Bundesliga:Dose leer bei RB Leipzig

Werder Bremen v RB Leipzig - Bundesliga

Zweite Niederlage in Folge: Davie Selke und RB Leipzig verlieren 0:3 in Bremen.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Leipzig wirkt unterzuckert, damit verlieren die Bayern ihren einzig verbliebenen Verfolger. Das passt zur Bundesliga, die derzeit einem Experimentierfeld gleicht.

Kommentar von Christof Kneer

Nach allem, was man weiß, hat dieser spezielle Marathon seinen Ursprung nicht in Griechenland, und anders als beim Original misst man ihn auch nicht in Kilometern, sondern in Spieltagen. Das ändert aber nichts daran, dass auch der Bundesliga-Marathon eine rechte Tortur sein kann, er zieht sich und lässt einen leiden, und wenn man gerade das Gefühl hat, dass man das Biest einigermaßen unter Kontrolle hat, dann macht sich das Biest einen Spaß daraus, sich zu verweigern. Natürlich kann man das Biest auch bezwingen, man braucht dafür viele Trainingskilometer, eine taugliche Strategie und idealerweise ein bisschen Erfahrung.

Was man eher nicht tun sollte beim Marathon: Man sollte vielleicht nicht 42,195 Kilometer durchsprinten. Und 34 Spieltage lang im Höchsttempo die gegnerische Mannschaft jagen, ist womöglich auch nicht die beste Idee.

Im Moment sieht es so aus, als habe die Fußballer von RB Leipzig zwischen Kilometer 30 und 33 ein Hungerast befallen. Der Fußball dieser spektakulären und zuletzt auch zu Recht gelobten Überraschungs-Elf wirkt gerade ein wenig unterzuckert, und so dürften die Kritiker des Red-Bull-Marketingmodells nun also süffig anmerken, dass die Dose gerade ein bisschen leer zu sein scheint.

Aber egal, ob der Leipziger Schwächeanfall sich als vorübergehend oder als echter Trend erweist: Er ändert nichts daran, dass der Neuling die Liga in dieser Saison erfrischt und aufgemischt hat. Genauso zeigt der Schwächeanfall aber, dass diese fundamentalistische Ausprägung des Fußballs bauartbedingt sehr anfällig ist. Die Gegner wissen irgendwann, was sie tun müssen, wenn sich eine wilde Horde mit Gebrüll auf sie stürzt; und auch die Mitglieder der wilden Horde merken, dass sie irgendwann doch müde werden vom ständigen Sprinten und Sich-auf-den-Gegner-Stürzen.

Laufen ohne Schnaufen: Diese für die Langstrecke überlebenswichtige Unterart des Spiels ist in Leipzigs Plan kaum vorgesehen - anders als etwa im Plan jenes FC Bayern, der vom gemütlichen Vollprofi Carlo Ancelotti trainiert wird.

Hinter dem FC Bayern wirkt die Liga gerade wie ein einziges Experimentierfeld

Natürlich profitieren die Bayern in dieser Saison auch davon, dass sich kein anderes Team zum Verfolger berufen fühlt. Die Münchner können sich ihren professionell dosierten Starfußball auch deshalb so locker leisten, weil die Liga gerade wie ein einziges Experimentierfeld wirkt, in dem fast alle Klubs ihre endgültige Parkposition suchen. Das Upgrade von RB Leipzig zum vorübergehend einzigen Bayern-Jäger steht deshalb exemplarisch für die Bundesliga der Saison 2016/2017: Zwischen den lobenswert verlässlichen Säulen FC Bayern (immer Erster) und Hamburger SV (immer Sechzehnter) haben sich alte Gewissheiten verflüchtigt. Hoffenheim, Hertha und Köln stehen da, wo man Leverkusen, Schalke und Wolfsburg erwartet hätte, und die verheißungsvoll veranlagten Dortmunder sind zu sehr mit ihrem leicht instabil gebauten Luxuskader und den vibrations zwischen den Bossen und Trainer Thomas Tuchel beschäftigt, um die Bayern in der Liga herauszufordern.

Deshalb gibt es jetzt ein spannendes Positionsgerangel, so rund um Kilometer 33. Die Bayern rennen (nicht: spurten) derweil schon auf Kilometer 40 zu.

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