Bundesliga: Borussia Dortmund:Unterkühlte Überflieger

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Während die Stadt sich schon mit der Meisterfeier beschäftigt, sucht Borussia Dortmund die Leichtigkeit der Hinrunde - und hofft dabei nicht zuletzt auf den Japaner Shinji Kagawa.

Freddie Röckenhaus

Nein, Nervosität wollen sie sich in Dortmund unter gar keinen Umständen einreden lassen. Weder von dem festgenommenen Bombenbastler, der Flüssig-Sprengstoff an der U-Bahn-Haltestelle deponiert hatte und angeblich einen Anschlag auf das vollbesetzte Stadion verüben wollte, noch von den Trend-Auguren der Bundesliga.

Trainiert wieder in Dortmund: Shinij Kagawa. (Foto: dpa)

Nur einen Punkt aus den letzten beiden Spielen? "Ich habe von schwereren Krisen gehört", kontert Trainer Jürgen Klopp. Nur fünf Tore in den Heimspielen der Rückrunde geschossen, bei 111 Torschüssen? "Kein Problem", erwidert Vorstandschef Hans-Joachim Watzke, "wir haben schon in der Hinrunde viel zu wenig Tore aus unseren Chancen gemacht. Irgendwann schießen wir auch zu Hause mal wieder drei oder vier in einem Spiel." In Dortmund, so Watzke, sei man "unterkühlt", was Tabellenstand, Abstand zum Zweiten und weitere Aussichten angehe. "Alles Momentaufnahmen", sagt Watzke, "wie in der Hinrunde."

Über den kessen Spruch von Mirko Slomka, dessen Sensations-Dritter Hannover 96 am Samstag in Dortmund spielt, sagt Klopp nur: "Alles sehr witzig. Aber bedeutungslos." Der ehemalige Schalker Slomka, der vor knapp vier Jahren ausgerechnet in Dortmund die sicher geglaubte Meisterschaft verlor (und wenig später seinen Job), hatte behauptet: "Dortmund ist angeschlagen. Wir wollen versuchen, dort auch etwas zu holen." Angeschlagen wirkte Klopps Tabellenführer-Truppe beim letzten 1:1-Heimspiel gegen Mainz 05 aber eher nicht.

Hätte Nuri Sahin nicht einen frühen Elfmeter kläglich verschossen, die Dortmunder hätten laut Spielanalysenbögen gegen die forschen Mainzer hoch gewinnen können. "So kennt man das ja schon von uns", sagt Mittelfeldmann Sahin, der künftig keine Elfmeter mehr schießen darf. Und Watzke sagt: "Wenn man beurteilen will, wie viele Torchancen wir uns erarbeiten, dann muss man sich nur mal unsere Aluminium-Treffer anschauen. Allein Lucas Barrios hat achtmal Pfosten und Latte getroffen."

Die ganz große Leichtigkeit, mit der die Dortmunder das Publikum verzaubern können und mit der sie die Bundesliga seit Monaten in einer Art eigener Kategorie dominieren, hat sich seit der Winterpause dennoch auf die Auswärtsspiele reduziert. Zu Hause dagegen tat sich Dortmund bei zum Teil grotesker Überlegenheit an Torchancen ziemlich schwer: 1:1 gegen Stuttgart, 0:0 gegen Schalke. 1:1 gegen Mainz, dazu ein mageres 1:0 gegen Köln (nach 27:7 Torschüssen) und ein 2:0 gegen St. Pauli. Richtig ist: Hätte Barrios pro Spiel ein Tor mehr erzielt, Dortmund wäre inzwischen uneinholbar in der Stratosphäre verschwunden. Doch die Tabelle sagt etwas anderes.

Shinji Kagawa, Dortmunds japanische Mittelfeld-Entdeckung, hatte in der Hinrunde acht Treffer erzielt, vier vorbereitet und viel Aufmerksamkeit von Abwehrspielern auf sich gebunden. Seit seinem Mittelfußbruch bei der Asien-Meisterschaft im Januar fehlt der Elf Kagawas Zug zum Tor. Derzeit wirken die Innenverteidiger Hummels und Subotic - der nach einer Fußverletzung gegen Hannover wahrscheinlich spielen kann - torgefährlicher als Dortmunds vielgelobte Mittelfeld-Wusler Götze, Großkreutz und Lewandowski.

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Der Spiel- und Selbst-Verliebtheit der jungen Dortmunder fehlt vor allem bei Heimspielen oft der entscheidende Punch. Aber: Für die meisten Gegner mittlerer Güte reicht das immer noch aus. "Und übrigens definieren wir uns sowieso erstmal über unsere Defensive", beeilt sich Watzke zu sagen. Dortmund lässt nach wie vor nur selten Torchancen des Gegners zu. Mainz hatte vor zwei Wochen genau eine - und nutzte sie für einen Punktgewinn.

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Während die lokale Presse in Dortmund ihren Ausgaben schon Meisterposter beilegt und die Stadtverwaltung geeignete Aufmarschflächen sondiert, auf denen man der Menschenmassen Herr werden könnte, die zum Saisonfinale in der Stadt feiern wollen, scheint Klopps Überfliegern jener Hauch von allerletzter Konzentration verloren gegangen - für das einzig Wesentliche: den finalen Schuss aufs Tor. 361.000 Ticket-Anfragen liegen für das letzte Saisonspiel gegen Frankfurt vor.

In so einem Gesamtklima muss Jürgen Klopp zusehen, wie er seine "Jungs", wie er sie nennt, komplett fokussiert hält. Hannover, das kennt man, wird sich an den eigenen Strafraum zurückziehen. Dortmund wird trotzdem zu Chancen kommen. "Wir werden spielen wie immer"", sagt Klopp.

Kagawa trainiert inzwischen wieder in Dortmund, nach Operation und Reha in Tokio und Osaka. Der vermisste Torjäger glaubt, dass er in drei Wochen wieder spielen könnte. Psychologisch wäre das vermutlich das beste Mittel, der eigenen Trefferflaute etwas entgegen zu setzen.

Unterdessen beschäftigen sich die BVB-Chefs bereits mit den Anforderungen der kommenden Champions-League-Saison. Das Interesse an den jungen Ilkay Gündogan (Nürnberg) und Sebastian Rudy (Hoffenheim) dementieren sie in Dortmund nur noch milde. Noch wichtiger ist dem BVB allerdings eine schnelle Vertragsverlängerung mit Nuri Sahin. Dessen Vertrag läuft nur bis 2013. Und das scheint den Dortmundern erheblich zu kurz.

© SZ vom 02.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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