BVB-Sieg in Bremen:Terzic entfacht das Feuer

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Erstes Spiel, erster Jubel: Edin Terzic glückt sein Debüt als BVB-Chef. (Foto: Revierfoto via www.imago-images.de/imago images/Revierfoto)

Bei seinem Debüt sucht der Dortmunder Cheftrainer lautstark und vehement den Einfluss auf seine Spieler - auch taktisch ändert er einiges.

Von Thomas Hürner, Bremen

Während seiner ersten Spielanalyse als Cheftrainer von Borussia Dortmund verwendete Edin Terzic, 38, zwei Begriffe auffallend häufig. Nummer eins: Die "Leichtigkeit", so Terzic immer wieder, sei in den vergangenen Wochen beim BVB verloren gegangen. Jene Leichtigkeit also, die einem so jungen wie begabten Dortmunder Team eigentlich immer inhärent sein könnte, allein schon aus natürlichem Spieltrieb.

Begriff Nummer zwei: "Verantwortung". Diese habe seine Mannschaft an diesem Abend in Bremen gespürt - in Folge dessen, "was am Samstag passiert ist". Gemeint war das 1:5.Heimdebakel gegen den VfB Stuttgart, das ihn, Terzic, überhaupt erst in die Verantwortung beim BVB gebracht hatte.

Am Dienstagabend galt Terzic also alle Aufmerksamkeit, im Flutlicht des Bremer Weserstadions, nicht unbedingt das einfachste Ambiente für einen Einstand. Als endlich der Schlusspfiff in den stockfinsteren Himmel hallte, stieß Terzic einen lauten Schrei aus, er ballte die Fäuste und verteilte dann Umarmungen an so ziemlich alle, die es in den vorangegangenen 95 Minuten mit Schwarz-Gelb gehalten hatten. Der BVB gewann glücklich, aber letztlich verdient 2:1 (1:1) gegen einen aufopferungsvoll kämpfenden SV Werder - und dass dieser Kampf seitens der Dortmunder bedingungslos angenommen wurde, war für Terzic die wohl wichtigste Erkenntnis des Abends, der längst zur Nacht geworden war.

Manchmal, sagte der neue Coach, könne man so einen Sieg "spielerisch erzielen". Aber manchmal, so Terzic, "muss er auch erzwungen werden". Das mit der Leichtigkeit konnte also erst mal warten.

Terzic sucht permanent den Einfluss auf seine Spieler

Es ist ohnehin so, dass sich die Verantwortlichen des BVB von Terzic im ersten Schritt etwas anderes erhoffen: Er soll ein personifizierter Grillanzünder sein, der in dieser Mannschaft endlich wieder jenes Feuer entfacht, das unter Vorgänger Lucien Favre spätestens seit Samstag erloschen war. Falls es denn überhaupt jemals richtig loderte unter dem Schweizer, der oft eher zauderte als anheizte.

Bei Terzic, zuvor Assistent des Entlassenen, weiß man zwar nicht genau, ob sein Engagement an der Seitenlinie auch hundertprozentig seinem Naturell entspricht, aber in Bremen mangelte es ihm an einem Impuls sicher nicht: an Feuer. Terzic suchte permanent den Einfluss auf seine Spieler, lautstark und mit nachdrücklicher Vehemenz. Er coachte und motivierte sein Team durch alle Situationen, die sich in einem Fußballspiel so ergeben. Hin und wieder tat er das auch in der Universalsprache Englisch, in der er als Favre-Assistent schon die ein oder andere Ansprache an die Mannschaft gehalten hatte. "Go, go, go", brüllte er etwa nach einem vertikalen Pass auf den Angreifer Giovanni Reyna, und immer wieder unterstrich Terzic seine Anliegen mit drei, vier kraftvollen Klatschern mit den Händen.

