünenauftritt in Rot

In Hannover blickt alles auf den Gesichtsfarben-Index, Paul Breitner und einen E-Jugend-Eckball-Trickser. Felix Magath trägt die schrägste Brille des Wochenendes und der HSV schießt ein wirkungsloses Wembley-Tor.

Die Elf des Spieltags

1 / 11
(Foto: imago sportfotodienst)

In Hannover blickt alles auf den Gesichtsfarben-Index, Paul Breitner und einen E-Jugend-Eckball-Trickser. Felix Magath trägt die schrägste Brille des Wochenendes und der HSV schießt ein wirkungsloses Wembley-Tor. Die Elf des Spieltags. Die erste Position der Elf des Spieltags geht diesmal unvermeidbar an die Tribüne in Hannover. Wer ins Fernsehen will oder in eine Zeitung oder einen Internetauftritt einer Nachrichtenseite, der sollte sich eine Eintrittskarte für ein Bayern-Spiel kaufen, eine Reihe vor den Herren Karl Hopfner, Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge (von links). Der Finanzvorstand, der Präsident und der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern sind sicher die meistgefilmten und meistfotografierten Besucher eines Fußballspiels aller Zeiten. Per Gesichtsfarben-Index, Nasenröte, Dicke von Lippen oder Ausmaß der Entgeisterung wird dann der Gemütszustand dieses aufgeregten, ambitionierten Vereins gedeutet. Am Samstag in Hannover kam auch noch Paul Breitner (rechts im Bild) hinzu, der mit seiner Mimik und Gestik einen weiteren Seismographen darstellte bei einer der schlimmsten Niederlagen der Münchner der vergangenen Jahre. Was das bedeuten soll? Beim letzten Spiel von Jürgen Klinsmann im April 2009 saß an dieser Stelle Jupp Heynckes. Texte: Thomas Hummel und Johannes Aumüller

2 / 11
(Foto: dapd)

Auch Louis van Gaal sah nicht gut aus nach dem 1:3 in Hannover. Gar nicht gut. Fast so schlecht wie Karl Hopfner auf der Tribüne. Er antwortete aber gemäß eines stolzen, wohlerzogenen Niederländers auf die Frage nach seiner Entlassung: "Das ist natürlich in den Medien ein Thema, aber ich habe immer das Vertrauen des Vorstandes gespürt. Ich mache immer meine Arbeit. Aber nach der dritten Niederlage in Folge wird es natürlich schwierig. Da muss der Vorstand Entscheidungen treffen." Ob er schon am Samstag geahnt hatte, was passieren würde? An der Entgeisterung Hopfners? Der Gesichtsfarbe von Hoeneß? Oder der Nasenröte von Rummenigge? Vielleicht flüsterte ihm auch Paul Breitner was zu.

3 / 11
(Foto: dapd)

Louis van Gaal ist nicht an Konstantin Rausch gescheitert. So zugespitzt kann man das nicht sagen, es standen noch zehn andere Hannoveraner auf dem Platz und lange Zeit auch elf Spieler des FC Bayern. Doch was der 20-Jährige anstellte am Samstag, war schon bemerkenswert. Zuerst sauste er am linken Flügel entlang wie einst Franck Ribéry und bereitete so das 1:0 vor. Dann traute er sich einen E-Jugend-Eckball-Trick zu, legte sich wie einst Arjen Robben von der rechten Seite aus den Ball nach innen und knallte die Kugel zum 2:0 in die Maschen. "Es war nicht so wie sonst gegen Bayern, wo wir immer ängstlich rausgegangen sind", sagte er nach dem Erfolg, "nicht so wie bei den letzten Malen, wo wir immer eine Packung bekommen haben." Und bislang war es immer so: Wer den Bayern weh tut, den kaufen sie. Hannover sollte sich in Acht nehmen.

