Bundesliga: Dortmund - Hannover:Die Rückkehr der Lockerheit

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Im Spitzenspiel der Bundesliga braucht Dortmund erst 57 Minuten und einen Rückstand, um gewaltig aufzudrehen - am Ende steht es 4:1 für den BVB. Trainer Jürgen Klopp ist verschwitzt und froh: "Uns ist der Knopf aufgegangen."

Michael König

Nervosität? Welche Nervosität? Jürgen Klopp hatte sich vor der Partie viel Mühe gegeben, einen äußerlich vollkommen ruhigen Eindruck zu machen. Er war ein wenig über den grünen Rasen gelustwandelt und hatte am Fernsehmikrofon eher gelangweilt zum Besten gegeben, es sei ja schön und gut, dass sich alle über Hannover auf Tabellenplatz drei wunderten. "Aber dass wir ganz oben stehen, das ist immer noch die größte Sensation der Saison."

Dortmunds Lucas Barrios schoss zwei Tore beim 4:1-Sieg gegen Hannover - auch er brauchte allerdings eine Weile, um in Fahrt zu kommen. (Foto: REUTERS)

Sein Hannoveraner Pendant Mirko Slomka hatte unter der Woche nassforsch behauptet, Dortmund sei nach der Niederlage gegen Hoffenheim und dem 1:1 gegen Mainz "angeschlagen" und deshalb zu besiegen. Und selbst die Dortmunder Fans schien eine gewisse Unsicherheit befallen zu haben: "Nicht denken, spielen", war auf einem Transparent im Fanblock zu lesen. Monatelang hatten sich die Dortmunder gewehrt, Meister werden zu wollen - jetzt kamen plötzlich Zweifel am Können auf.

Das Wetter als Nachricht

Sie währten allerdings nicht lange: Dortmund gewann mit 4:1 und hat in der Tabelle weiter sieben Punkte Vorsprung auf Platz zwei. "Wir wollen Deutscher Meister werden. Wer etwas anderes sagt, ist bekloppt", sagte Torschütze Kevin Großkreutz nach dem Spiel. Hannover hingegen wird von den Bayern überholt und belegt nur noch Platz vier - damit würde Slomkas Mannschaft die Champions League verpassen. Angesichts der Leistung in der zweiten Halbzeit ist das vielleicht auch besser so.

57 Minuten war die Partie hin- und hergeplätschert, das sommerliche Wetter mit 28 Grad im Westfalenstadion war die bemerkenswerteste Nachricht der ersten Halbzeit. Dortmunds Youngster Mario Götze hatte früh eine kleinere Torchance, während auf der Gegenseite Roman Weidenfeller einmal weit vor dem Strafraum an einer Flanke vorbeisprang. Beides blieb ohne Folgen.

Dass beide Teams versuchten, binnen weniger Sekunden zum Torerfolg zu kommen, hatte ein schnelles, abwechslungsreiches, aber auch chancenarmes Spiel zufolge. Die beste Gelegenheit vergab in der 18. Minute Lucas Barrios, als er nach einer Hereingabe von Götze knapp an Florian Fromlowitz scheiterte.

Weckruf in der 57. Minute

Hannovers Keeper hatte sich ein Trikot in Textmarkerfarbe angezogen und die Haare zu einem angedeuteten Irokesenschnitt frisiert - der Spielverlauf ließ solche Beobachtungen zu. In all ihrer Verzweiflung über die Ereignisarmut dieses Spiels fingen die Fernsehkommentatoren an, über Sommerfußball zu philosophieren - und das Ende April. Nein, ein Spitzenspiel war es tatsächlich nicht. Zumindest nicht in der ersten Halbzeit.

Es brauchte erst einen Weckruf, um das zu ändern. Es lief die 57. Minute, als Mohammed Abdelloue für Hannover zum 1:0 traf. Nach Flanke von Sergio Pinto beeindruckte 96-Torjäger Didier Ya Konan den Dortmunder Torhüter mit einem Scherenschlag - während Weidenfeller noch staunte, drückte Abdellaoue den Ball zur Führung über die Line.

Jürgen Klopp nahm das Tor beinahe regungslos zur Kenntnis, nur seine Mundwinkel wanderten ein wenig nach unten. Auf der Südtribüne umklammerten die Fans den Griff ihres "Nicht denken, spielen"-Transparents etwas fester. Sollte ihr Team doch noch Probleme bekommen? Ganz im Gegenteil.

"Ich bin stolz auf die Jungs"

Sekunden nach dem Gegentor beendete Mario Götze einen kleinen Sololauf gegen fünf Hannoveraner mit dem 1:1-Ausgleich, fünf Minuten später köpfte Lucas Barrios nach einer Flanke von Lukas Pisczek abgeklärt zum 2:1 ein. Die Lockerheit, der Killerinstikt des BVB war plötzlich wieder da - fast schien es, als hätte Dortmund nur darauf gewartet, ein bisschen gekitzelt zu werden. "Beim 1:1 ist uns der Knopf aufgegangen", sagte später auch Klopp.

Auch ohne Textmarkertrikot wäre Fromlowitz nun gut zu sehen gewesen: In der 72. Minute schoss Barrios an ihm vorbei zum 3:1 ein, zehn Minuten später holte Hannovers Keeper den Ball abermals aus dem Netz: Großkreutz erhöhte nach Vorarbeit von Barrios auf 4:1 - der Endstand.

Auf der Trainerbank ließ Jürgen Klopp nun alle bemüht-beckenbauerische Abgeklärtheit fahren und hüpfte, jubelte, boxte in die Luft. "Ich bin natürlich stolz auf die Jungs", sagte Klopp mit Schweißperlen auf der Stirn. "Wir konzentrieren uns nur auf uns, das gelingt der Mannschaft auf außergewöhnliche Art und Weise."

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