Bundesliga:Dortmund strafft sich

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Julian Brandt kommt beim BVB wieder besser in Form. (Foto: Friedemann Vogel/Reuters)

Der BVB kann sich unter Edin Terzic wieder nach oben orientieren - der Trainer bekommt den nächsten Dortmunder Problemfall wieder auf Kurs.

Von Freddie Röckenhaus, Dortmund

Der Norweger Erling Haaland ist es nicht gewohnt, dass ihm ein Norweger die Schlagzeilen klaut. Jedenfalls nicht auf dem Fußballplatz. Aber an diesem Abend hatte Landsmann Rune Jarstein klar die Nase vorn. Zweimal verhinderte der Torwart von Hertha BSC mit außergewöhnlichen Reflexen fast sichere Tore von Borussia Dortmund, doch einmal patzte er, als ein 27-Meter-Fernschuss von Julian Brandt ungebremst vorbei an seinem Kopf im Netz einschlug. Währenddessen war von Haaland ausnahmsweise einmal nahezu nichts zu sehen.

Dem 2:0 von Borussia Dortmund gegen die immer tiefer in die Abstiegszone taumelnden Berliner tat die Haaland-Pause keinen Abbruch. "Wenn der Gegner meint, er müsse Erling mit drei Gegenspielern verteidigen", hatte BVB-Coach Edin Terzic später seine Freude, "dann ist eben für andere Spieler mehr Platz. Er wird schon wieder seine Tore machen."

Während Hertha auch nach dem Trainerwechsel von Bruno Labbadia zu Pal Dardai weiter abstürzt, strafft sich Dortmund mit Terzic zusehends mehr: Viertelfinale in der Champions League erreicht, Halbfinale im DFB-Pokal, und in der Bundesliga die Tuchfühlung zu den Champions-League-Plätzen wieder hergestellt. Im Gegensatz zum Saisonbeginn punktet der BVB zuverlässig gegen nominell unterlegene Gegner, anstatt sich strategisch vorführen zu lassen.

Mats Hummels muss mit Kniebeschwerden vom Platz

Dardai ließ am Tag danach aus Berlin wissen, er habe "nicht viel geschlafen. Ich mache mir Gedanken: Wie kann das sein?" Tatsächlich lässt sich schwer präzisieren, was da so alles schiefläuft bei der Hertha. Am Sonntag hat nun sogar die Arminia aus Bielefeld (2:1 in Leverkusen) den in Selbstüberschätzung geübten Hauptstadtklub überholt - und die lange abgeschlagenen Mainzer (1:0 gegen Freiburg) liegen seit Samstag punktemäßig gleichauf.

Zwar konnte man am Ende alles auf die Formel verkürzen, dass Jarstein halt Brandts Flatterball zur Führung (57.) hätte halten müssen. Andererseits hatte der Torwart zuvor mit Bravour einen präzisen Schuss von Jude Bellingham (33.) abgewehrt und später einen Kopfball von Emre Can (77.) atemberaubend aus dem Winkel geboxt. Zudem traf Dortmund dreimal das Aluminium (Reus, Dahoud, Reyna). Für Berlin wurde nicht eine nennenswerte Chance im gesamten Spiel notiert. Von Esprit keine Spur, stattdessen biederes Abverteidigen gegen Dortmunder Endlos-Ballstafetten.

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Dardais Hertha probierte es gegen den BVB so, wie es viele Schwächere vor Monaten erfolgreich taten. Aber seit Terzic die Trainingsleitung im Dezember von Lucien Favre übernahm, schreitet die Suche nach der Balance zwischen Geduld und Aggressivität voran, wird gegen destruktive Gegner irgendwann der Dosenöffner gefunden. Selbst dann, wenn Tempodribbler wie Raphael Guerreiro und Jadon Sancho wie am Samstag verletzt fehlen. Dann trifft halt ein anderer der Jungen: Spät eingewechselt, steuerte der 16-Jährige Youssoufa Moukoko das 2:0 bei.

In Julian Brandt scheint Terzic den nächsten Dortmunder Problemfall allmählich wieder auf Kurs zu bekommen, nach den Leistungssteigerungen bei Sancho, Dahoud, Bellingham, Reus, beim im Winter formschwächelnden Haaland oder dem Innenverteidiger-Duo Hummels/Can. Vieles wirkt noch etwas wacklig beim seit Monaten Rätsel aufgebenden Nationalspieler Brandt. Aber das Selbstvertrauen, sich den Fernschuss zur Führung zu gestatten, scheint immerhin wieder hergestellt zu sein. Zudem spulte Brandt mit gemessenen 12,5 Kilometern das größte Laufpensum ab.

Dortmunds Kreativlinge machen auch die Drecksarbeit

Und so machen sich die Dortmunder derzeit, anders als Dardai und die Berliner, weniger Sorgen um den allgemeinen Trend, als vielmehr um die Einzelfälle. Am Samstag musste Terzic in der Schlussphase Mats Hummels und Marco Reus vom Platz holen. Dem besonders oft unter Verletzungen nach Fouls leidenden Reus hatte der sonst eher friedfertige Vladimir Darida von hinten in die Achillesferse gegrätscht.

Hummels ging mit Kniebeschwerden, mit denen er sich nach Angaben seines Trainers schon länger herumschlägt. Bei beiden rechnet Terzic aber nicht - Stand Sonntag - mit verletzungsbedingten Pausen. Hingegen dürfte sich der Ausfall von Sancho, 20, länger hinziehen, er wird wegen einer Muskelverletzung auch das nächste Spiel gegen Köln verpassen. Dortmund hatte das Hinspiel gegen die abstiegsbedrohten Kölner 1:2 verloren, nach desolaten Abwehrfehlern. Es war der Anfang vom Ende der Ära von Trainer Favre beim BVB.

Inzwischen hat sich die Mannschaft besonders in der Defensive stabilisiert. Gegen Berlin konnte sich der BVB sogar einen typischen, rein defensiven Abräumer schenken. Terzic beorderte stattdessen in Dahoud, Brandt und Bellingham drei Kreativspieler ins Zentrum. Auch das spricht dafür, dass es gelungen ist, Dortmunds offensiv begabte Profis für die defensive Drecksarbeit zu motivieren - ohne sie ihrer Spiellaune zu berauben.

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