Bundesliga: Elf des Spieltags:Gute Führung

Kevin Kuranyi wirbt um Strafnachlass, Lukas Podolski schont sich für die WM und in München raunen die Besucher über einen tragischen Helden. Die Elf des Spieltags

1 / 11
(Foto: N/A)

Einen Ball spielte er noch humpelnd in den Strafraum, dann erstarrte er an der Außenlinie. Bayerns flinken Holländer Arjen Robben hatte kurz vor Ende der Partie gegen Stuttgart seine alte Wadenverletzung wieder eingeholt. Bei einem seiner typischen Dribbelsprints in die Mitte war der Niederländer ohne Einwirkung des Gegners plötzlich ins Stocken geraten und hüpfte und humpelte und haderte sich durch die letzten Minuten des Spiels. Es war der Moment, als in der Münchner Arena ein Raunen erahnen ließ, dass diese Verletzung folgenschwerer sein könnte als die lästige Heimpleite gegen den VfB.Robben, seit Monaten Bayerns Bester, läuft unrund - gegen Manchester wird er ausfallen, welch ein Drama! Gerade jetzt, wo Robben zum personifizierten bayerischen Frühlingsgefühl avanciert war, droht ein Rückfall in die alte Ribéry-Abhängigkeit. Es mag zynisch klingen, dass Robbens letzter Pass zum Gefährlichsten zählte, was die lethargischen Münchner an diesem Tag zustande brachten - er wäre ein tragischer Held geworden, wenn daraus ein Tor resultiert hätte. So war es nur tragisch, den vermeintlichen Held wie einen angeschlagenen Boxer an der Seitenlinie ins Aus taumeln zu sehen.Foto: getty

2 / 11
(Foto: N/A)

82 Minuten waren in der Münchner Arena gespielt, als Bayern-Coach Louis van Gaal beim ernüchternden Spielstand von 1:2 gegen Stuttgart zum letzten Mittel griff: Er brachte "Zorro" ins Spiel. Der maskierte Degenstar kam in Gestalt von Martin Demichelis für Thomas Müller auf den Platz, um sich mitten ins bayerische Abwehrgefecht zu stürzen. Richtig gelesen, Abwehrgefecht. Dass van Gaal mit dem Argentinier beim Versuch das Spiel noch zu drehen nicht etwa einen Stürmer brachte, lag vor allem daran, dass er gleichzeitig Kopfball-Koloss Daniel Van Buyten in die Sturmspitze beorderte.Mit dem Maskenmann im Defensivverbund sollte die Bayern-Armada also noch einmal zum großen Schlussspurt-Scharmützel blasen, doch daraus wurde nichts. Gegen die vielbeinige VfB-Verteidigung hätten wohl weder Peitschenhiebe noch ein schwarzer Umhang geholfen. Immerhin konnte "Zorro" nach seiner im Länderspiel gegen Deutschland erlittenen Gesichtsverletzung erstmals wieder beim ligaweiten Säbelrasseln mittun und sah dabei aus wie der geborene Rächer.Foto: rtr

3 / 11
(Foto: N/A)

Stuttgarts Brasilianer Cacau (li.) ist ein gottesfürchtiger Mensch. Nach Toren jubelt er gerne mit einem "Jesus liebt dich"-Shirt unterm Trikot und als gläubiger Christ kennt er sich natürlich auch im Neuen Testament aus. Dort hat er zu seinem 29. Geburtstag am Samstag anscheinend eine Stelle gefunden, die ihm besonders gefallen hat. "Geben ist seliger denn Nehmen" (Apostelgeschichte Kapitel 20, Vers 35). Und deshalb hat Cacau gar keine Geschenke erwartet zu seinem Wiegenfest, sondern er hat eins gemacht.An elf Bayern-Spieler und 69.000 Menschen im Stadion. Es war eine Bogenlampe, die sich so schön in der Luft bog, dass sich die Bayern-Spieler die Arme verbogen, um zu signalisieren: "Der Ball ist im Aus." Und dabei völlig vergaßen, aufzupassen, dass der Ball nicht ins Tor geht. Der Rest ist bekannt. Und so gesehen hat Cacau an diesem Tag dann doch ein Geschenk bekommen - und auch angenommen.Foto: getty

4 / 11
(Foto: N/A)