Auch taktisch wählte Terzic eine andere Versuchsanordnung. Vier statt zuletzt drei Mann in der Abwehrkette, womit sich die Mannschaft offenbar wohler fühlt; und der gelernte Angreifer Marco Reus spielte im Mittelfeld irgendwas zwischen Zehner und Achter, - hinter dem Jungstürmer Youssoufa Moukoko, der seine von vielen beim BVB zuletzt vergeblich erhoffte Premiere in der Startelf geben durfte. Über Reus, der in der 78. Minute den Siegtreffer erzielte, per Nachschuss nach einem zunächst verschossenen Elfmeter, sagte Terzic, er sei "komplett vorneweg gegangen".

Die Vorgeschichte des Siegtores war aber durchaus kurios: Werder-Torwart Jiri Pavlenka ließ einen einfach zu fangenden Ball zur Seite flutschen, Manuel Akanji schob sich zwischen Ball und Gegner, und Pavlenka brachte den BVB-Verteidiger im Strafraum daraufhin recht unbeholfen zu Fall.

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Dass Reus sich der Verantwortung stellte, war zwar einerseits die logische Folge, die sich aus seinem Status als Kapitän ergibt. Andererseits war er unter Favre zuletzt nicht mehr unantastbar gewesen. Terzic betonte also vielleicht ganz bewusst, dass Reus "ein unglaublich wichtiger Spieler" sei, der "jeden Meter gegangen ist, der nötig war". Das konnte man auch über gesamte Dortmunder Mannschaft sagen, allerdings war ihr durchaus anzumerken, was Torwart Roman Bürki zu Protokoll gab: Nach dem Desaster gegen Stuttgart habe er "mehr Druck" als sonst verspürt, um in das Bremen-Spiel hineinzufinden.

Die zuletzt brüchige BVB-Defensive zeigt sich stabiler

Nein, dem BVB gelang nicht viel in fußballerischer Leichtigkeit, gerade in der ersten Hälfte hatten die filigranen Angreifer Reyna, Moukoko und Jadon Sancho Probleme mit der Härte, die ihnen die Bremer in jedem Zweikampf entgegenbrachten. Aber sie hielten mit allem dagegen, was ihre im Vergleich eher schmächtigen Körper gegen robuste Verteidiger dagegenhalten können. Er wolle "nichts beschönigen", sagte Terzic, "wir haben nicht den allerbesten Fußball gezeigt, den wir zeigen können." Werder schien gerade zum Ende der ersten Hälfte eher das Momentum auf seine Seite zu ziehen, etwa als Bürki einen Schuss des Verteidigers Ludwig Augustinsson sehenswert parieren konnte. Es wäre die Führung für die Bremer gewesen, zuvor hatte Kevin Möhwald zum 1:1 (28.) getroffen. Und das 1:0 des BVB ging auf kollektives Herumgestochere im Strafraum zurück, an dessen Ende Raphael Guerreiro den Ball technisch versiert ins Tor bugsierte.

Nichtsdestotrotz, das räumte auch Werder-Trainer Florian Kohfeldt ein, sei der Sieg für den BVB schon okay gewesen. In der zweiten Hälfte schafften es die Gäste, die Schlagzahl in der Offensive zu erhöhen, sie spielten sich nun mit etwas mehr Esprit ins Angriffsdrittel und überwanden recht souverän die erste Pressinglinie der Bremer. Und der zuletzt brüchigen Borussia-Defensive konnte durchaus eine gewisse Solidität bescheinigt werden.

Es gebe "genug Themen, die wir aus diesem Spiel mitnehmen", sagte Terzic mit Blick auf die anstehenden Aufgaben, die vor Weihnachten noch eine Auswärtsfahrt zu Union Berlin und ein Pokalspiel in Braunschweig vorsehen. Auf den zuletzt von Reportern so häufig angestellten Vergleich mit Jürgen Klopp wollte er aber eher nicht eingehen. Terzic hat Klopp kennengelernt, als er 2010 zunächst als Scout zum BVB kam, das sei schon "prägend" gewesen, sagte er Aber mindestens ebenso prägend waren jene Trainer, denen Terzic zuvor als Assistent zugearbeitet hatte. Wen er dabei nicht zu erwähnen vergaß: Lucien Favre.

Erstes Spiel, erster Jubel: Edin Terzic glückt sein Debüt als BVB-Chef. (Foto: Revierfoto via www.imago-images.de/imago images/Revierfoto)
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