Bundesliga: Elf des Spieltags:Ein Mann wie James Dean

Mario Gomez hat ein Vorbild, Arjen Robben blutet, Matthias Lehmann ist nicht Schweinsteiger und Stuttgarts Präsident Erwin Staudt muss den Mob vom Hauptbahnhof fürchten.

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(Foto: dapd)

Mario Gomez hat ein Vorbild, Josip Simunic animiert Arjen Robben unfreiwillig zu Höchstleistungen. Matthias Lehmann ist nicht Schweinsteiger und Stuttgarts Präsident Erwin Staudt muss den Mob vom Hauptbahnhof fürchten. Die Elf des Spieltags. Im Grunde ist es Michael Ballack egal, ob er bei Bayer Leverkusen spielt oder nicht. Er will schließlich zurück in die deutsche Nationalmannschaft - und da dies nur über Einsätze in der Bundesliga geht, hängt er sich eben auch in Leverkusen rein. Wie passend also, dass sich Bundestrainer Joachim Löw für die Partie bei Eintracht Frankfurt angesagt hatte. Leverkusen agierte tatsächlich sehr überzeugend - auch Michael Ballack. Der saß 50 Minuten überzeugend auf der Bank, wärmte sich 40 Minuten lang überzeugend auf, eingewechselt wurde er jedoch nicht. "Ich denke nur an die Spieler und die Mannschaft und lasse mich nicht von irgendjemanden beeinflussen", sagte Trainer Jupp Heynckes ebenso überzeugend, was der Demütigung Ballacks noch das goldene Krönchen aufsetzte. Passend, dass Ballack am Sonntag nicht mittrainieren konnte. Ihn schmerzt das Knie - und droht auszufallen. Texte: Carsten Eberts und Michael König

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(Foto: dapd)

Das Zentralorgan der Fußball-Bundesliga verlieh Matthias Lehmann am Samstagabend einen Adelstitel: "Ein Typ wie Schweinsteiger" sei der Mittelfeldspieler des FC St. Pauli, hieß es in der ARD-Sportschau. An Schweinsteigers Stelle mochte man direkt einen Anwalt einschalten, denn Lehmanns Verhalten beim 3:1 gegen Gladbach war - gelinde gesagt - umstritten. In der 21. Minute hatte Lehmann seinen Gegenspieler Igor de Camargo gefoult. Nachdem der Gladbacher wutentbrannt auf Lehmann zulief, rieben die Streithähne die Köpfe aneinander. Lehmann ließ sich daraufhin theatralisch fallen. De Camargo, der zuvor das 1:0 für Gladbach erzielt hatte, wurde des Feldes verwiesen. "Wenn er mir so ein Geschenk anbietet, dann nehme ich das natürlich an", sagte Lehmann nach dem Spiel. Dass er in der 58. Minute das Tor zum 3:1-Endstand geschossen hatte, machte die Sache nicht besser. Oder, um es mit der Sportschau zu halten: nicht schweinsteigerischer.

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(Foto: dapd)

Julian Schieber wurde in Backnang bei Stuttgart geboren. Er spielte in der Jugend beim SV Unterweissach, dann bei der TSG Backnang, bevor es ihn zum VfB Stuttgart zog. Man nimmt ihm also ab, dass er für die Stuttgarter Fußballer hohe Sympathien hegt, auch wenn diese ihn nach Nürnberg abgeschoben haben. Da Schieber ausgeliehen ist, gilt er noch immer als Angestellter des VfB - den er am Samstag mit einem wunderbaren Tor und einer wunderbaren Vorarbeit noch weiter in Richtung Abstieg schoss. Am Ende stand es 1:4, Schieber hatte daran großen Anteil - und dachte womöglich auch an folgendes, recht wahrscheinliches Szenario: Stuttgart steigt ab, schießt Großverdiener wie Pawel Pogrebnjak auf den Mond, will den Neuaufbau mit jungen Spielern einleiten. Mit einem wie Julian Schieber, der folglich aus Nürnberg zurückbeordert wird und ab Juli in der zweiten Liga agiert. Schieber jubelte nach seinem Treffer übrigens nicht.

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(Foto: ddp)

In einer Zeit, als Michael Ballack und Torsten Frings noch für das Wohl im fußballdeutschen Mittelfeld verantwortlich waren, hatte die Politik des Zeichensetzens hohe Konjunktur. Lief es nicht, wurde ein Gegenspieler umgehauen - natürlich um diesem weh zu tun, vor allem jedoch, um die eigenen Mitspieler aufzuwecken. Diese Zeiten sind endgültig vorbei, was sich vor allem am Beispiel von Hoffenheims Josip Simunic zeigte. Der wurde in München beim Stand von 0:2 eingewechselt, keilte in einer seiner ersten Aktionen mit dem Arm aus und schlug Arjen Robben (man entschuldige den Kraftausdruck) mitten in die Fresse. Robben blutete ansehnlich, musste minutenlang behandelt werden - und nahm sich Simunics Zeichen zu Herzen: Er kam zurück, dribbelte Simunic davon und sorgte höchstpersönlich für das 3:0 und 4:0. Zumindest den Kollegen Robben hatte Simunic damit inspiriert.

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(Foto: dapd)

Das Gros der Bayern-Spieler warnte nach dem 4:0 davor, den deutlichen Sieg ausschließlich Arjen Robben zuzuschreiben. Gut, der Holländer hatte das 1:0 vorbereitet und das 3:0 und 4:0 selbst geschossen. Aber da war auch noch Franck Ribéry, der das 2:0 vorbereitete und gemeinsam mit Robben eine beeindruckende Flügelzange bildete. Erstmals seit langer Zeit standen beide Top-Verdiener des FC Bayern auf dem Platz, und dem Rekordmeister bekam das sehr gut. So gut, dass die Erinnerung an das blamable 2:3 gegen Köln in der Vorwoche verblasste und die Bayern-Fans wieder Spaß an der Liga haben. Nach dem Motto: Soll Dortmund die Meisterschale doch haben - wir haben die zwei besten Spieler der Liga. Ist ja auch ganz schön.

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(Foto: dapd)

Es gibt teure Friseure in München, und es gibt solche, bei denen ein Herrenhaarschnitt acht Euro kostet. Wie viel Geld Mario Gomez ausgegeben hat, als er seine metrosexuelle Mittellang-Matte in einen klassischen James-Dean-Schopf verwandeln ließ, ist nicht überliefert. Fakt ist: Es hat ihm nicht geschadet. Die Partie seines FC Bayern gegen Hoffenheim war kaum 90 Sekunden alt, da nahm Gomez einen Querpass von Arjen Robben akrobatisch in der Luft an und leitete ihn so präzise weiter, dass der Ball genau neben dem Innenpfosten zum 1:0 ins Tor hoppelte. Es war Gomez' 17. Saisontor, und wie kürzlich zu lesen war, zahlt ihm sein persönlicher Sponsor mittlerweile ein paar Euro extra, weil der einst für 35 Millionen von Stuttgart zum FCB transferierte Gomez trifft und trifft und trifft. Eine Million mehr im Jahr soll der Stürmer mit der Topquote bekommen, heißt es - davon lassen sich einige Friseurbesuche finanzieren.

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(Foto: AP)

Heiner Geißler spaziert vermutlich gerade durch sein Weingut in der Südpfalz, oder er feilt an seinem Buch über die Schlichtung im Fall Stuttgart 21. So genau weiß man das nicht. Sicher ist hingegen, dass sich der VfB Stuttgart derzeit viel Mühe gibt, den durch Geißler wiedergewonnenen Frieden in der Stadt zu torpedieren. Weil Trainer Bruno Labbadia, nach Gross und Keller der dritte Trainer der Saison, kaum ein Vorwurf zu machen ist, richtet sich die Kritik gegen den Präsidenten Erwin Staudt. Der sagte nach dem 1:4 gegen Nürnberg, dem Team fehle die "Leichtigkeit". Angesichts von Tabellenplatz 17 und den Härten des Abstiegskampfes ist das keine besonders glückliche Aussage - zumal in der Stadt, in der das Wort "Wutbürger" seinen Ursprung nahm. So scheint Staudt in der Krise nur Heiner Geißler helfen zu können - spielt das Team so weiter, ist die Fan-Revolte bei der nächsten Jahreshauptversammlung so wahrscheinlich wie der Bau des Stuttgarter Tiefbahnhofes.

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(Foto: picture alliance / dpa)

Es steht schlimm um Mönchengladbach, das hatte auch Stefan Effenberg erkannt. Effenberg fühlt sich als Gladbacher Legende, weil er sich zu seinen Zeiten als Borussia-Profi einen Tiger in den Hinterkopf frisieren ließ (und in 191 Spielen 33 Tore schoss). Nach der Gladbacher 1:3-Pleite bei St. Pauli sagte Effenberg, es müsse seitens des Vereins jetzt ein Zeichen gesetzt werden, was eine kaum verhohlene Aufforderung zur Entlassung des Trainers Michael Frontzeck (Bildmitte) war. Sportdirektor Max Eberl (links) aber stellte sich vor die Presse und sprach: "Hätten wir in der Winterpause einen neuen Trainer geholt, wären wir dafür gelobt worden. Aber Frontzeck hat weiterhin unsere Rückendeckung." Bitter für Frontzeck, dass diese Rückendeckung nur 24 Stunden anhielt: Am Sonntagabend gab die Borussia die Entlassung des Trainers bekannt. Bitter für Eberl, dass er die Trennung zuvor noch dementieren musste. Bitter für Effenberg, dass der Verein seinen Worten folgte - er aber trotzdem nicht Trainer wurde. Legende hin oder her.

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(Foto: REUTERS)

Lange spielt Jan Moravek (links im Bild) noch nicht beim 1. FC Kaiserslautern. Die alten Geschichten kennt er deshalb nur aus Erzählungen: dass Heimtore auf dem Betzenberg früher ausschließlich in den letzten Minuten fielen. Dass manche Schiedsrichter so lange nachspielen ließen, bis der FCK ausgleichen konnte. Nun weiß auch Moravek, wie sich Tore in letzter Minute auf dem Betzenberg anfühlen: Gegen Tabellenführer Dortmund lag der FCK verdient hinten, bekam kurz vor Schluss noch einen Eckball zugesprochen, per Kopf wurde der Ball abgewehrt, direkt auf die Brust von Moravek. Der nahm den Ball an, nagelte das Ding aus 15 Metern veritabel in den Winkel - und erlebte, wie das ist, wenn die Westkurve vor seinen Augen die Energie einer Herde besonders dicker Elefanten entwickelt. Abstiegskandidat Kaiserslautern hatte dem BVB damit zwei Punkte geklaut. Ausgeliehen ist Moravek an Lautern übrigens von Schalke 04.

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(Foto: dpa)

Den Platz im Rampenlicht beanspruchten nach dem 4:2 gegen Mainz andere für sich: Lukas Podolski, der zwei Tore schoss und anschließend im Fernsehinterview variantenreich erklärte, Fußball mache ihm jetzt, nach Siegen gegen Bremen, München und Mainz, wieder Spaß. Oder Milivoje Novakovic, der ebenfalls zweimal traf. Dass der Pole Slawomir Peszko (links im Bild) kaum eine Rolle spielte in der TV-Nachberichterstattung, war zum einen seine Schuld: Er vergab zwei dicke Chancen. Zum anderen war es der journalistischen Fokussierung auf Torschützen geschuldet, dass der Pole kaum gewürdigt wurde. Als "zusätzliche Option" hatte ihn Trainer Frank Schaefer bezeichnet, als der nur 1,72 Meter große Mann in der Winterpause von Lech Posen kam. Tatsächlich ist Peszko ein wesentlicher Grund dafür, dass Schaefer derzeit kaum um seinen Job bangen muss. Köln spielt mit ihm druckvoller und variantenreicher im Angriff. Davon profitieren die beiden Stürmer. Auf Peszkos erstes Saisontor warten sie in Köln hingegen noch. Dann, so viel ist sicher, klappt es auch mit dem Rampenlicht.

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(Foto: AFP)

Der Abwehrchef des SV Werder Bremen gab vor dem Spiel gegen Hannover der Bild-Zeitung ein Interview, in dem er grundsätzliche Gedanken äußerte: Per Mertesacker geißelte das Söldnertum im Profi-Fußball. "Ich hasse das", sagte Mertesacker. Und: "Ich will mit aller Macht verhindern, dass man mir nachsagen kann, ich sei ein Söldner und würde nur ans Geld denken." Fußballer müssten sich darauf besinnen, was sie ihren Vereinen zu verdanken hätten, mahnte er. Und weil er dem SV Werder viel zu verdanken hat und es dem Klub derzeit schlecht geht, ging Mertesacker mit Verve in das Nord-Derby gegen Hannover. Und mit Wucht in einen Kopfball, den er zum 1:1 über die Linie drückte. Das half seinem Verein, und es half auch dem Spieler Mertesacker, der gerne auch in der kommenden Saison in der ersten Liga spielen möchte. Dank seines Treffers kann er das womöglich in Bremen. Und wenn er doch wechselt, dann ganz bestimmt nicht wegen des vielen Geldes, dass es woanders zu verdienen gibt.

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