Kevin Kuranyis "Verbrechen" liegt rund zweieinhalb Jahre zurück. Damals entfernte sich der nicht für den deutschen Kader nominierte Stürmer in der Halbzeitpause des Länderspiels gegen Russland (2:1) unerlaubt aus dem Stadion. Die Strafe: Bundestrainer Joachim Löw warf ihn aus der Nationalmannschaft. Dem Vernehmen nach für immer.Nun stellt Kuranyi seit dieser Saison fleißig Revisionsanträge. Fast jede Woche einen, manchmal auch zwei, wie am Samstag gegen Leverkusen. Mit 17 Saisontreffern hat er Schalke fast im Alleingang an die Tabellenspitze geschossen. Und er ist dem Vernehmen nach auch nie wieder aus irgendeinem Stadion geflüchtet. "Gute Führung" könnte man ein solches Verhalten nennen. Und die wirkt sich in der Regel strafmildernd aus. "Natürlich habe ich noch etwas Hoffnung", gibt sich Kuranyi bewusst kleinlaut. Aber noch schweigt sein Richter Löw zumindest in der Öffentlichkeit beharrlich.Und als Fußballdeutschland zwecks Vermittlungsversuch schon fiebrig in den Telefonbüchern nach der Nummer von Amnesty International sucht, bahnt sich eine leise Annäherung an: Kuranyis Trainer Felix Magath plauderte aus, sein Stürmer und Löw hätten sich letztens "zufällig" getroffen und geplaudert. Auf weitere Zufälle dieser Art muss in Kuranyis momentaner Form jeder deutsche Fußballfan hoffen, dem am Unternehmen Weltmeisterschaft 2010 etwas gelegen ist.Foto: rtr

5 / 11
(Foto: N/A)

Endlich ein Bild von Lukas Podolski, wie ihn die Kölner Fans am liebsten sehen dürften. Denn nie ist der Kölsche Adelsvertreter und Zehn-Millionen-Mann wertvoller für "seinen" FC, als wenn er (mit Bauchmuskelzerrung) auf der Bank sitzt: Sein Ersatz Zoran Tosic schlenzte erst sehenswert mit lila Schuhen das 1:0 ins Eck, vollendete dann in neongelbem Arbeitsgerät einen Doppelpass zum 4:0 und hat damit in einem Spiel schon genauso viele Tore geschossen wie Podolski in der gesamten Saison. Und ganz nebenbei lieferte der FC beim 4:1 in Hannover die vielleicht beste Leistung der Saison ab. Das Kölner Spiel wirkte trotz Abstiegsangst federleicht, ja wie von einer königlichen Last befreit.So können sie in Köln nur hoffen, dass Lukas Podolski in der nächsten Zeit noch viele Sit-ups machen wird. Dann klappt's auch mit dem Nichtabstieg. Und Podolski kann frisch und ausgeruht zur WM fahren.Foto: Getty Images

6 / 11
(Foto: N/A)

Hanno Balitsch war in seiner Jungend ein begeisterter Leichtathlet. Dass er es sogar zum Hessenmeister im Hochsprung gebracht hat, lässt sich in dieser Szene genauso erahnen, wie die Vermutung, dass der kleine Hanno auch im Faustball große Erfolge gefeiert hat. Leider findet sich zu letzterer Annahme aber keine entsprechende Quelle in seiner Biographie.Deshalb kann die Nation nur rätseln, was Balitsch zu diesem Faustball-Gedächtnis-Handspiel, das zu Gelb für den Hannoveraner und einem verwandelten Elfmeter für Köln führte, bewogen haben könnte. Nichts zu rätseln gab es hingegen bei der Motivation für Balitschs Frust-Foul gegen den Kölner Maniche, das zu einer gelb-roten Karte für ihn führte. Und glasklar dürfte auch sein, dass selten ein einzelner Spieler in einem einzigen Spiel seinem tief im Abstiegskampf steckenden Team zwei solche Bärendienste erwiesen hat.Foto: imago

7 / 11
(Foto: N/A)

Edin Dzeko konnte es überhaupt nicht verstehen. "Warum die Fans gepfiffen haben, weiß ich nicht." Nikolce Noveski hatte den VfL-Stürmer in einem Zweikampf am Sprunggelenk getroffen. Dzeko selbst hatte das gemerkt, aber der Schiedsrichter und die 19.700 Zuschauer im Stadion hatten es offenbar nicht sehen wollen. Und so mutierten die FSV-Fans in der Folge zum kollektiven Tinitusgeräusch für Edin Dzeko. Sie pfiffen ihn gandenlos aus. Bei jeder Ballberührung. Bis zur Pause. Auf dem Weg in die Pause. Nach der Pause.Und was machte Edin Dzeko? Der rächte sich auf seine ganz persönliche Weise. Mit den Saisontoren 15 und 16, From Edin With Love sozusagen. Und mit einer Geste: Dzeko legte beim Torjubel die Hand ans Ohr - Mainz, ich höre nichts!Foto: dpa

8 / 11
(Foto: N/A)

Wem ist das noch nie passiert? Man sitzt am Sonntagabend gespannt vor dem Fernseher, in freudiger Erwartung des groß angekündigten Blockbusters. Und irgendwie, irgendwie bleibt man beim Zappen hängen. Bei einem unaufgeregten, kleinen Arthouse-Film.So ungefähr muss es auch Bondscoach Bert van Marwijk am Sonntagabend in Mönchengladbach gegangen sein. Vermutlich in erster Linie wegen Ruud van Nistelrooy (im Bild am Boden) angereist, dürfte seine Aufmerksamkeit recht schnell einem anderen gegolten haben: Roel Brouwers (im Bild jubelnd). Der ist eigentlich gelernter Verteidiger, benimmt sich in dieser Saison aber eher wie ein gelernter Stürmer. Gegen den HSV erzielte er nicht nur den goldenen Treffer zum 1:0, sondern bereits sein siebtes Saisontor. "Für mich ist das Wichtigste, gut für Borussia zu spielen. Alles weitere wird man sehen", antwortete Brouwers auf die Frage, ob er nicht ein Thema für Bert van Marwijk wäre. Das konnte nur als Understatement gewertet werden. Und plötzlich hat nicht nur Joachim Löw ein Problem, sondern auch van Marwijk.Foto: dpa

9 / 11
(Foto: N/A)

Er konnte einem schon leid tun, wie er da so sitzen musste: Ganz alleine, von allen Kollegen verlassen. Und er muss sich in diesem Moment gefühlt haben wie eigentlich im gesamten Spiel. Gegen Gladbach konnte Frank Rost noch so viel fausten, fischen und verhindern. Er war irgendwie der einzige Hamburger, dem etwas daran zu liegen schien, am Niederrhein nicht zu verlieren.Da konnte man sogar seine angestammte Miene, die im Profil noch recht schmeichelhaft wirkt und ansonsten immer ein bisschen an Arnold Schwarzenegger in einer Terminator-Fortsetzung erinnert, ein bisschen besser nachvollziehen.Foto: ddp

10 / 11
(Foto: N/A)

Bei Herthas Offensivabteilung fragt man sich Woche um Woche, wie oft es dem fußballspielenden Homo sapiens eigentlich möglich ist, das Außennetz zu treffen, am langen Pfosten vorbeizuschlenzen oder Kopfbälle neben das Tor zu setzen. Und Woche für Woche (okay, mit Ausnahme der letzten Woche) geben Raffael, Adrian Ramos (im Bild links) und Theofanis Gekas die Antwort: Wohl so lange, bis Hertha absteigt.Und selbst wenn ein Ball des Berliner Dreigestirns dann doch einmal den verwundenen Weg ins Netz findet, entscheidet der böse Schiedsrichter auf Abseits, auch wenn es wohl keins war. Dass ihnen das in dieser Saison schon zweimal passiert ist, wie Trainer Friedhelm Funkel nach dem Schlusspfiff monierte, nützt da auch nichts: Denn auch das Unglück ist den Herthanern in dieser Spielzeit bewiesenermaßen hold. So lange bis ... ach, Sie wissen schon.Foto: ap

11 / 11
(Foto: N/A)

Per Mertesacker gehört eigentlich nicht in die Elf des Spieltages. Warum? Weil es für einen Spieler von gefühlten 2,40 Meter und tatsächlichen 1,98 Meter Körpergröße keine Besonderheit darstellen sollte, Kopfballtore zu erzielen. Auch nicht, wenn es gleich zwei in einem Spiel sind und auch nicht, wenn es der erste Doppelpack seiner Bundesligakarriere ist.Aber dafür, dass er und seine Abwehrkollegen Woche um Woche dafür sorgen, dass Spiele von Werder Bremen, auch wenn die Hanseaten wie diesmal mit einem halben halben Dutzend Toren führen, nie langweilig werden, und Mertesacker nach der Partie dann auch noch sagt, "das macht den Reiz von Bremen aus", dann hat er sich seinen Platz wirklich redlich verdient.Foto: gettyTexte: Rebecca Schäfer und Jonas Beckenkamp

© N/A - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: