Bundesliga:Dortmund ist endgültig zum obersten Titelanwärter aufgestiegen

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Gedämpfter Applaus: Dortmunds Kapitän Marco Reus erzielte beim 1:1 in Frankfurt das BVB-Tor, vergab danach aber zwei große Gelegenheiten. (Foto: Jens Niering)
  • Der BVB hat mit den Auswärtspartien in Leipzig und Frankfurt bewiesen, dass er auch unter Druck wahnsinnig leichtfüßig Fußball spielen kann.
  • Zwar reicht es in Frankfurt nur für ein 1:1 - es könnte trotzdem gut sein, dass dieser Tag noch zu einer wichtigen Wegmarke der Saison wird.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Dortmunds Trainer Lucien Favre hat der Fußballwelt schon häufiger gezeigt, dass er ein sehr eigener Typ sein kann. Manchmal überrascht er damit, dass er einen Rücktritt an allen Vereinsinstanzen vorbei kundtut; manchmal bereichert er die Branche um so herrliche Begriffe wie "polyvalenter Spieler" oder kaum weniger herrliche Vergleiche wie den zwischen einer guten Mannschaft und einem gelungenen Kuchen. Und manchmal verblüfft er auch damit, wie er sich während eines womöglich vorentscheidenden Ereignisses im Titelkampf verhält.

Denn während des Dortmunder 1:1-Unentschiedens in Frankfurt kam es in der zweiten Hälfte zu einigen Momenten, die BVB-Defensivspieler Julian Weigl "schon ein wenig seltsam" fand. Es waren Momente, in denen im eigenen Spiel nichts Aufregendes passierte, aber plötzlich die Lautstärke im Stadion anschwoll - weil oben auf der Videotafel die Einblendung kam, dass die Leverkusener gegen den FC Bayern wieder ein Tor geschossen hatten.

Die Zwischenstände hätten sie "schon noch ein wenig gepusht", sagte Weigl. "Ich habe jedes Mal hochgeschaut", berichtete BVB-Torwart Roman Bürki. Nur Favre erweckte den Eindruck, dies gar nicht präzise verfolgt zu haben: "Wir haben uns überhaupt nicht auf das Ergebnis von Bayern konzentriert", sagte er. Halt, einmal sei er nicht aufs Spiel der eigenen Mannschaft konzentriert gewesen, da habe er nach oben geschaut - und zwar in dem Moment, als Leverkusen zum 1:1 ausglich. "Aber nur für zehn Sekunden", versicherte er treuherzig, und erst nach dem Abpfiff habe er festgestellt, dass Bayern 1:3 verloren habe.

Dortmunder 1:1
:Favres Blick wandert zur Anzeigetafel

Der BVB-Trainer ist kurz durch das Bayern-Ergebnis abgelenkt - er und seine Spieler ärgern sich aber trotz der Münchner Niederlage sehr über den eigenen Punkteverlust in Frankfurt.

Von Johannes Aumüller

Dortmund wirkt so viel leichtfüßiger und inspirierter als der FC Bayern

Es ist schon eine recht indifferente Stimmung gewesen, mit der die Borussen diesen 20. Spieltag abschlossen. Sollte am Ende der Saison tatsächlich der neunte Meistertitel der Klubgeschichte stehen, könnte es gut sein, dass dieser Februar-Nachmittag als wichtige Wegmarke gelten wird. Direkt nach dem Spiel aber wussten die Dortmunder gar nicht so recht, wie sie den Tag bewerten und ob sie sich nun mehr freuen oder mehr ärgern sollten.

Ja, die Bayern hatten 1:3 verloren, aber sie selbst hätten wegen ihrer vielen Chancen in der ersten Hälfte gegen mal wieder gut auftretende Frankfurter mehr als nur ein 1:1 schaffen können. Ja, der Vorsprung in der Tabelle war von sechs auf sieben Punkte angewachsen, aber es hätten eben auch neun sein können. "Ein bisschen Enttäuschung fühlen wir schon, wir hätten lieber gewonnen und hatten auch die Chancen für einen Erfolg", sagte etwa Bürki. Da sei die Bayern-Niederlage auch nur ein "schwacher Trost", so der Torwart. Aber klar, sieben Punkte Vorsprung seien natürlich besser als sechs. Und Trainer Favre sagte: "Wir wollten unbedingt gewinnen, müssen das 1:1 aber akzeptieren."

Doch trotz dieser schwankenden Bewertung war der 20. Spieltag natürlich ein Wochenende, an dem die Dortmunder endgültig zum obersten Titelanwärter aufstiegen. Das liegt nicht nur an dem ausgebauten Punktevorsprung, sondern auch an der Spielweise, die so viel leichtfüßiger und inspirierter wirkt als die des FC Bayern. Zudem hat der BVB nun binnen weniger Wochen zwei schwere Auswärtsspiele in Leipzig (1:0) und Frankfurt bestanden - und damit bewiesen, dass er auch mit der Drucksituation an der Spitze ganz gut zurechtkommen kann. Auch gegen die beiden direkten Verfolger, München und Mönchengladbach, müssen die Dortmunder allerdings noch auswärts antreten.

Die BVB-Vertreter selbst wollten sich trotz der verbesserten Lage nicht allzu euphorisch geben: "Wir wissen ganz genau, was wir tun, und wollen so weiterarbeiten. Wenn ich nun sage, dass wir der klare Favorit sind, haben wir deshalb ja auch keinen Punkt mehr auf dem Konto", sagte Sportdirektor Michael Zorc, "egal ob wir nun sieben Punkte vorne sind oder es neun Punkte wären - es ist Anfang Februar und noch keine Entscheidung." Und Torschütze Marco Reus drückte es so aus: "Wenn wir bis zum Ende weiter da oben stehen, dann bleibt uns ja nichts anderes übrig, als das anzunehmen. Wir tun jetzt auch nicht so, als würden wir es nicht wollen."

Reus selbst war es gewesen, der in diesem zunächst irre temporeichen und in der zweiten Hälfte deutlich ruhigeren Spiel die besten Gelegenheiten hatte, um aus dem Remis gegen Frankfurt einen Sieg werden zu lassen. In der 22. Minute hatte er das 1:0 erzielt, vorbereitet durch ein fulminantes Dribbling von Raphael Guerreiro. Aber kurz danach vergab Reus auch zwei Topchancen, einmal verzog er ungewohnt nachlässig (24.), als er alleine auf Torwart Kevin Trapp zudribbelte, und einmal flog sein Schuss an die Latte (26.).

So wurde es nichts mit einer Zwei-Tore-Führung für den BVB und einem Grundstein für einen Auswärtssieg. Danach mussten die Dortmunder dann noch diverse Male auf die Fähigkeiten von Torwart Bürki bauen. Gegen das eingesprungene Karate-Tor von Luka Jovic (36. Minute, Saisontreffer 14) war Bürki zwar machtlos, dafür parierte er eine Reihe anderer Bälle sehr sehenswert, insbesondere zwei Schüsse von Ante Rebic (35./57.). Und so bewahrte er die Dortmunder vor dem Szenario, einen Münchner Patzer überhaupt nicht auszunutzen.

© SZ vom 04.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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