4 / 11
(Foto: dapd)

Wer den Bayern weh tut, den kaufen sie. Manuel Neuer tat den Bayern am vergangenen Mittwoch weh mit einer sehr soliden Leistung beim 1:0 der Schalker im DFB-Pokal-Halbfinale trotz missliebiger Stimmung. "Koan Neuer"-Plakate hielten viele Fans in die Höhe, doch nach dem Fehler von Thomas Kraft in Hannover ist es gut möglich, dass der Rekordmeister noch am Sonntag mit Neuer telefoniert hat. Und auch das Schicksal scheint für den Schalker zu sprechen: Kraft rutschte ein Ball über die Finger und er landete zum 1:3 im Netz. Neuer rutschte in Stuttgart auch ein Ball über die Finger, doch der 24-Jährige holte ihn noch vor der Linie wieder ein (zumindest nach Ansicht der Schiedsrichter). Und jeder weiß: In München kommt es nur auf das Ergebnis an.

5 / 11
(Foto: Bongarts/Getty Images)

Langlauf-Bundestrainer Jochen Behle trägt eine wirklich schräge Sonnenbrille. Das wurde am Sonntag noch einmal deutlich, denn da bestritten die Athleten bei der Ski-WM in knapp zweieinhalb Stunden den 50-Kilometer-Wettbewerb - und zweieinhalb Stunden Langlauf-Übertragung bieten die Gelegenheit, sehr oft Jochen Behles schräge Brille zu zeigen. Doch den Preis für die schrägste Sonnenbrille des Wochenendes gewinnt der Langlauf-Bundestrainer nicht. Dieser geht an Schalke-Trainer Felix Magath, der darunter seine wegen einer Entzündung geröteten Augen versteckte. Vielleicht lag's auch an der Brille, dass Magath nach der Niederlage gegen Stuttgart die Schuld beim Schiedsrichter suchte. Der Elfmeter war zwar in der Tat umstritten, dafür hätte es in zwei anderen Situationen Strafstoß für den Gegner geben können - und auf jeden Fall hätte seine Schalker Mannschaft den Rüffel eher verdient gehabt als der Unparteiische.

6 / 11
(Foto: Bongarts/Getty Images)

In dieser Saison kann bekanntlich so gut wie jeder Dortmund-Spieler nach so gut wie jedem Spiel in der Elf des Tages stehen. Diesmal allerdings ist der BVB-Vertreter nur ein Umweg, um zu verdeutlichen, dass es auch in der jetzigen Situation noch Bayern-Spieler gibt, die sich etwas freuen dürfen. Und dieser Umweg geht so: Der Borussen-Stürmer Lucas Barrios ist erstens ein unglaublich erfolgreicher Torschütze (elf Bundesliga-Treffer) und zweitens ein unglaublicher großer Pechvogel, weil er so oft wie kein anderer Spieler Latte oder Pfosten getroffen hat (schon neun Mal) und sich damit als "Alu-König der Liga" bezeichnen darf. Doch wenn er bei all diesen Latten- und Pfostentreffern ein paar Zentimeter weiter nach links, rechts oder unten gezielt hätte, wäre jetzt nicht nur Dortmund mit noch mehr Punkten Vorsprung Erster der Tabelle, sondern auch Barrios der beste Torschütze der Liga. So aber liegt in dieser Wertung noch Bayern-Angreifer Mario Gomez vorne.

7 / 11
(Foto: dpa)

Musste es ausgerechnet Wolfsburg sein? Als im vergangenen Sommer irgendwann klar war, dass sich Michael Ballack aus der Premier League verabschieden und in die Bundesliga zurückkehren würde, tauchte in der Berichterstattung fast täglich ein neuer potentieller Arbeitgeber auf. Schalke war eine Option, auch Wolfsburg, schließlich Leverkusen. In Schalke und Wolfsburg hätten sie einen wie Ballack in dieser Saison bitter nötig gehabt. Doch der langjährige Nationalmannschaftskapitän entschied sich für Leverkusen, und als dieses Leverkusen nun gegen Wolfsburg spielte und souverän gewann, stand Ballack nicht einmal im Kader. Angeblich auf eigenen Wunsch, weil er noch nicht richtig fit sei. Doch tatsächlich passt Ballack einfach nicht in diese Mannschaft mit den vielen jungen und guten defensiven Mittelfeldspielern. Vielleicht sollte er sich doch noch mal in Schalke oder Wolfsburg umhören.

8 / 11
(Foto: Bongarts/Getty Images)

Es war mehr Wembley-Tor als Bloemfontein-Tor. Mehr Geoffrey Hurt als Frank Lampard. Der eine schoss 1966 den Ball an die Unterkante der Latte und von dort flog der Ball auf die Linie, doch der Schiedsrichter gab Tor. Der andere schoss an die Unterkante der Latte, von dort flog der Ball weit hinter die Linie, doch der Schiedsrichter gab kein Tor. Marcell Jansens Schuss prallte nicht mal auf die Linie, sondern einen Meter davor auf den Rasen, dennoch erkannte Schiedsrichter Baback Rafati auf 1:0. Doch im Gegensatz zu den Spielen Deutschland gegen England hatte die Fehlentscheidung am Ende keine Auswirkung auf den Sieger. Denn trotz des irregulären Treffers verlor der Hamburger SV. Wer braucht da noch einen Videobeweis?

9 / 11
(Foto: dpa)

In der Geschichte der Nürnberger Offensive tauchen viele überragende Akteure auf, von Maxl Morlock bis Marek Mintal. Ein Herr namens Christian Eigler kam bislang nicht darin vor, was nichts damit zu tun hat, dass weder sein Vor- noch sein Nachname mit einem M beginnen. Doch an diesem Wochenende gegen St. Pauli gelang ihm etwas, was in den vergangenen fünfundvierzigeinhalb Jahre keinem Nürnberger gelungen war - nämlich vier Tore in einem Spiel zu schießen. Erst ein Linksschuss, dann ein Rechtsschuss, dann noch ein Linksschuss und dann noch ein Rechtsschuss. Es passieren derzeit wirklich unvorstellbare Dinge im Frankenland, denn bis zu diesem Spieltag hatte Eigler erstens als Synonym für "fleißiger, aber abschlussschwacher Stürmer" gegolten - und zweitens als Ersatzmann von Julian Schieber meist nur auf der Bank gesessen.

10 / 11
(Foto: dpa)

Claudio Pizarro ist ein wirklich außergewöhnlicher Stürmer. Der Peruaner hat mittlerweile mehr Bundesliga-Tore geschossen als jeder andere ausländische Spieler (insgesamt 138), er hat mit seinem Treffer gegen Freiburg sogar mehr Bundesliga-Tore geschossen als Uwe Seeler und weil dank seiner Klasse Werder Bremen auch niemals absteigen wird, hat er in den kommenden Monaten auch noch die Möglichkeit, in der ewigen Torjägerliste an seinem Manager Klaus Allofs vorbeizuziehen. Denn Pizarro ist erst 32, hat noch eineinhalb Jahre Vertrag (plus die Option auf ein weiteres Jahr) - und Allofs liegt gerade mal 29 Tore entfernt.

11 / 11
(Foto: dpa)

Wenn man nicht gerade Theofanis Gekas heißt, gehört es nicht zwingend zur sogenannten "Job Description" eines Stürmers von Eintracht Frankfurt, viele Tore zu schießen; es gehört aber sicherlich dazu, ab und an einen guten Spruch zu reißen. Begründet hat diesen Ruf vor allem Jan Åge Fjørtoft, der dereinst über seinen Trainer Jörg Berger sagte: "Der hätte auch die Titanic gerettet." Und später über Felix Magath: "Ob Felix Magath die Titanic gerettet hätte, weiß ich nicht. Aber die Überlebenden wären topfit gewesen." Diesmal tat sich Gekas' Landsmann Ioannis Amanatidis mit einem lockeren Satz hervor. Am Tag, an dem ein greises Fifa-Gremium entschied, auch künftig auf digitale Torlinientechnik zu verzichten, sagte der mit Blick auf eine umstrittene Szene: "Es sind drei Mann: zwei Linienrichter, ein Schiedsrichter. Wie viele brauchen die noch? Fünf, sechs, sieben?" Die Antwort des greisen Gremiums: In Zukunft sind es häufiger schon mal sechs (Schiedsrichter, zwei Assistenten, vierter Offizieller, zwei Torrichter).

© sueddeutsche.de/aum - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: